(ots) - Die gesellschaftliche Teilhabe von Migrant*innen in
Deutschland hat in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gemacht,
muss sich jedoch gerade heute noch weiter verbessern. Fünfzig
Migrant*innenorganisationen machen der Bundeskanzlerin beim 9.
Integrationsgipfel konkrete Vorschläge, wie das ab 2017 erreicht
werden kann. Unter anderem wird eine Änderung des Grundgesetzes
gefordert - und dass die interkulturelle Öffnung von Organisationen
und Institutionen bundesweit Chefsache wird.
In Deutschland haben 21 Prozent der Menschen eine
Einwanderungsgeschichte - mehr als je zuvor. Aber ihr Anteil unter
den Bundestagsabgeordnet*innen beträgt beispielsweise nur 5 Prozent.
Dieses Repräsentationsdefizit zieht sich durch viele Bereiche und
Berufsgruppen und betrifft unter anderem Landes- und
Kommunalparlamente, Parteien und Verbände, Behörden und öffentliche
Einrichtungen sowie den Medien- und Kulturbetrieb. Auch beim Zugang
zu Leistungen und Angeboten von Organisationen und Institutionen in
Deutschland erleben viele Menschen mit Einwanderungsgeschichte
weiterhin Benachteiligungen.
Was in dieser Debatte bisher oft fehlt, sind positive
Zukunftsbilder und Veränderungsziele. Über 50
Migrant*innenorganisationen aus ganz Deutschland haben daher vor dem
9. Integrationsgipfel am 14. November ein gemeinsames "Impulspapier
der Migrant*innenorganisationen zur Teilhabe in der
Einwanderungsgesellschaft. Wie interkulturelle Öffnung jetzt gelingen
kann!" erarbeitet.
Auch das Multikulturelle Forum e.V. hat sich daran beteiligt.
Kenan Küçük, Leiter des Multikulturellen Forums, erklärt warum: "Es
ist noch viel Aufbauarbeit zu leisten, wenn wir gleichberechtigte
Teilhabe erreichen wollen. Wir reden nun mit der Bundesregierung
darüber, wie interkulturelle Öffnung in Organisationen und
Institutionen ankommen und gemeinsam positiv gestaltet werden kann."
Damit wollen die Organisationen eine nachhaltige Veränderung
erreichen. "Menschen mit und ohne Einwanderungsgeschichte sollen
gemeinsam Verantwortung für die Zukunft Deutschlands übernehmen.",
sagt Küçük.
In dem Impulspapier werden vier Veränderungsziele zur
Interkulturellen Öffnung priorisiert:
- In Organisationen und Institutionen, wie Vereine, Verbände,
Parteien und öffentliche Verwaltungen, sind Strategien zur
interkulturellen Öffnung umgesetzt sowie Vielfalt und Teilhabe
gelebte Grundüberzeugungen.
- Migrant*innenorganisationen werden in Prozesse der
interkulturellen Öffnung eingebunden und dafür in ihrer
Professionalisierung unterstützt. Es gibt ausreichend
Strukturfördermittel und Anlaufstellen für Prozesse der
Interkulturellen Öffnung in Organisationen und Institutionen.
- Der Anteil von Menschen mit Einwanderungsgeschichte, die
Entscheidungsfunktionen wahrnehmen, hat sich in Organisationen und
Institutionen deutlich erhöht.
- Organisationen und Institutionen erbringen ihre Leistungen in
gleicher Qualität für alle Bürger*innen unabhängig von deren
Herkunft. Menschen erfahren keine institutionelle Diskriminierung und
begegnen keinen sprachlichen und kulturellen Barrieren.
Um diese Ziele wirksam zu erreichen, schlagen die
Migrant*innenorganisationen insgesamt 29 Maßnahmen vor - unter
anderem eine Änderung des Grundgesetzes, um gleichberechtigte
Teilhabe in der Einwanderungsgesellschaft zu verankern. Das neue
Staatsziel soll festschreiben, dass die Bundesrepublik ein
"vielfältiges Einwanderungsland" ist und gleichberechtigte Teilhabe,
Chancengerechtigkeit und Integration fördert.
"Erst wenn Vielfalt und Teilhabe gelebte Grundüberzeugungen in
unserer Gesellschaft sind, können gleiche Chancen für alle geschaffen
sein. Das Staatsziel verankert in der Verfassung, dass Deutschland
ein vielfältiges Einwanderungsland ist und verpflichtet die
Staatsorgane das umzusetzen.", sagt Dilmaghani, Vorsitzender von
DeutschPlus.
Bei den weiteren Maßnahmen geht es unter anderem um die
Verabschiedung eines echten Bundespartizipations- und
Integrationsgesetzes, die Einführung eines Nationalen Rates zur
Interkulturellen Öffnung, die Förderung interkultureller
Öffnungsprozesse in Organisationen sowie von deren Angebote und
Leistungen, die Führungskräfteentwicklung von Menschen mit
Migrationshintergrund sowie die gesetzliche Verankerung und
Erweiterung des Diskriminierungsschutzes. "Unser umfassender
Maßnahmenkatalog basiert auf wissenschaftlicher Expertise, guten
Beispielen aus der Praxis und internationalen Erfahrungen". so Dr.
Sylvie Nantcha, Vorsitzende von The African Network in Germany.
Auch ihre eigenen Beiträge zu diesen Maßnahmen haben die
Migrant*innenorganisationen erarbeitet. Sie können z.B. als
Dialogpartner und professionelle Vielfaltsberater*innen
Organisationen aktiv unterstützen, selbst als Multiplikator*innen
wirken und sich für die politische Bildung ihrer Zielgruppen
einsetzen. Dafür brauchen sie jedoch - gerade in dieser Zeit - noch
mehr Verlässlichkeit und Planbarkeit ihrer Aktivitäten.
"Migrant*innenorganisationen sind Impulsgeber und Brückenbauer, damit
interkulturelle Öffnung für beide Seiten gelingen kann. Dafür muss
die strukturelle Förderung von Migrant*innenorganisationen erheblich
ausgebaut werden", betont Martin Gerlach, Geschäftsführer der
Türkischen Gemeinde in Deutschland.
Den Integrationsgipfel und den Austausch mit Frau Bundeskanzlerin
Merkel sehen die Organisationen als Auftakt. In den nächsten Monaten
sollen mit der Bundesregierung, Parteien, Verbänden und weiteren
Organisationen intensiv zu den Vorschlägen Gespräche geführt werden.
Das Impulspapier wurde von Migrant*innenorganisationen in einem
breiten Beteiligungsprozess erstellt und ist ein Beitrag im
Schwerpunktjahr "Partizipation" der Beauftragten der Bundesregierung
für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Aydan
Özoguz. Die PHINEO gAG begleitete den Prozess.
Das Impulspapier zum Download (pdf):
http://bit.ly/Impulspapier_MigrantInnenorganisationen
Pressekontakt:
Türkische Gemeinde in Deutschland: Martin Gerlach
(martin.gerlach(at)tgd.de; 030 23635100)
DeutschPlus e.V.: Anna Graefe (anna.graefe(at)deutsch-plus.de;
0151 53750033)
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