(ots) - Rund drei Monate nach dem Brexit-Schock scheinen
sich die Finanzmärkte mit der Kraft des Faktischen arrangiert zu
haben. Die konjunkturellen Bremswirkungen sind wohl doch nicht so
stark wie befürchtet und auf den Immobilienmärkten scheint sich
"Business as usual" durchgesetzt zu haben. Dr. Frank Pörschke, Member
of the EMEA Management Board, CEO Germany, Jones Lang LaSalle GmbH,
kommentiert: "Für eine endgültige Bewertung ist es noch zu früh. Noch
ist zu wenig über den Fortgang der Verhandlungen zwischen der EU und
Großbritannien bekannt. Deswegen bleiben Unsicherheiten und
Nervosität bestehen. Neben dem Brexit tragen hierzu vor allem die
anstehenden Wahlen in diesem Jahr in den USA, das
Verfassungsreferendum in Italien und die Präsidentenwahl in
Österreich bei. Und im nächsten Jahr gehen die Wähler in Frankreich
und Deutschland an die Urnen. Zunehmende Politikverdrossenheit der
Bevölkerung quer durch die EU mit einem Erstarken der Parteien am
rechten Rand pendelt als Damoklesschwert über Konjunktur und
Finanzmärkten." Pörschke weiter: "Den Lenkern der Finanzwirtschaft in
der Europäischen Zentralbank bleibt fast gar keine andere Wahl, als
die Politik der Null-Zinsen fortzusetzen, um zumindest von dieser
Seite für eine gewisse Stabilität und Sicherheit in den nächsten ein
bis zwei Jahren zu sorgen. Aber von Bankenseite mehren sich auch die
kritischen Stimmen, weil die "zinslose Welt" der EZB das
Geschäftsmodell der Banken mittlerweile massiv beeinträchtigt. Banken
erwirtschaften mit dem Geldverleih kaum noch Gewinne und müssen auf
der anderen Seite für ihre eigenen Geldanlagen bei der EZB
Strafzinsen zahlen." Brexit, Wahlen, Bankenkrise - abseits dieser
potentiellen Krisenherde werde allzu häufig vergessen, dass die
konjunkturellen Fundamentaldaten eine wesentlich bessere und
positivere Lage zum Ausdruck bringen, die sich in der Konsequenz auf
den Immobilienmärkten in gut performenden Mietermärkten
widerspiegele. Dies in Kombination mit den niedrigen
Finanzierungskonditionen und den relativ unattraktiven
Alternativanlagen gelte insbesondere für Deutschland und sei die
Triebfeder für Investitionsüberlegungen in- und ausländischer
Investoren in gewerbliche Immobilien.
Deutschlandweites Transaktionsvolumen zum Dreivierteljahr wieder
mit mehr Dynamik
"Die Monate Juli bis September haben wieder mehr Bewegung in den
Investmentmarkt gebracht, die Abschlussfreudigkeit der Investoren hat
sich deutlich erhöht (Q3: auf 14,7 Mrd. Euro). Ob das Anziehen des
Transaktionsvolumens ein Resultat des Brexit ist, weil Investoren
ihre Kapitalströme umleiten und mehr auf dem europäischen Kontinent
investieren, bleibt reine Spekulation und wird sich so auch nicht
abschließend beantworten lassen. Fakt ist und bleibt aber, dass
Deutschland auf der Investitionskarte der Investoren weiterhin weit
oben steht und immer noch attraktive Anlagemöglichkeiten für alle
Arten von Investorentypen und alle Risikoprofile bietet", betont Timo
Tschammler, Member of the Management Board JLL Germany.
In der Summe stehen für das Dreivierteljahr 2016 rund 32,7 Mrd.
