Bausparkassen kündigen unrechtmäßig Bausparverträge! Informieren Sie sich hier über die Rechtmäßigkeit dieser Praktik!
(firmenpresse) - Seit einiger Zeit kündigen viele Bausparkassen die Bausparverträge ihrer Kunden. Besonders ältere Verträge aus den 1970er bis 2000er Jahren sind davon betroffen. Die Rechtsprechung bleibt bislang uneinheitlich, eine klare Richtung ist nicht erkennbar. Es gibt Argumente für und gegen die Rechtmäßigkeit der Kündigungen. Wir analysieren für Sie das Thema und geben Ihnen Handlungsempfehlungen.
Der Bausparvertrag:
Bei einem Bausparvertrag handelt es sich um eine längerfristige Geldanlage bei einer Bausparkasse. Das Bauspardarlehen wird zumeist als Immobiliendarlehen genutzt, kann aber auch für andere Investitionen verwendet werden. Die Laufzeit beträgt ca. 20 Jahre. Davon umfasst die erste Phase, die sogenannte Sparphase, knapp die Hälfte der Zeit. Während dieser Zeit kann der Bausparer in einem selbst gewählten Rhythmus Kapital ansparen. Oft kommt im Wege der vermögenswirksamen Leistungen auch ein Teil vom Arbeitgeber dazu. Nach etwa der Hälfte der Laufzeit wird der Vertrag zuteilungsreif. Ab jetzt kann sich der Bausparer sein Guthaben sowie das durch die Bausparkasse aufzustockende Darlehen auszahlen lassen. Dieser Schritt gehört zur Auszahlungsphase, welche die zweite Phase des Bausparens betrifft.
Kündigungen durch die Bausparkasse:
Zuletzt werden zahlreiche Bausparverträge durch die Bausparkassen gekündigt. Die Bausparkassen stören sich schon seit Längerem an den Bausparverträgen, die vor einigen Jahren abgeschlossen wurden. Verträge aus den 90ern weisen zumeist einen Zinssatz von ca. 3% auf. Damit liegt der damalige Zinssatz weit über dem aktuellen Niedrigzinsniveau. Von den Banken kommen deshalb Kündigungen en masse. Im letzten Jahr wurden schätzungsweise 200.000 Altverträge seitens der Bausparkassen gekündigt.
Bausparkassen: Rechtmäßigkeit der Kündigungen:
Es stellt sich nun die Frage, ob die Kündigung des Bausparvertrags rechtmäßig ist. Durch die Rechtsprechung als rechtmäßig anerkannt ist bislang nur der Fall, in dem der Verbraucher seinen Bausparvertrag voll bespart hat. Umstritten und wesentlich relevanter ist jedoch die Fallkonstellation, bei der der Verbraucher zwar einen zuteilungsreifen, aber nicht voll besparten Vertrag hat. Die Bausparkassen vertreten die Ansicht, auch diese Verträge nach einer gewissen Zeit kündigen zu dürfen.
- Als Argument wird angeführt, dass der Kunde letztendlich selber Schuld sei, wenn der Bausparvertrag gekündigt werde. Der Verbraucher signalisiere mit seinem Verhalten, nicht mehr am Darlehen interessiert zu sein.
- Auch das Argument, nach 15 bis 20 Jahren dürfe ein Vertrag einfach enden, ist oft zu hören.
- Gerade in letzter Zeit bringen Bausparkassen zudem das Argument vor, mit der Kündigung der Verträge bloß die Gleichstellung aller Kunden zu bezwecken.
Unsere Ansicht: Rechtswidrigkeit der Kündigungen:
Wir vertreten hingegen die Ansicht, dass die Kündigungen der Bausparkassen rechtswidrig sind. Dafür gibt es zahlreiche Anhaltspunkte und Gründe.
- Gegen das erste Argument der Bausparkassen lässt sich anführen, dass der Verbraucher zumeist genau das Gegenteil signalisiert und unbedingt am Fortbestand des Vertrages festhalten will. Dies zeigt sich durch die weiterlaufenden Spareinzahlungen.
