(ots) - Die Zahl der Infektionen ist stabil, könnte aber
niedriger sein. Prävention jetzt ausbauen mit medikamentöser
Prophylaxe, Spritzenvergabe in Haft / 13.000 Menschen wissen nichts
von ihrer Infektion. Deutsche AIDS-Hilfe rät: Im Zweifel testen
lassen
Die Zahl der HIV-Neuinfektionen lag im letzten Jahr stabil bei
3.200 pro Jahr. Das hat heute das Robert-Koch-Institut in seinem
Epidemiologischen Bulletin mitgeteilt.
Dazu erklärt Sylvia Urban vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe:
"Verglichen mit anderen europäischen Ländern, liegt die Zahl der
Neuinfektionen in Deutschland seit Jahren konstant auf niedrigem
Niveau. Das ist ein Erfolg der Prävention. Aber: Die Zahl könnte noch
niedriger sein. Denn zurzeit sind einige hoch wirksame Maßnahmen zur
Vermeidung von HIV-Infektionen in Deutschland nicht zugänglich. Wer
Neuinfektionen senken will, muss alle wirksamen Mittel verfügbar
machen!"
In Einklang mit den Handlungsempfehlungen des RKI fordert die
Deutsche AIDS-Hilfe drei wesentliche Erweiterungen der HIV-Prävention
in Deutschland:
- Die Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP), bei der HIV-Medikamente
vorbeugend eingenommen werden, verhindert zuverlässig
Infektionen bei Menschen mit besonders hohem Risiko. Seit diesem
Jahr ist sie in Deutschland verschreibungsfähig, doch für die
Finanzierung gibt es bisher keine Lösung. Der zuständige
Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) von Ärzten und Krankenkassen
äußert sich nicht, der Hersteller Gilead beharrt auf dem hohen
Preis von über 800 Euro pro Monat. Die Folge sind vermeidbare
HIV-Infektionen.
DAH-Vorstand Sylvia Urban: "Das Kondom bleibt für die meisten
Menschen das wichtigste Mittel, um sich vor HIV zu schützen, es
reduziert zudem das Risiko anderer Geschlechtskrankheiten. Die PrEP
ist jedoch für schwule Männer mit besonders hohem Risiko eine
unverzichtbare Ergänzung der Schutzmöglichkeiten. Sie bewahrt
Menschen vor einer HIV-Infektion und erspart Therapiekosten. Was
wirkt, muss auch zur Anwendung kommen!"
- Bei Menschen, die intravenös Drogen konsumieren, ist die
Verfügbarkeit von sauberen Spritzen das entscheidende Mittel, um
HIV- und Hepatitis-Ãœbertragungen zu verhindern. Das RKI betont,
entsprechende Präventionsmaßnahmen müssten verstärkt werden. Die
Deutsche AIDS-Hilfe betont: In deutschen Haftanstalten sind
bisher keine sauberen Spritzen verfügbar. In Bayern erhalten
Häftlinge zudem meist auch keine Substitutionstherapien, so dass
Abhängige wieder an der Nadel landen. Aufgrund der
Strafverfolgung von Drogenkonsument_innen befinden sich viele
von ihnen in Haft, bundesweit ist rund 1% der Häftlinge
HIV-positiv, rund 20% sind mit dem Hepatitis-C-Erreger HCV
infiziert.
"Menschen einem drastisch erhöhten Infektionsrisiko die
Schutzmaßnahmen zu entziehen ist irrational und hoch gefährlich",
sagt DAH-Vorstand Sylvia Urban. "In deutschen Gefängnissen werden
HIV- und HCV-Infektionen fahrlässig herbeigeführt."
- Angebote für freiwillige und anonyme HIV-Tests müssen weiter
ausgebaut werden, insbesondere für schwule und bisexuelle
Männer, Drogenkonsument_innen und Migrant_innen. Denn wenn eine
HIV-Infektion diagnostiziert und erfolgreich behandelt wird,
kann sie nicht voranschreiten und HIV ist dann nicht mehr
übertragbar. Die Deutsche AIDS-Hilfe fordert entsprechend den
Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts mit Nachdruck, Menschen
ohne Papiere und EU-Ausländern ohne Krankenversicherung endlich
den anonymen Zugang zur Therapie zu eröffnen.
"Medizinische Behandlung ist ein Menschenrecht und ein Gebot der
Vernunft. Es ist beschämend, dass diese Lücke in der deutschen
Gesundheitsversorgung noch immer Bestand hat", so Urban.
Im Zweifel zum HIV-Test
Knapp 13.000 Menschen in Deutschland wissen nichts von ihrer
HIV-Infektion, viele sind schon seit Jahren infiziert. Sie erhalten
dementsprechend keine Therapie und es kann zu unwissentlichen
HIV-Ãœbertragungen kommen.
"Wer ein HIV-Risiko eingegangen ist, sollte sich testen lassen",
betont Sylvia Urban. Ärztinnen und Ärzte sollten HIV-Tests häufiger
anbieten. Schwulen Männern rät die Deutsche AIDS-Hilfe aufgrund der
höheren Bedrohung durch HIV zu jährlichen Routine-Checks.
Bericht auf aidshilfe.de: http://ots.de/P0fLV
Weitere Informationen: PrEP: https://www.aidshilfe.de/hiv-prep
Versorgung von Menschen ohne Papiere: http://ots.de/P0fLV
Die Geschichte einer HIV-Diagnose, die fast zu spät kam:
http://ots.de/EvgfX
Pressekontakt:
Deutsche AIDS-Hilfe
Holger Wicht
Tel. 030 69 00 87 16
holger.wicht(at)dah.aidshilfe.de
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