(ots) -
- Europäische und deutsche Chemieunternehmen investieren mehr im
Ausland als Zuhause
- Hiesige Chemiekonzerne stehen gut da - sind aber nicht immun gegen
Nachfrageeinbruch
- Kopf-an-Kopf: Durch gesunkene Ölpreise holen die Europäer auf und
liefern sich mit US-Firmen wieder ein Rennen auf Augenhöhe
- Schlüssel zum Erfolg für Europäer: Investitionen in Innovation und
höherwertige Produkte und Lösungen sowie in weitere Spezialisierung
Europäische und deutsche Chemiekonzerne haben in den letzten
Jahren kräftig zugekauft. Sie investieren im Ausland wesentlich mehr
als Zuhause. Das Land der Begierde sind - wie in aktuellen Fällen -
dabei häufig die USA. Der Grund dafür sind unter anderem die
niedrigeren Rohstoff- und Energiepreise in den Vereinigten Staaten
und der daraus resultierende Wettbewerbsvorteil. Konkurrenz für die
Europäer kommt neben den USA auch aus Asien - trotzdem steht die
Chemieindustrie hierzulande weiterhin gut da. Zu diesem Schluss kommt
Weltmarktführer in der Kreditversicherung Euler Hermes in seiner
aktuellen Studie zur Chemiebranche.
Gute Situation der Branche hängt vor allem an Talfahrt des
primären Rohstoffs Naphtha
"Die Chemieunternehmen in Europa und in Deutschland sind weiterhin
profitabel und verzeichnen 2016 trotz weiter stagnierenden Umsätzen
stabile operative Gewinnmargen von rund 10%", sagte Ludovic Subran,
Chefvolkswirt der Euler Hermes Gruppe. "Das Branchenrisiko ist
insgesamt eher gering. Allerdings beruht diese komfortable Situation
vor allem auf der Talfahrt des in Europa vorrangig eingesetzten
Rohstoffs Naphtha. Dieser ist seit 2013 um rund 60% gefallen. Dadurch
konnten Chemieunternehmen ihre stagnierenden Umsätze kompensieren."
Das sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine große
Abhängigkeit von der weltweiten Nachfrage besteht.
Nicht auf Lorbeeren ausruhen: Welthandel schwächelt,
Brexit-Unsicherheiten klopfen an
"Europäische und deutsche Chemieunternehmen sollten sich lieber
nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen", sagte Ron van het Hof, CEO von
Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz. "Es ist
definitiv praktisch und manchmal sogar entscheidend, wichtige
Materialien zu wesentlich günstigeren Preisen einzukaufen. Aber sich
kurzfristig darauf zu verlassen, dass die niedrigen Energiekosten die
Unsicherheiten angesichts möglicher Brexit-Folgen für die Branche
oder den schwachen Welthandel kompensieren, könnte sich langfristig
rächen. Die trüben Welthandelsaussichten drücken auf die
Wachstumsrate in der europäischen Produktion, die mit +1,3% in 2016
und 1,1% in 2017 nicht gerade rosig ist. Trotz ihrer Größe sind auch
europäische Chemiekonzerne nicht immun gegen eine sinkende
Nachfrage."
Die Situation der europäischen Marktteilnehmer hängt auch vom
Zustand ihrer Hauptabnehmer ab: vom Baugewerbe sowie der Automobil-
und Elektronikbranche. Schwächelt ein Segment, steigt der Druck
umgehend.
USA: Tektonische Verschiebung in der Chemie durch
Schiefergas-Glücksfall
Langfristig ist aber insbesondere der Wettbewerb der
amerikanischen Chemieunternehmen ein Schlüsselfaktor bei Erwartungen
und Risikoentwicklung.