- Das zweite Argument der Bausparkassen verletzt sogar einen der Grundgedanken des Zivilrechts. Insbesondere das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) baut auf dem Grundgedanken "pacta sunt servanda" auf, welcher besagt, dass Verträge grds. zu halten sind. Ein Loslösen vom Vertrag soll nur unter engen Voraussetzungen möglich sein.
- Auf das letzte Argument schließlich ist mit der Feststellung zu reagieren, dass es der Natur des Kapitalmarktes entspricht, Niedrigzinsphasen und Hochzinsphasen im Wechsel unterworfen zu sein. Hier zeigt sich die äußerst uneinheitliche und paradoxe Verhaltensweise der Kreditinstitute. Denn sobald die Kreditinstitute Zinsen vom Verbraucher einnehmen, wehren sie sich auch gegen Widerruf oder Kündigung der Verträge.
Unserer Ansicht nach sind die Kündigungen in den allermeisten Fällen nicht rechtmäßig. Es ist unverhältnismäßig, den Verbraucher für sein Interesse am Sparen auch noch abzustrafen. Zudem verhält er sich nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er lediglich sein Recht in Anspruch nimmt, weiterhin auf seinen Bausparvertrag einzuzahlen.
Gerichte urteilen unterschiedlich:
Die Gerichte urteilen bzgl. der Kündigung von Bausparverträgen sehr unterschiedlich. Eine einheitliche Rechtsprechung lässt sich noch nicht festmachen. So urteilte das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart am 30.03.2016 zugunsten einer Verbraucherin. Die Bausparkasse könne sich nicht auf die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Ein ähnliches Urteil fällte auch das OLG Bamberg am 10.08.2016.
§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB besagt, dass ein Darlehensnehmer das Darlehen zehn Jahre nach dessen vollständigem Empfang kündigen könne. Die gesetzliche Kündigungsvorschrift gilt grds. nur für eine Kündigung seitens des Bausparers. Für die Bausparkasse müsste die Regelung aus § 489 BGB analog anwendbar sein. Dazu bestehe jedoch laut den OLG kein Anlass. Zwar habe die Bausparerin vertragswidrig gehandelt, indem sie die Sparleistungen eingestellt und somit eine überlange Vertragsdauer erzielt habe. Die Einstellung der Sparleistungen müsse die Bausparkasse jedoch nicht hinnehmen und könne gemäß den Vertragsbedingungen die Bausparerin auffordern, die vertraglich geschuldeten Sparbeiträge wieder zu leisten. Erst wenn die Bausparerin dieser Aufforderung nicht nachkomme, habe die Bausparkasse ein kurzfristiges vertragliches Kündigungsrecht - nicht jedoch vorher.
Es gibt jedoch auch vereinzelt Urteile zugunsten der Bausparkassen. Das OLG Koblenz entschied am 29.07.2016 für die Bausparkassen. Diese könnten sich auf das Sonderkündigungsrecht aus § 489 BGB analog berufen. Allerdings sind bei diesen Urteilen auch immer die genauen Fallgestaltungen zu beachten.
Wir empfehlen Ihnen daher, sich nicht mit einer Kündigung durch die Bausparkasse abzufinden, sondern darauf zu reagieren. Lassen Sie sich nicht von irgendwelchen Standardantworten verunsichern, sondern gehen Sie gegen die Kündigung vor - ggf. auch mit fachmännischer Unterstützung. Wir helfen Ihnen dabei, sich gegen die Bankenpraxis zur Wehr zu setzen.
Die Rechtsanwaltskanzlei Benedikt-Jansen und Dorst ist auf Bank-und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Weitere Informationen zum Widerruf von Darlehensverträgen nach 2010 finden Sie auf der Website.
Die Rechtsanwaltskanzlei Benedikt-Jansen und Dorst ist seit 13 Jahren auf bankenrechtlichen Verbraucherschutz spezialisiert und kann auf bedeutende Prozess- und Verhandlungserfolge blicken. Herr Benedikt-Jansen ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Vertrauensanwalt der Schutzgemeinschaft für Bankkunden e.V.
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