(ots) - Eine pensionierte Musiklehrerin aus Lüdenscheid
sammelt 68.000 Unterschriften, insgesamt gibt es 190.000 Vollmachten,
die die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht unterstützen: Ceta und
TTIP elektrisieren die Bevölkerung. Hunderttausende Demonstranten
gingen gegen die beiden Freihandelsabkommen auf die Straße. Eine so
gewaltige Mobilisierung gab es zuletzt gegen den Nato-Doppelbeschluss
in den 80ern oder die Hartz-Gesetze Anfang der 2000er-Jahre.
Ob Ceta oder TTIP - die jahrelangen Verhandlungen hinter
verschlossenen Türen, die mangelnde Transparenz und die hohe
Komplexität der Abkommen machen die Bürger misstrauisch. Natürlich
wollen sie nicht die Handelsbeziehungen mit Kanada und den USA
stoppen. Die Protestbewegung hat vielmehr Angst davor, dass durch die
Hintertür Verbraucherrechte ausgehöhlt werden. Zudem warnen sie vor
sogenannten Investitionsgerichten, vor denen kanadische Investoren
EU-Mitgliedsstaaten auf Schadensersatz verklagen können, wenn diese
sich benachteiligt fühlen.
Der Politik ist der Vorwurf zu machen, dass sie der Öffentlichkeit
nicht richtig erklären kann, was wirklich hinter Ceta steckt. Vieles
bleibt nebulös. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat TTIP für
gescheitert erklärt, Ceta aber gegen erhebliche innerparteiliche
Widerstände in der SPD durchgesetzt. Dabei gilt Ceta als Blaupause
für TTIP. Gabriels Taktiererei dürfte den Unmut in der Bevölkerung
noch weiter befeuern.
Auch wenn die Verfassungsrichter in ihrer Eilentscheidung heute
nicht inhaltlich Stellung nehmen werden zum Freihandelsabkommen mit
Kanada, steht vor allem für den SPD-Vorsitzenden eine Menge auf dem
Spiel. Schon bei seiner Sondererlaubnis für die Supermarktfusion von
Kaiser's Tengelmann und Edeka hatte er sich beim Oberlandesgericht
Düsseldorf einen Befangenheitsverdacht eingehandelt. Sollte das
Verfassungsgericht Ceta vorläufig stoppen, geht der Imageverlust der
Bundesregierung innerhalb der EU auch auf Gabriels Rechnung. Seine
Chancen auf die SPD-Kanzlerkandidatur dürfte eine neuerliche
Richter-Schelte nicht gerade vergrößern.
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