"Die Chemieunternehmen in den USA haben weiterhin kräftigen
Rückenwind", sagte Subran. "Sie nutzen bei der Herstellung des
wichtigsten Grundstoffs Ethylen nicht wie die Europäer das aus Rohöl
hergestellte Naphtha, sondern Ethan, das vom Gaspreis beeinflusst
ist. Die Schiefergas-Revolution ist daher für die Amerikaner ein
echter Glücksfall, quasi eine tektonische Verschiebung der
Chemieplatten. Gaspreise liegen dadurch nur etwa halb so hoch wie in
Europa und sogar drei Mal niedriger als in Asien. Dies verschafft
ihnen einen Wettbewerbsvorteil. In etwa zehn Jahren werden US-Firmen
zudem von den getätigten Investitionen in Produktionsstätten
profitieren. Darauf sollten sich die Europäer am besten jetzt schon
einstellen."
Aufs richtige Pferd setzen: Dank Forschung und Entwicklung wieder
Kopf-an-Kopf-Rennen
Mit Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie einer
weiteren Spezialisierung haben die deutschen Unternehmen in den
letzten Jahren bereits aufs richtige Pferd gesetzt.
"Dass die deutsche und europäische Chemieindustrie in der Lage
ist, auch in schwierigen Situationen mitzuhalten, haben die
Unternehmen in der Vergangenheit bereits zur Genüge bewiesen", sagte
Van het Hof. "Die US-Unternehmen hatten viele Jahre die Nase weit
vorne. Die hiesigen Marktteilnehmer haben versucht, durch erhebliche
Effizienzsteigerungen wenigstens halbwegs mitzuhalten. Durch den
Einbruch der Ölpreise haben sie jetzt eine dringend benötigte
Atempause und haben sich zurückgekämpft in ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Um das Rennen nach Hause zu fahren, sollten sie sich ungeachtet der
Rohstoff-preise weiter spezialisieren und zielgerichtet investieren -
und zwar nicht in die Produktion (upstream), sondern in die
nachgelagerte Verarbeitung und Dienstleistungen (downstream) mit
wesentlich höherem Mehrwert. Das könnte ihnen das
Alleinstellungsmerkmal bringen, das sie brauchen."
In spezialisierten Chemiesparten machen Innovationen bereits heute
den Unterschied und fallen wesentlich stärker ins Gewicht als die
Rohstoffkosten. Technologisch höherwertige Produkte liefern in der
Regel höhere Margen - zum Beispiel Verbraucherchemikalien, die in
Hygiene- und Kosmetikprodukten verwendet werden.
Die vollständige Euler Hermes Studie "Europe's Chemical Sector:
Low production costs and healthy profits challenged by global demand
and US competition" (Englisch) finden Sie hier: http://ots.de/Sn8Gv
Ãœber Euler Hermes
Euler Hermes ist weltweiter Marktführer im
Kreditversicherungsgeschäft und anerkannter Spezialist in den
Bereichen Kaution, Garantien und Inkasso. Das Unternehmen verfügt
über mehr als 100 Jahre Erfahrung und bietet seinen Kunden umfassende
Finanzdienstleistungen an, um sie im Liquiditäts- und
Forderungsmanagement zu unterstützen. Über das unternehmenseigene
Monitoringsystem verfolgt und analysiert Euler Hermes täglich die
Insolvenzentwicklung kleiner, mittlerer und multinationaler
Unternehmen. Insgesamt umfassen die Expertenanalysen Märkte, auf die
92% des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) entfallen. Das
Unternehmen mit Hauptsitz in Paris ist in mehr als 50 Ländern
vertreten und beschäftigt über 6.000 Mitarbeiter. Euler Hermes ist
eine Tochtergesellschaft der Allianz und ist an der Euronext Paris
notiert (ELE.PA). Das Unternehmen wird von Standard & Poor's und
Dagong Europe mit einem Rating von AA- bewertet. 2015 wies das
Unternehmen einen konsolidierten Umsatz von EUR 2,6 Milliarden aus
und versicherte weltweit Geschäftstransaktionen im Wert von EUR 890
Milliarden.
Euler Hermes beschäftigt in Deutschland rund 1.400 Mitarbeiter, am
Hauptsitz in Hamburg sowie in weiteren Niederlassungen in
Deutschland.
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