(ots) - Die Linke hat diesbezüglichen einen Antrag im
Bundestag eingebracht, er wird von den Grünen unterstützt.
Mit dem 2015 in Kraft getretenen Kleinanlegerschutzgesetz wurden
die Kompetenzen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin) ausgeweitet. Sie ist dem "kollektiven Verbraucherschutz"
verpflichtet. Die Befugnisse der BaFin sind auf die Verhinderung und
Beendigung des Vertriebes unseriöser Anlagemodelle ausgerichtet.
Eine große Lücke im Verbraucherschutz besteht jedoch noch immer:
In den vielen Pleiten und Betrugsfällen der vergangenen Jahrzehnte
blieben die Anleger zum überwiegenden Teil auf ihrem Schaden sitzen.
Die verantwortlichen Täter und ihre Helfer haben geschickt "die
Spuren verwischt", sind nicht greifbar oder wegen ihres
Auslandssitzes und marktbeherrschender Stellung ein zu mächtiger
Gegner.
Beispiel: Lehmann Brothers hatte an 50 000 Rentner in Deutschland
wertlose Zertifikate verkauft. Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
und eine Ratingagentur hatten das Unternehmen mit
Gefälligkeitstestaten jahrelang über Wasser gehalten. Kaum ein
Anleger war in der Lage, gerichtliche Maßnahmen zu ergreifen und von
Schadensersatz zu erlangen. Eine freiwillige Schadenswiedergutmachung
erfolgte nicht. Kaum ein Verbraucher verfügt über die finanziellen
Mittel, seine Ansprüche durchzusetzen. Rechtsschutzversicherungen
übernehmen diese Angelegenheiten nicht mehr. Nach bisherigen
Erfahrungen müssen etwa 96 % der Verbraucher den Verlust wehrlos
hinnehmen.
Die LINKE hat deswegen im Deutschen Bundestag gefordert, die
aufsichtlichen Befugnisse der BaFin zu erweitern (hin zur
"kollektiven Rechtssicherung"). Diese muss als kompetente Behörde
dafür sorgen, dass Finanzmarkt-Übeltäter und ihre Komplizen den
angerichteten Schaden nicht in die Verjährung schleppen und
Vorschläge zu einer Schadensbereinigung unterbreiten. Diese
Vorgehensweise ist in den USA beispielsweise üblich: Erst kürzlich
hat die Investmentbank Goldmann Sachs 5 Milliarden Dollar an die
Aufsichtsbehörde bezahlt, von denen 3 Milliarden Dollar für
geschädigte Anleger bestimmt waren.
"Betrug und Abzocke dürfen sich nicht mehr lohnen", so die
Abgeordnete Susanne Karawanskij von der Fraktion die LINKE, Mitglied
im Finanzausschuss des Bundestages. "Wer Verbraucher schädigt, muss
mit entsprechenden Konsequenzen rechnen. Oft kommen die Missetaten
erst nach Jahren ans Licht, und die Verbraucher können schon aus
Verjährungsgründen nichts mehr tun. Wir fordern deswegen die
Bundesregierung auf, die Schließung der erkannten Rechnungslücken
nicht bis zum nächsten großen Skandal zu verschieben", erklärt
Karawanskij.
Die entsprechende Erweiterung im deutschen Recht sei ein kleiner
Schritt für den Gesetzgeber, zugleich aber ein Meilenstein für den
finanziellen Verbraucherschutz, der auch starke abschreckende Wirkung
habe. Ein Produktgeber würde sich überlegen müssen, ob ein
großangelegter Fischzug unter Verbrauchern noch lohnt, wenn er mit
Konsequenzen seitens der Aufsicht rechnen müsste. Denn die Anbieter
schadensrelevanter Produkte wissen derzeit, dass sie kaum etwas zu
befürchten haben.
Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen haben dem Gesetzesantrag
der Fraktion die LINKE im Finanzausschuss des Bundestages zugestimmt:
Der rechtliche Schutz bei Kapitalanlagebetrug funktioniere in
Deutschland nicht. Keine Rechtsschutzversicherung würde solche Fälle
noch abdecken. Es sei lohnenswert, Anlagebetrug zu begehen, weil
mangels Versicherungsschutz nur sehr wenige Anleger ihre Rechte
einklagen würden. Betrug lohne sich noch immer in Deutschland. In
anderen Ländern hätten die Finanzaufsichtsbehörden gleichzeitig
staatsanwaltschaftliche Befugnisse. Der Staat vertrete die kleinen
Leute nicht mehr ausreichend.
Rechtsanwalt Peter Mattil aus München, der in 20 Jahren als
Anlegeranwalt die Fälle hautnah miterlebt hat, führt aus: "Die
Gesetzgeber versuchen schon, mit den Gaunereien an den Finanzmärkten
mitzuhalten, aber die Regulierung reicht nicht aus. Was wir brauchen,
ist eine ebenbürtige Aufsicht, die auch mal die Stirn bietet."
Die Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) fordert die
Schließung von Lücken im kollektiven Rechtsschutz. Die Einführung
gewisser Klageinstrumente (Gruppenklage, Sammelklage) würde die
Systematik kollektiven und individuellen Verbraucherschutzes
abrunden.
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