(ots) -
Würden humanoide Roboter als Kollegen im Büro oder gar als
Führungskraft, ausgestattet mit emotionalen Fähigkeiten, in Teams
akzeptiert? Und welche Tätigkeiten würden Beschäftigte im
Dienstleistungssektor Robotern überlassen? Überraschende Antworten
liefert die länderübergreifende Studienreihe "Robots(at)work4.0" von
Prof. Stock-Homburg der TU Darmstadt.
Roboter, in der Industrie längst Alltag, greifen auch auf
Büroberufe über: Humanoide, also menschenähnliche Roboter übernehmen
bereits heute Aufgaben in Hotels, im Handel und in Restaurants. Sie
kochen, bedienen oder beraten Kunden. Sie kommunizieren ähnlich wie
Menschen über Sprache, Gestik und teilweise sogar über Mimik. In
Japan, China und zunehmend in den USA ist seit geraumer Zeit ein
regelrechter Roboter-Hype zu beobachten - in den USA und in Japan
laufen laut wissenschaftlicher Studien fast die Hälfte, in
Großbritannien rund ein Drittel heutiger Berufe Gefahr, durch
Robotisierung ersetzt zu werden.
Diese Entwicklung dürfte sich auch bald auf Deutschland
übertragen, verbunden mit der Hoffnung, insbesondere Personalkosten
drastisch zu reduzieren. "Aber viele Unternehmen setzen unreflektiert
Roboter ein, ohne vorher zu wissen, was diese Veränderungen für
Beschäftigte, Unternehmenskultur und Kundenbeziehungen bewirken",
warnt Prof. Dr. Ruth Stock-Homburg von der TU Darmstadt. Und das,
obwohl in hunderten von Studien nachgewiesen wurde, dass die
Beschäftigten und die Kultur eines Unternehmens ganz oben auf der
Hitliste ökonomischer Erfolgstreiber von Unternehmen rangieren.
Einer Reihe von Fragen zur Robotisierung von Büro- und
Dienstleistungsberufen ging die umfangreiche Darmstädter Studienreihe
"Robots(at)work4.0" der TU Darmstadt in Kooperation mit Leap in Time
unter Leitung von Professorin Ruth Stock-Homburg nach. Mehr als 700
Führungskräfte und Mitarbeiter aus Deutschland und den USA gaben ihre
Einschätzungen preis: Was trauen heutige Büroarbeiter einem Roboter
zu? Wie aufgeschlossen sind heutige Büroarbeiter gegenüber Robotern?
Können arbeitende Menschen sich einen Roboter als Kollegen,
Mitarbeiter oder gar als Chef vorstellen? In welchen
Dienstleistungsbereichen können Roboter zukünftig sinnvoll eingesetzt
werden?
Distanziertes Verhältnis zum Kollegen Roboter
"Die Antwort auf die Frage nach dem Sinn und Unsinn des
Robotereinsatzes in Büro- und Dienstleistungsberufen hängt sehr stark
vom Aufgabenbereich ab", so Stock-Homburg, 82 Prozent der Befragten
sähen in Robotern eine wertvolle Unterstützung bei der Erledigung von
Arbeitsaufgaben, jedoch nur zwei von drei Befragten hätten Spaß
daran, mit Robotern zu arbeiten. Rund die Hälfte der Befragten traut
sich einen unkomplizierten Umgang mit einem Roboter zu. In Sachen
Kreativität oder Emotionen im Arbeitskontext wird Robotern mäßig viel
zugetraut: Immerhin sprechen mehr als 80 Prozent der Befragten
Robotern zu, Gefühle zeigen zu können; mehr als 30 Prozent trauen
einem Roboter sogar zu, Gefühle zu erkennen oder gar kreativ zu sein.
Ein überraschend hoher Prozentsatz vor dem Hintergrund, dass nach
heutigem Stand der Technik sowohl kreative als auch emotionale
Verhaltensweisen von Robotern weitestgehend programmiert sind und
nicht autonom funktionieren. Hier klaffen also Stand der Technik und
subjektive Wahrnehmungen von Robotern deutlich auseinander. Viele
setzen auf "künstliche Intelligenz", mit der Roboter bald
selbstlernend und autonom agieren können.
Assistenz willkommen
Der Frage, wie aufgeschlossen heutige Büroarbeiter gegenüber
Robotern sind, gingen die Forscher in einem Kulturvergleich zwischen
Deutschland und den USA nach: Mehr als 60 Prozent der Befragten
beider Länder können sich vorstellen, durch einen Roboterassistenten
unterstützt zu werden. Allerdings sollte dieser eher repetitive,
unliebsame Aufgaben wie Ablage und Dokumentation, Terminbuchungen
sowie Boten- oder Recherchedienste erledigen.
