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Philippinen: Zwei dominierende Medienkonzerne, intransparente Besitzverhältnisse / ROG stellt Media Ownership Monitor vor

ID: 1425612

(ots) - Obwohl die Medien der Philippinen zu den freiesten
in Südostasien gezählt werden, zeigen ihre Besitzstrukturen enge
Verflechtungen mit der wirtschaftlichen und politischen Elite des
Landes. Zwei große Rundfunkkonzerne dominieren die Medienlandschaft
und haben damit potenziell erheblichen Einfluss auf die öffentliche
Meinung. Die Besitzstrukturen vieler Medien sind zwar auf den ersten
Blick legal, aber zugleich so verschachtelt, dass die eigentlichen
Besitzer und wirtschaftlichen Nutznießer im Dunkeln bleiben.

Dies zeigen die Ergebnisse dreimonatiger Recherchen im Rahmen des
weltweiten Projekts Media Ownership Monitor (MOM), die Reporter ohne
Grenzen (ROG) zusammen mit der philippinischen Partnerorganisation
VERA Files am Donnerstag in Manila vorgestellt hat. Die detaillierten
Ergebnisse sind ab sofort unter http://philippines.mom-rsf.org
abrufbar.

"Die Medien in den Philippinen sind zwar kaum offener politischer
Einflussnahme ausgesetzt, aber in fast allen Medienunternehmen
schränken ebenso diskrete wie starke Verflechtungen zwischen
geschäftlichen und politischen Interessen die inhaltliche
Unabhängigkeit ein", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Die
geltenden Gesetze fördern weder wirksam Markttransparenz noch
verhindern sie mögliche Interessenkonflikte. Der Media Ownership
Monitor sollte eine Debatte über eine wirksamere, unabhängige
Regulierung speziell für den Medienmarkt anstoßen. Die Medienbranche
der Philippinen sollte auf allen Ebenen daran arbeiten, die
Eigentumsverhältnisse transparenter zu machen."

"Die Macht der Medien liegt in ihrer Funktion, Informationen
öffentlich zur Diskussion zu stellen. Eine informierte Öffentlichkeit
bringt mündige Bürger hervor", ergänzte VERA-Files-Präsidentin Ellen
T. Tordesillas. "Deshalb muss die Öffentlichkeit erfahren, wer hinter




ihren Nachrichtenmedien steht und welche politischen und
wirtschaftlichen Verflechtungen die Besitzer haben. Erst dadurch
können die Bürger die Qualität und Glaubwürdigkeit der von den Medien
verbreiteten Nachrichten angemessen einschätzen."

Die Philippinen sind regelmäßig unter den Ländern mit den meisten
Morden an Journalisten: Allein im Jahr 2015 wurden sieben
Journalisten ermordet. Mindestens drei von ihnen starben wegen ihrer
journalistischen Tätigkeit; in den übrigen Fällen konnte dies wegen
der mangelnden Strafverfolgung solcher Taten bislang nicht geklärt
werden (http://t1p.de/y0b7). Auch die bis heute wohl folgenschwerste
einzelne Gewalttat gegen Journalisten fand auf den Philippinen statt.
Im November 2009 wurden bei einem Massaker in der Provinz Maguindanao
32 Medienschaffende ermordet.

Vor diesem Hintergrund hatte der neue Präsident Rodrigo Duterte
kurz nach seiner Wahl im vergangenen Sommer mit einer Äußerung für
Empörung gesorgt, die nahelegte, dass korrupte Journalisten legitime
Mordziele seien (http://t1p.de/y51e).

HOHE MARKTKONZENTRATION IN ALLEN MEDIENGATTUNGEN

Wirtschaftlich dominieren die beiden Konzerne ABS-CBN Corporation
und GMA Network den Medienmarkt. Gemessen am Umsatz der 29 größten
Medienunternehmen der Philippinen, kommen sie zusammen auf einen
Marktanteil von 79 Prozent. Obwohl nicht für alle Medienunternehmen
die Werbeetats in Erfahrung zu bringen waren, ist die Tendenz
erkennbar, dass besonders die beiden großen Medienkonzerne von
Werbeeinnahmen profitieren; der Löwenanteil entfällt auf die
Fernsehsender.

ABS-CBN wie auch GMA Network sind in mehreren Mediengattungen
tätig und betreiben die populärsten Medien. Zusammen erreichen sie
mit ihren Fernsehsendern ABS-CBN2, ABS-CBN Sports and Action sowie
GMA7 und GNTV 81 Prozent des Fernsehpublikums und mit ihren
UKW-Sendern DZMM 630 (ABS-CBN) und DZBB 594 (GMA Network) 47 Prozent
der Radiohörer. Fernsehen und Radio sind in den Philippinen die
meistgenutzten Mediengattungen, und das Fernsehen gilt als die mit
Abstand glaubwürdigste Quelle für politische Informationen. Damit
dürften die beiden großen Medienkonzerne einigen Einfluss auf die
öffentliche Meinung haben.

