(ots) - Die Perspektiven für einen nachhaltigen Anstieg
des Ölpreises haben sich in der gerade beendeten Handelswoche spürbar
verschlechtert. Deutlich geworden ist das daran, dass die
US-Lagerbestände an Rohöl binnen einer Woche um rekordhohe 14,4
Millionen Barrel gestiegen sind. In den 34 Jahren, in denen die
US-Regierung diese Daten erfasst, hat sie niemals einen Lageraufbau
in einem derartigen Ausmaß beobachtet.
Zwar muss man die Daten in Zusammenhang mit einem ähnlich hohen
Lagerabbau ein paar Wochen vorher sehen. Dennoch ist der Trend
beunruhigend. Er zeigt klar an, dass die Strategie Saudi-Arabiens
gescheitert ist, mit Hilfe eines Preiskriegs unliebsame neue
Konkurrenten aus dem Markt zu werfen, um so den Ölpreis langfristig
zu stützen.
Dass die Welt weiterhin in Öl schwimmt, ist im Wesentlichen darauf
zurückzuführen, dass es sogar den Produzenten mit besonders hohen
Kosten gelungen ist, ihre Aufwendungen deutlich zu reduzieren. So
wird in der Branche geschätzt, dass in der nordamerikanischen
Schieferölbranche die Produktion eines Barrels (159 Liter) im
Durchschnitt nur noch rund 23 Dollar kostet. Das liegt zwar noch
deutlich über den ultraniedrigen Kosten der Saudis von knapp 9
Dollar, ist aber auch nicht mehr meilenweit davon entfernt.
Angesichts des Scheiterns ihrer Niedrigpreisstrategie haben die
Saudis auf einen anderen Kurs umgeschwenkt, was sich auch in der
Auswechslung des langjährigen Ölministers Ali al-Naimi widerspiegelt.
Sein Nachfolger Khalid al-Falih strebt eine Stabilisierung des
Ölpreises mit Hilfe von Kartellabsprachen innerhalb und außerhalb der
Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) an. Dabei sieht er
sich allerdings ähnlich großen Hindernissen gegenüber wie sein
Vorgänger al-Naimi bei dem Versuch, Wettbewerber über den Preis aus
dem Markt zu drängen.
Das Problem liegt aktuell darin, dass die Öl produzierenden Länder
angesichts der im historischen Vergleich immer noch sehr niedrigen
Einnahmen pro Barrel darauf angewiesen sind, auf Teufel komm raus zu
produzieren, um ihre Staatshaushalte zu stabilisieren. Vor diesem
Hintergrund ist bereits eine Deckelung der Fördermengen schwierig
durchzusetzen, die notwendige Vereinbarung einer deutlichen
Reduzierung der weltweiten Ölförderung aber schier unmöglich.
Zwar haben sich die Opec-Länder am 28. September in Algier
grundsätzlich darauf geeinigt, ihre Förderung auf 32,5 bis 33 Mill.
Barrel pro Tag (bpd) zu reduzieren. Aber selbst für den Fall, dass
das untere Ende der Spanne durchgesetzt werden kann, würde sich das
Überangebot nur um 11 Prozent reduzieren. Um aber tatsächlich auf
eine Opec-Förderung von nur 32,5 Mill. bpd zu kommen, müssten sich
die Mitglieder des Kartells bereiterklären, ihre Förderung um 900.000
bpd zu kürzen. Angesichts der Zwietracht innerhalb der Organisation
erscheint dies unrealistisch.
Wie die Internationale Energieagentur IEA schätzt, wird eine
Opec-Produktion von 32,5 Mill. bpd die weltweiten Lagerbestände im
Jahresverlauf wohl nur um 36,5 Mill. Barrel reduzieren. Angesichts
der Tatsache, dass die gelagerten Mengen derzeit um 322 Mill. Barrel
über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre liegen, fällt das
kaum ins Gewicht. Es kommt also darauf an, auch große Produzenten
außerhalb der Opec wie Russland ins Boot zu holen, was aber schwierig
ist, da sogar innerhalb der Opec Länder wie Iran, aber auch Libyen,
Irak und Nigeria verlangen, von Obergrenzen grundsätzlich ausgenommen
zu werden.
Kurz- und mittelfristig sieht es also nicht danach aus, dass sich
der Ölpreis ausgehend vom aktuellen Niveau nachhaltig erholen wird.
Aber auch langfristig sind die Perspektiven aus Sicht der
Ölproduzenten und der Anleger alles andere als rosig. Zwar hat jetzt
noch einmal der Ölminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Suhail
al-Mazourei, darauf hingewiesen, dass in der globalen Ölindustrie
eine sehr große Anzahl von Erschließungs- und
Modernisierungsprojekten auf Eis liegt.
Unterlassene Investitionen könnten leicht zu einer Unterversorgung
in der Zukunft führen. Das galt zumindest in der Vergangenheit.
Allerdings werden fossile Energieträger immer schneller von
erneuerbaren Energiequellen abgelöst. So schätzt die Energieagentur,
dass 2015 erstmals weltweit mehr Energieerzeugungskapazitäten auf
Basis erneuerbarer Energien installiert worden sind als auf Basis
fossiler Energieträger. Bis 2021 soll der weltweite Marktanteil
erneuerbarer Energiequellen - ohne den Transportsektor - bei 42
Prozent liegen. In einem somit grundsätzlich veränderten Umfeld
dürfte der Ölpreis auch langfristig kaum nachhaltig steigen.
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