Interessanterweise würden 21 Prozent der Befragten einem Roboter
mehr vertrauen als einem menschlichen Kollegen. Gründe dafür werden
in geringerer Fehlerhäufigkeit, höherer Berechenbarkeit und
Kontinuität im Verhalten gesehen. Allerdings verzichtet die Mehrzahl
der Befragten gerne auf Emotionen: "Sonst schalte ich das Ding aus",
ist der Tenor der Befragten zu diesem Thema. Auf Augenhöhe als
Kollegen würde nur jeder Dritte einen Roboter akzeptieren: "Roboter
setzen lediglich vorprogrammierte Entscheidungen um; die
Eigenständigkeit lässt stark zu wünschen übrig", so ein Befragter.
Man kann sich beispielsweise vorstellen, dass Roboter in Meetings
Informationen beitragen, Protokoll führen, als unternehmensweite
Datenbank agieren und umgehend Faktenwissen bereit stellen oder aber
Optimierungstätigkeiten hinsichtlich Zeit- und Aufgabenverteilung in
Projekten übernehmen. Zur Verknüpfung komplexer Sachverhalte und
detaillierten Abstimmung mit Mitarbeitern sieht der Großteil der
Befragten Roboter noch nicht in der Lage.
Als Führungskraft sind Roboter fast ein Tabu: Immerhin würden 15
Prozent der befragten Amerikaner und 8 Prozent der deutschen
Befragten einen humanoiden Roboter-Chef akzeptieren. Warum nur so
wenige? "Ein Roboter hat kein Gefühl für meine familiäre Situation
oder andere Sorgen, die in den Job hinein strahlen", äußert sich eine
Befragte. "Eine Maschine kann nicht über einen Menschen urteilen ...
und kann auch nicht Vorbild sein", führt ein anderer Befragter an.
Diejenigen Befragten, die sich einen Robo-Chef durchaus vorstellen
können, nennen als Gründe die geringere Fehlerhäufigkeit und
Subjektivität. "Roboter sind gerechter und weniger launisch", so ein
Befragter.
Nach Ansicht von Professorin Stock-Homburg wird die Robotisierung
viele klassische Jobs entbehrlich machen. "Aber es werden automatisch
neue, eher konzeptionelle Jobs für unsere zukünftigen Generationen
entstehen. Unternehmen sollten diese zukünftigen Jobs eruieren und
bereits frühzeitig neue Berufsfelder schaffen, bevor sie
unreflektiert Roboter einsetzen." So zeigt die Darmstädter
Zukunftsstudie (2016), dass Unternehmen, die sich intensiv mit neuen
Berufsfeldern beschäftigen, erfolgreicher sind.
Neues Dienstleistungszeitalter
Werden Roboter ein neues Dienstleistungszeitalter einläuten? Die
Antwort lautet nach der Studienreihe "eindeutig ja", so der
Darmstädter Wirtschaftsingenieur und Projektleiter des Robotikteams,
Moritz Merkle, "75 Prozent unserer Befragten würden Dienstleistungen
von einem Roboter als Kunden akzeptieren". Und in Merkles
Experimentereihe mit rund 300 Teilnehmern erzielte ein humanoider
Rezeptionsroboter nahezu identische Kundenzufriedenheitswerte und nur
leicht geringere Bewertungen in puncto Dienstleitungsqualität im
Vergleich zu seinen menschlichen Kollegen. Die meisten Befragten
können sich Dienstleistungsroboter als Rezeptionisten an Empfangs-
und Informationsschaltern, als Kassierer in Supermärkten oder
Autovermietungen, am Schalter von Bahnhöfen, Flughäfen oder sogar
Banken sowie in der Gastronomie vorstellen. Mehr als 80 Prozent der
Befragten aber bevorzugen für sensible, persönliche Dienstleistungen,
wie z. B. komplexe Finanzberatungen, psychologische oder ärztliche
Betreuung den Kontakt mit Menschen. Insgesamt zeigt sich auch für den
Einsatz von Robotern als Büroarbeiter sowie als Dienstleister: "Der
Mensch bleibt offensichtlich Mittel-Punkt - Roboter wird vorerst nur
Mittel bleiben", so Jasmine Plechatsch, Geschäftsführerin von Leap in
Time und Mitgründerin des Future Innovation Lab. Fakten zur
Studienreihe "Robots(at)work4.0":
- 2 Experimentereihen mit rund 300 Teilnehmern
- 2 großzahlige Befragungen mit mehr als 400 Führungskräften und
Mitarbeitern in Deutschland und in den USA
- 3 qualitative Studien mit rund 80 Interviewpartnern
MI-Nr. 72/2016, sh /feu
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Fachgebiet Marketing & Personalmanagement
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