(ots) - "Tierwohl im internationalen Handel - ethischer
Grundwert oder Handelshemmnis?" Dieser spannenden Frage widmete sich
die "Internationale Geflügelkonferenz" am Rande der EuroTier, die der
Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) gemeinsam mit
dem European Poultry Club (EPC) und der Deutschen
Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) als Fachveranstaltung für die
gesamte Branche der Geflügelwirtschaft weltweit organisiert hatte.
Fünf hochkarätige Podiumsgäste aus der Wirtschaft und verschiedenen
internationalen Institutionen gaben vor mehr als 200 Fachbesuchern
aus aller Welt spannende Impulse aus verschiedenen Blickwinkeln und
diskutierten gleichermaßen konstruktiv wie kontrovers. Fazit nach
einer gut anderthalbstündigen, sehr vielschichtigen Diskussion:
Während international einheitliche Standards heute auf den Bereich
der Lebensmittelsicherheit beschränkt sind, braucht es künftig auf
Welthandelsebene auch gemeinsame Standards für eine tiergerechte
Haltung. Allein: Wie genau diese Standards aussehen könnten - darüber
gehen die Meinungen stark auseinander.
Agrarökonom Prof. Dr. Harald von Witzke von der
Humboldt-Universität zu Berlin führte mit einem Impulsvortrag
inhaltlich in das Thema ein und richtete dabei insbesondere den Blick
auf die weltweit steigende Nachfrage nach Geflügelfleisch und Eiern
bei einem insgesamt begrenzten Angebot an landwirtschaftlich
nutzbaren Flächen. Sein Credo mit Blick auf die Aspekte
Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz: "Es gibt keine Alternative
zur modernen Geflügelfleischerzeugung!" Von Witzke wandte sich gegen
Handelsbeschränkungen oder Importzölle zur Umsetzung international
vergleichbarer Tierwohlstandards, die einzig sinnvolle Lösung sei
vielmehr das für Verbraucher nachvollziehbare, glaubwürdige und
transparente Ausweisen unterschiedlicher Standards, sodass der
Verbraucher auf dieser Grundlage eine aufgeklärte Kaufentscheidung
treffen könne. "Wir brauchen die Souveränität und Autonomie des
Verbrauchers."
In der sich anschließenden Diskussion, souverän moderiert von der
Autorin und Journalistin Dr. Tanja Busse, forderte Dr. Alex
Thiermann, Veterinärmediziner aus Chile und Vertreter der
Weltorganisation für Tiergesundheit OIE, die EU-Staaten zu einem
deutlich offensiveren Vorgehen in Bezug auf die geforderten
Einfuhrstandards auf. "Warum stellt die EU hier nicht
tierwohlorientierte, kriterienbasierte Vorgaben auf, die ganz
konkrete Grenzwerte zum Beispiel für Fußballenverletzungen
vorschreiben?" Durch derartige Regeln sowohl für die eigene Erzeugung
als auch für den Import könne die EU erheblich zur Anhebung der
internationalen Tierwohlstandards beitragen.
Paul Lopez, Geflügelfleischproduzent aus Frankreich ("bei uns wird
das Thema Tierwohl lange nicht so intensiv diskutiert wie in
Deutschland") und Präsident des europäischen
Geflügelschlachtereienverbandes a.v.e.c., stellte die Forderung auf,
die Importstandards müssten den hohen europäischen Standards bei der
Erzeugung von Geflügelfleisch und Eiern entsprechen. Hierbei verdiene
das anerkannt hohe Maß der europäischen Prozessqualität eine
besondere Würdigung: "Wir brauchen den ,farm-to-fork'-Ansatz, wir
müssen die gesamte Erzeugungskette betrachten - nicht allein das, was
im Schlachthof ankommt." Zugleich sei bei der gesamten Diskussion zum
Thema Tierwohl zu bedenken, dass die Branche nicht für die Nische
produziere, sondern für den Weltmarkt.
Mit Ricardo Santin, einem hochrangigen Vertreter der
brasilianischen Geflügelwirtschaft und dem Vizepräsidenten des
International Poultry Councils (IPC), war ein Vertreter ebendieses
Weltmarktes anwesend. Brasilien müsse für den Handel mit der EU hohe
Tierwohlanforderungen erfüllen und könne dies auch, so Santin:
"Allein das Klima gibt uns die Möglichkeit, Geflügel in niedrigen
Besatzdichten und auch im Freiland zu halten."
Dr. Michael Scannell, stellvertretender Generaldirektor der
Europäischen Kommission für den Bereich Lebensmittelsicherheit, hob
hervor, die EU sei viel zu lange viel zu geduldig mit ihren
Handelspartnern gewesen, Restriktionen habe es kaum jemals gegeben.
Jetzt drohe aber Gefahr von gleich zwei Fronten: Der
Lebensmitteleinzelhandel fordere zunehmend vergleichbare
Tierwohlstandards für Importe - und auch der Verbraucher werde
ungeduldig. Scannell lobte das europäische System als außergewöhnlich
transparent und effizient und warnte vor diesem Hintergrund mit
Nachdruck: "Wir müssen offensiver werden, unsere Interessen zu
vertreten! Die Verbraucher werden diese unterschiedlichen Standards
beim Tierwohl nicht länger hinnehmen."
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