Euro in der Statistik für das deutschlandweite Transaktionsvolumen
gewerblich genutzter Objekte. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum
entspricht dies zwar immer noch einem Minus von 14 %, aber mit dem
starken dritten Quartal konnte der Rückstand zum Rekord-Vorjahr
bereits deutlich verringert werden. Nach wie vor gilt, dass mehr
Kapital investiert werden könnte, wenn ein adäquates Angebot in
ausreichender Zahl vorhanden wäre. Die weitere Entwicklung der
Transaktionsvolumina wird insbesondere auch durch das Angebot des
Marktes und in diesem Kontext die geringe Entwicklungspipeline von
neuen oder umfassend sanierten Objekten beeinflusst und gebremst.
Dennoch sind bis zum Ende des Jahres noch zahlreiche, teilweise auch
großvolumige Abschlüsse in Arbeit. "Wir erwarten für das Gesamtjahr
2016 zwar keinen neuen Rekord beim Transaktionsvolumen, aber je nach
Schnelligkeit beim Prozessabschluss kann ein Ergebnis von bis zu 50
Mrd. Euro erneut erreicht werden. Damit würde sich das Jahr 2016 auf
Platz 3 in der historischen Betrachtung hinter 2007 und 2015
einreihen", so Tschammler. "Der Investmentzyklus befindet sich in
einer späten Phase und es wird auch für Immobilieninvestoren immer
herausfordernder, eine attraktive Verzinsung zu generieren. Und auch
wenn sich die Kritik von Pensionskassen, Versicherungen oder Banken
an der ultra-lockeren Geldpolitik der EZB mehren, so ist aus unserer
Sicht mittelfristig kein echtes Krisenszenario abzusehen, welches
speziell die Immobilienmärkte derart erfassen würde, dass es zu einem
Absturz oder gar einem Crash kommen würde. Der Blick muss allerdings
mehr denn je auf den Vermietungsmarktzyklus gerichtet sein und
solange dieser sich in seiner aktuell guten Verfassung befindet,
stehen die Ampeln für eine Investition in den deutschen
Immobilienmarkt nach wie vor auf grün", so Tschammler weiter.
Große Transaktionen stark nachgefragt - Commerzbank-Hochhaus durch
Vermittlung von JLL verkauft
Auch im dritten Quartal ist erkennbar, dass Investoren
insbesondere die großen Transaktionen suchen. Allein 38 Objekte und
Portfolios jenseits der 100 Mio. Euro wechselten zwischen Juli und
September die Besitzer und damit acht Transaktionen mehr als im
gesamten Halbjahr zuvor. Kumuliert über das gesamte Dreivierteljahr
wurden ca. 44 % (14,4 Mrd. Euro) bezogen auf das deutschlandweite
Transaktionsvolumen mit diesen Großabschlüssen umgesetzt. Sowohl
Portfolios als auch Einzelobjekte haben, bezogen auf die Anzahl,
jeweils zu gleichen Teilen zu diesem Ergebnis beigetragen. Vier der
fünf größten Transaktionen des Jahres 2016 wurden im dritten Quartal
abgeschlossen, dazu gehörten unter anderem der Verkauf eines großen
deutschlandweiten Portfolios mit 68 Pflege- und Seniorenheimen für
fast 1 Mrd. Euro an einen französischen Investor sowie der heute
beurkundete und durch JLL vermittelte Verkauf des
Commerzbank-Hochhauses in Frankfurt für mehr als 650 Mio. Euro oder
auch der Erwerb von neun Büroimmobilien im Paket durch die Patrizia
Immobilien AG.
In Bezug auf die Assetklassen entfallen rund 40 % (etwa 13,1 Mrd.
Euro) auf Büroimmobilien, gefolgt vom Einzelhandel mit 25 % (8,1 Mrd.
