PresseKat - Türkische Justiz muss Anklage gegen Can Dündar fallenlassen - ROG unterstützt mit Stipendium

Türkische Justiz muss Anklage gegen Can Dündar fallenlassen - ROG unterstützt mit Stipendium

ID: 1424669

(ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die türkische
Justiz auf, die Anklagen gegen die Journalisten Can Dündar und Erdem
Gül sofort fallenzulassen. Am (morgigen) Mittwoch wird in Istanbul
das Verfahren gegen den ehemaligen Chefredakteur und den
Ankara-Büroleiter der oppositionellen Zeitung Cumhuriyet wegen
angeblicher Unterstützung einer terroristischen Organisation
fortgesetzt. Derzeit unterstützt ROG Dündar mit einem Stipendium,
damit er vom Exil in Deutschland aus seine journalistische Arbeit
fortsetzen kann.

"Can Dündar und Erdem Gül sind angeklagt, weil sie ihre
journalistische Arbeit getan haben. Ihr Fall steht symbolisch für die
Willkür, mit der die türkische Regierung reihenweise gegen kritische
Journalisten vorgeht", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Die
türkische Justiz muss die beiden Journalisten freisprechen."

Ende Mai 2015 hatte die Zeitung Cumhuriyet Indizien für eine
Beteiligung des türkischen Geheimdienstes an Waffenlieferungen an
Islamisten in Syrien veröffentlicht. Staatspräsident Recep Tayyip
Erdogan persönlich drohte daraufhin, Dündar werde einen hohen Preis
für die Veröffentlichung bezahlen und nicht ungestraft davonkommen
(http://t1p.de/0lly). Dündar und Gül wurden Ende November 2015
verhaftet und saßen drei Monate in Untersuchungshaft
(http://t1p.de/m19k).

Im vergangenen Mai verurteilte die Justiz Dündar wegen
Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen zu fünf Jahren und zehn
Monaten Haft, Gül erhielt eine Strafe von fünf Jahren. Gegen das
Urteil haben beide Berufung eingelegt (http://t1p.de/x4yn).
Zusätzlich wurde im September ein Prozess gegen beide Journalisten
wegen angeblicher Unterstützung einer terroristischen Organisation
eröffnet.

INTENSIVE UNTERSTÃœTZUNG DURCH REPORTER OHNE GRENZEN

Kurz vor der Inhaftierung der beiden Cumhuriyet-Journalisten hatte




Reporter ohne Grenzen die Zeitung im November 2015 für ihre Rolle als
Vorkämpferin für die Pressefreiheit als Medium des Jahres
ausgezeichnet (http://t1p.de/4s2w). Reporter ohne Grenzen hat sich
seitdem mit Online-Petitionen (http://t1p.de/ggpw),
Öffentlichkeitsarbeit und politischer Lobbyarbeit intensiv für Dündar
eingesetzt.

Im April trafen ROG-Vertreter zusammen mit seiner Ehefrau Dilek
Dündar hochrangige Parlaments- und Regierungsvertreter in Berlin
(http://t1p.de/zrgf). Nachdem Can Dündar wieder ins Ausland reisen
durfte, folgten Begegnungen unter anderem zwischen ihm und
Bundestagspräsident Norbert Lammert, Außenminister Frank-Walter
Steinmeier, dem außenpolitischen Berater der Bundeskanzlerin,
Christoph Heusgen, und Regierungssprecher Steffen Seibert
(http://t1p.de/pzpf). Vergangene Woche traf Dündar in Begleitung von
ROG-Geschäftsführer Christian Mihr Bundespräsident Joachim Gauck zum
Gespräch (http://t1p.de/pkzo).

Seit September finanziert Reporter ohne Grenzen Dündar ein
Stipendium. Er ist im Besitz eines Passersatzes, mit dem er in Europa
frei reisen kann (http://t1p.de/ah0f). Seine Frau darf die Türkei
hingegen nicht verlassen. Anfang September wollte sie nach Berlin
fliegen, die türkischen Behörden zogen bei der Passkontrolle jedoch
ihren Pass ein und erklärten diesen für ungültig.

ZAHLREICHE JOURNALISTEN WEGEN ANTI-TERROR-GESETZEN VOR GERICHT

Allein im dritten Quartal dieses Jahres standen in der Türkei laut
der ROG-Partnerorganisation Bianet 117 Journalisten wegen Vorwürfen
auf Grundlage der Anti-Terror-Gesetze vor Gericht. Für sie verlangten
die Staatsanwaltschaften insgesamt 880 Jahre und sechs Monate Haft.
Dutzende weitere Journalisten mussten sich wegen Vorwürfen wie
Mitgliedschaft in bzw. Unterstützung einer terroristischen
Organisation, Veröffentlichung vertraulicher Dokumente zur nationalen
Sicherheit oder Verunglimpfung des Präsidenten verantworten.
Insgesamt liefen im dritten Quartal Prozesse gegen 226 Journalisten,
denen Haftstrafen von insgesamt 2235 Jahren und vier Monaten drohten
(http://t1p.de/hac9).

Auch der langjährige Türkei-Korrespondent von Reporter ohne
Grenzen, Erol Önderoglu, steht vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft
wirft ihm wegen der Teilnahme an einer Solidaritätsaktion mit der
pro-kurdischen Zeitung Özgür Gündem "Propaganda für eine
terroristische Organisation" vor. Zu Prozessbeginn vergangene Woche
wies Önderoglu die Anschuldigungen zurück und betonte, er habe nur
sein Recht auf Meinungsfreiheit ausgeübt (http://t1p.de/8pp4). Den
Antrag der Verteidigung, die Anklage fallen zu lassen, lehnte das
Gericht ab. Der Prozess wird am 11. Januar 2017 fortgesetzt
(http://t1p.de/op3p).

Derzeit sitzen laut Angaben der unabhängigen türkischen
Medienplattform P24 mindestens 140 Journalisten in der Türkei in
Haft (http://t1p.de/kszn). Mindestens 140 Medien wurden seit
Verkündung des Ausnahmezustands geschlossen. Auf der jährlichen
Rangliste der Pressefreiheit stand die Türkei schon vor dem
Putschversuch im Juli auf Platz 151 von 180 Staaten. Weitere
Informationen zur Lage der Journalisten und Medien vor Ort finden Sie
unter www.reporter-ohne-grenzen.de/türkei.



Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska / Christoph Dreyer / Anne Renzenbrink
presse(at)reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de/presse
T: +49 (0)30 609 895 33-55
F: +49 (0)30 202 15 10-29

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Datum: 15.11.2016 - 12:08 Uhr
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