(ots) - taz-Kommentar von Gereon Asmuth zu Trumps
Wahlerfolg
Radikalität mit links
Straßen. Donald Trump will die Straßen wieder reparieren. Und
Brücken. Und Tunnel, Flughäfen, Schulen, Krankenhäuser auch. All das
hat der künftige Präsident versprochen in seiner kurzen Rede nach dem
Wahlsieg. The Donald hat einen Trumpf: Er weiß, dass Politik beim
Wähler ankommen muss. Der kleine Mann, die kleine Frau will sehen,
dass sich etwas ändert. Und was ist sichtbarer als der Zustand der
Straße vor der Haustür? So gewinnt man das Vertrauen der Wähler.
All das könnte die politische Linke auch. Sie müsste es sogar,
wenn sie das Feld nicht den Trumps dieser Welt überlassen will, die
selbst so etwas Neutrales wie Straßenreparatur mit Xenophobie
("unsere Straßen" - nicht die der anderen), Chauvinismus ("unsere
Infrastruktur wird allen anderen überlegen sein") und gnadenlosem
Populismus (wie soll das eigentlich finanziert werden ohne
Steuererhöhung?) garnieren kann.
Warum aber tut die gesellschaftliche Linke es dann nicht? Weil in
den letzten Jahrzehnten der Ausgleich in der Mitte als Allheilmittel
vergöttert wurde. Weil¯aufgrund angeblich gesellschaftlicher Zwänge
immer erst die Banken gerettet werden müssen statt die Bürger. Weil
stets argumentiert wird, die Straßen, Schulen, Krankenhäuser könnten
nicht repariert werden, weil das Geld fehle, anstatt die überfällige
Umverteilung von oben nach unten anzugehen.
Das größere Problem aber ist: Selbst wenn die sich irgendwie immer
noch links fühlenden Parteien ein tatsächlich linkes Programm hätten,
würde ihnen weiter das Vertrauen der Wähler fehlen, dass irgendwas
davon auch umgesetzt wird. Das gilt für die Demokraten in den USA
genauso wie für die Sozialisten in Frankreich, die PSOE in Spanien
oder die SPD in Deutschland. Denn eine politische Klasse, die mit
einer an Obszönität grenzenden Lässigkeit bei erstbester Gelegenheit
ins Bett des Großkapitals hüpft, muss sich nicht wundern, wenn das
Wahlvolk kopfschüttelnd davonrennt (und - so idiotisch das ist -
lieber gleich den Großkapitalisten wählt). Wenn die gesellschaftliche
Linke dem offenbar weltweiten Aufschwung der Rechtspopulisten Paroli
bieten will, dann ist eine radikale Kompromisslosigkeit in Programm
und Personal unumgänglich.
Eine Garantie für einen Erfolg wäre das nicht. Aber wenn es keine
echte Alternative von links gibt, wird die jetzt noch in vielen
Länder regierende etablierte Konsensmitte schon sehr bald von ganz
rechts weggefegt werden. Von Marine Le Pen in Frankreich. Von Norbert
Hofer in Österreich. Von Frauke Petry in Deutschland.
Ein AfD-Sieg ist undenkbar? Das haben bei Trump auch die meisten
gedacht.
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