Euro). Die verbleibenden Anteile verteilen sich auf Hotelimmobilien
mit fast 9 %, auf Lager-/Logistikimmobilien (knapp 10%) und gemischt
genutzte Immobilien mit ca. 7 %. Die restlichen rund 10 % speisen
sich in erster Linie durch Spezialimmobilien wie Pflege- und
Seniorenheime. "Auf der Suche nach attraktiven und lukrativen
Alternativen, die eine höhere Rendite erwarten lassen, beobachten wir
eine stetig steigende Nachfrage nach solchen Objekten abseits der
etablierten Nutzungen", betont Helge Scheunemann, Head of Research
JLL Germany. Scheunemann weiter: "Das Vertrauen der Investoren in den
deutschen Investmentmarkt über alle Assetklassen hinweg ist da und
auch die ausländischen Investoren sehen Deutschland nach wie vor als
Investitionsstandort und versprechen sich offensichtlich eine
attraktive Verzinsung. Für die ersten neun Monate bleibt
festzuhalten, dass ausländische Investoren ihre Aktivitäten in
Deutschland stabil auf einem hohen Niveau gehalten haben." Der Anteil
bezogen auf das Transaktionsvolumen bewegt sich bei rund 40 %, bei
den 20 größten Deals des Jahres sind ausländische Investoren sogar
elfmal vertreten. In Bezug auf die Kapitalherkunft hat sich auch im
letzten Quartal nichts geändert, im Gegenteil, die traditionell drei
stärksten Kapitalquellenländer Großbritannien, USA und Frankreich
dürften ihre Vormachtstellung sogar noch ausgebaut haben. Unabhängig
von der Frage vieler Investoren, ob das aktuelle Preisniveau für
gewerblich genutzte Immobilien noch für einen Einstieg geeignet
erscheint, erkenne JLL weder von den in- noch den ausländischen
Investoren ein Abflauen des Interesses an der Assetklasse Immobilie.
"Die überwiegende Zahl institutioneller Investoren plant, die
Immobilienengagements kurz- und mittelfristig sogar noch weiter
auszubauen. Speziell international agierende Fonds haben erst
begonnen, Kapital aus anderen Anlageklassen in Immobilien
umzuschichten - angesichts einer Nominalverzinsung von um die 0% für
Staatsanleihen und sogar negativen Renditen für Unternehmensanleihen
wird diese Umallokation zugunsten der Immobilien noch anhalten", so
Scheunemann.
Transaktionsvolumen in den Big 7 sinkt - vermehrtes Interesse an
Abschlüssen außerhalb der Hochburgen
Nachdem im Vorjahreszeitraum noch rund 55 % des
Transaktionsvolumens auf die Big 7 entfiel, sank dieser Anteil auf
nunmehr ca. 51 % (16,7 Mrd. Euro). Dies zeigt, dass Investoren ihren
Aktionsradius insbesondere bei Einzelhandels-, Logistik- und
Spezialimmobilien auf Standorte abseits der etablierten Märtke
ausrichten. Bei Büroimmobilien ist es anders, von den in den Big 7
investierten 16,7 Mrd. Euro entfällt mit über 10,5 Mrd. Euro der
Löwenanteil auf Büroimmobilien oder anders ausgedrückt: 80 % des
deutschlandweit in Büroimmobilien investierten Kapitals entfällt auf
eine der Big 7.
Das Ranking der Big 7 führen zum Ende des dritten Quartals Berlin
und München mit jeweils rund 3,4 Mrd. Euro an, gefolgt von Hamburg
mit 3,2 Mrd. Euro. Gegenüber dem Vorjahr mussten aber alle drei
Städte Federn lassen, das Minus reicht dabei von 33 % in Berlin bis 8
% in Hamburg. Auch in Frankfurt ist das Transaktionsvolumen insgesamt
rückläufig. Hier wurden bislang 3,1 Mrd. Euro investiert und damit 26
% weniger als noch 2015. "Wenn es nach der Brexit-Entscheidung
Stimmen gab, die Frankfurt als einen der Profiteure sahen, finden
diese sich zumindest aktuell (noch) nicht bestätigt. Allerdings ist
zu konstatieren, das sich insbesondere in Frankfurt noch einige
großvolumige Projekte in der Pipeline befinden, die ein starkes
letztes Quartal erwarten lassen", betont Pörschke.
Ein außergewöhnlich starkes drittes Quartal mit einigen
hochpreisigen Transaktionen hat in Köln dafür gesorgt, dass die
Rheinmetropole als einzige der Big 7 ein positives Ergebnis gegenüber
dem Vorjahr verbuchen konnte, ca. 1,3 Mrd. Euro sind gleichbeutend
mit einem Plus von 27 %.
