(ots) - Anlässlich eines neuen technischen Gutachtens
fordert Reporter ohne Grenzen den Bundestag auf, die Pläne für das
neue BND-Gesetz unverzüglich zu stoppen. Das heute erschienene
Gutachten für den NSA-Untersuchungsausschuss des Chaos Computer Clubs
(CCC) belegt, dass der Bundesnachrichtendienst damit zu einer
großflächigen Überwachung deutscher Bürger ermächtigt würde, wovor
auch deutsche und ausländische Journalisten nicht geschützt werden
könnten.
"Nachdem renommierte Juristen das neue BND-Gesetz bereits als
evident verfassungswidrig eingeordnet haben, hält das rechtliche
Konstrukt auch der technischen Realität nicht Stand: Es ist
unmöglich, bei einer globalen Massenüberwachung zwischen deutschen
und nicht-deutschen Bürgern zu trennen", sagte ROG-Geschäftsführer
Christian Mihr. "Die Abgeordneten des Bundestages müssen erkennen,
dass dieses Gesetz die Grundrechte der Bürger verletzen wird. Es zu
verabschieden, ist ein offener Bruch mit unserer Verfassung."
Die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD planen, die bisher
rechtswidrige Abhörpraxis des BND bald zu legalisieren. In der
sogenannten Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung soll der BND die
gesamte Kommunikation erfassen dürfen, wenn davon keine EU-Bürger
betroffen sind und sich die Teilnehmer außerhalb der EU befinden. Das
Gutachten des CCC bestätigt jedoch, dass diese juristische
Unterscheidung technisch nicht zu realisieren ist
(http://t1p.de/1cnc). Durch die globale Struktur des Internets und
die Art der Übertragung ist es unmöglich herauszufinden, welchen Weg
Kommunikationsströme nehmen und wo sich die
Telekommunikationsteilnehmer befinden. In der Konsequenz erhält der
BND selbstverständlich auch Daten über Deutsche und EU-Bürger, wenn
er Glasfaserkabel anzapft.
MASSIVE KRITIK AM GESETZENTWURF
Die Große Koalition möchte am 21. Oktober die sogenannte Reform
des Bundesnachrichtendienstes im Bundestag verabschieden. In den
vergangenen Wochen hatten Experten im In- und Ausland den
Gesetzentwurf massiv kritisiert, darunter auch die OSZE-Beauftragte
für Medienfreiheit (http://t1p.de/iut5), der Rechtsausschusses des
Bundesrats (http://t1p.de/1ian) und der ehemalige BND-Präsident
Gerhard Schindler (http://t1p.de/tn39). Zu den Kritikpunkten gehören
zu vage Kriterien für die Auslandsüberwachung, die Diskriminierung
nach Staatsangehörigkeit beim Grundrechtsschutz und das Fehlen einer
wirksamen Aufsicht über den BND. Nach Einschätzung dreier
UN-Sonderberichterstatter missachtet die geplante Reform
internationale Menschenrechtsstandards (http://t1p.de/omg0).
Reporter ohne Grenzen hat gegen das BND-Gesetz zusammen mit einem
internationalen Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen eine
Online-Petition gestartet, die den Koalitionsfraktionen vor der
geplanten Verabschiedung übergeben werden soll und weiterhin
unterschrieben werden kann (http://t1p.de/3ody). Zu den Unterstützern
gehören unter anderem Amnesty International, PEN International, der
Europäische Journalistenverband EFJ und der Weltverband der
Zeitungsverleger (WAN-Ifra). Zuletzt hat sich dem Bündnis der
Deutsche Anwaltverein angeschlossen, der rund 66.000 Rechtsanwälte
vertritt.
Deutschland steht auf der jährlichen Rangliste der Pressefreiheit
von Reporter ohne Grenzen auf Platz 16 von 180 Ländern. Im
vergangenen Jahr hat Reporter ohne Grenzen bereits eine Klage beim
Bundesverwaltungsgericht gegen bestimmte Ãœberwachungspraktiken des
BND eingereicht.
WEITERFÃœHRENDE INFORMATIONEN:
- Online-Petition, Gesetzentwurf und Stellungnahmen zur geplanten
Reform: www.reporter-ohne-grenzen.de/petition-bnd-de. Die
Petition ist auch auf Englisch, Französisch und Spanisch
verfügbar.
- Mehr zum Stand der Pressefreiheit in Deutschland:
www.reporter-ohne-grenzen.de/deutschland
Pressekontakt:
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