Nochmals starker Rückgang der Renditen - die "3" vor dem Komma
etabliert sich
Vor 20 Jahren hätte man bei einer 3,X% Rendite für eine
Büroimmobilie wahrscheinlich von einer Immobilien-Blase gesprochen.
Andererseits hätte man sich im gleichen Atemzug auch über eine
Nominalrendite von 0% bei einer deutschen Staatsanleihe gewundert und
solch ein Angebot als unrealistisch in den Papierkorb geworfen.
Aktuell sind das aber die Realitäten am deutschen Investmentmarkt und
alle Marktakteure, Banken, Investoren und Anleger müssen sich auf das
Faktum "3 ist die neue 5" einstellen. "Deshalb kann man zwar
argumentieren, deutsche Gewerbeimmobilein sind teuer geworden, aber
teuer ist ausschließlich im Kontext zur historischen Entwicklung zu
sehen. Unter den aktuellen Marktbedingungen und angesichts des
anhaltend niedrigen Zinsumfeldes lassen sich aber selbst bei einer
solch niedrigen Verzinsung immer noch attraktive Eigenkapitalrenditen
erzielen", kommentiert Scheunemann.
Nachdem bereits im zweiten Quartal die Spitzenrenditen für
Büroimmbilien um 20 Basispunkte auf im Mittel über alle Big 7 auf
3,93 % gesunken sind, hat die starke Investorennachfrage in den
Monaten Juli bis September für einen nochmaligen und verstärkten
Rückgang um weitere 22 Basispunkte auf 3,71 % gesorgt.
Ãœberdurchschnittlich stark sanken die Renditen in Stuttgart (um 65
Basispunkte) und in Berlin (um 40 Basispunkte). Damit liegen nur noch
Düsseldorf und Frankfurt mit einer Anfangsrendite von 4,10 % bzw.
4,15 % über der 4%-Marke. "Angesichts solcher Rückgänge wäre zu
vermuten, dass es sich dabei um vereinzelte Liebhaberpreise handelt.
Wir beobachten jedoch, dass sich im Gegenteil diese Entwicklung in
der Breite und innerhalb von Bieterprozessen widerspiegelt und
erachten daher diese Renditen insofern als marktkonform", so
Tschammler.
In der Grundsatzbetrachtung trifft diese Einschätzung auch auf die
anderen Assetklassen zu, wenngleich nicht so ausgeprägt wie bei
Büroimmobilien. Für innerstädtische Geschäftshäuser gaben die
Renditen um 13 Basispunkte nach und erzielen nun 3,57 % im Schnitt
über die Big 7. Für Shopping Center und Fachmarktzentren verharrten
die Renditen auf niedrigen 4,10 % bzw. 5,10 %, während die Renditen
für einzelne Fachmärkte leicht um 5 Basispunkte auf 5,45 % nachgaben.
Nach der Verschnaufpause im vergangenen Quartal zeigten sich die
Investoren auch für Lager-/Logistikimmobilien wieder extrem
preisaggressiv. Im Mittel über die Big 7- Logistik-Regionen geht es
stramm auf die 4 vor dem Komma zu, zum Ende des dritten Quartals
werden 5,01 % um damit 26 Baisspunkte weniger als noch Ende Q2
erzielt.
"Da sich die finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch im
letzten Quartal nicht ändern dürften, erwarten wir bis Ende des
Jahres einen weiteren Rückgang der Büro-Renditen um 10 Basispunkte.
Die Gesamtverzinsung aus Wertänderungs- und Mietrendite wird in
diesem Jahr bei über 23 % liegen und damit mehr als doppelt so hoch
wie im Boomjahr 2007", so Tschammler.
Pressekontakt:
Dorothea Koch, Tel. 069 2003 1007, dorothea.koch(at)eu.jll.com
Original-Content von: Jones Lang LaSalle GmbH (JLL), übermittelt durch news aktuell