Beide Konzerne betreiben zudem beliebte, zunehmend relevante
Nachrichten-Webseiten. Der Markt für Printmedien verteilt sich nicht
zuletzt dank einer Vielzahl von Boulevard- wie auch seriösen Titeln
gleichmäßiger auf eine größere Zahl von Besitzern; die größere
Leserschaft entfällt dabei auf die unterhaltungsorientierten
Boulevardblätter.

MEDIEN IM BESITZ DER POLITISCHEN UND WIRTSCHAFTLICHEN ELITE

Fünf Familien unter den laut Forbes-Liste 50 reichsten Menschen
der Philippinen sind in der Medienbrache tätig. Vier von ihnen sind
hauptsächlich durch den Mediensektor reich geworden. Angeführt wird
die Liste der Medien-Milliardäre von der Familie Lopez: Oscar M.
Lopez ist der zweite Sohn des Gründers der Lopez Group und der
ABS-CBN Corporation, Eugenio H. Lopez. Dieser war ein Sohn des
früheren Gouverneurs der Provinz Iloilo, Benito Lopez, und der ältere
Bruder des ehemaligen Vizepräsidenten Fernando Lopez.

Die Mediengruppe GMA Network wird von einem Dreigestirn
kontrolliert: Menardo Jimenez, Felipe Gozon und dem ehemaligen
Kongressabgeordneten Gilberto Duavit. Duavits Sohn Gilberto junior
fungiert als Geschäftsführer, während dessen jüngerer Bruder Michael
den Vorstand verlassen hat, um sich auf seine politische Karriere zu
konzentrieren. Duavits Schwager Menardo Jimenez, der ehemalige
Präsident von GMA Network, hält immer noch beträchtliche Anteile am
Unternehmen und arbeitet zugleich als Berater der Investmentbank
First Metro Investment. Vor der jüngsten Präsidentenwahl soll im
ersten Quartal dieses Jahres Wahlwerbung zu einer Gewinnsteigerung um
150 Prozent beigetragen haben.

Der im Bankgeschäft reich gewordenen Familie Yap gehört der Verlag
Manila Bulletin Publishing, in dem die beliebteste seriöse Zeitung
Manila Bulletin sowie die Boulevardblätter Balita und Tempo
erscheinen.

Trotz solcher Verflechtungen mit der politischen und
wirtschaftlichen Elite hat es in der jüngeren Vergangenheit - anders
als noch unter dem früheren Präsidenten Joseph Estrada - keine
gezielte Benachteiligung bestimmter Medien wegen deren kritischer
Berichterstattung gegeben. Dennoch besteht die Gefahr, dass die
politische Elite die wirtschaftlichen Abhängigkeiten einmal ausnutzen
und damit die jeweiligen Medien schädigen könnte.

TRANSPARENZ NUR AN DER OBERFLÄCHE

In den Philippinen registrierte Unternehmen müssen ihre
Besitzstrukturen der Börsenaufsicht SEC offenlegen, deren
Informationen gegen Gebühren einsehbar sind. Doch viele Unternehmen
verschleiern mithilfe mehrschichtiger Besitzstrukturen ihre
eigentlichen wirtschaftlichen Nutznießer. Diese komplexen Strukturen
sind zwar legal und lassen sich theoretisch auch nachverfolgen,
allerdings nur mit enormem Rechercheaufwand für jedes einzelne
Medienunternehmen. "Die Medien fordern zwar Transparenz von der
Regierung und anderen Stellen ein, sind selbst aber längst nicht so
transparent, wie sie es eigentlich sein sollten", kritisierte
VERA-Files-Präsidentin Tordesillas.

Die Motive für die Schaffung solcher Unternehmensstrukturen und
ihre häufige Veränderung sind zweifelhaft. Eine denkbare Erklärung
ist der Wunsch, ausländische Besitzer zu verschleiern. Dies scheint
etwa für den Medien- und Telekommunikationskonzern von Manuel V.
Pangilinan zuzutreffen, der sich zu einem indonesischen Investor
zurückverfolgen lässt.

In den Philippinen gibt es keine gesetzlichen Schutzmechanismen
gegen Medienbesitzkonzentration. Die durch ein Gesetz von 2014
geschaffene Wettbewerbskommission muss noch zeigen, inwieweit sie
eine Monopolbildung auf dem Medienmarkt überwachen, verhindern oder
aufbrechen kann.

Eine Besonderheit des philippinischen Medienmarkts ist die Rolle
religiöser Institutionen wie der katholischen Kirche (Radyo Veritas)
und der Iglesia ni Cristo (INC TV). Offiziell sind die Philippinen
zwar ein säkularer Staat, dessen Verfassung die Trennung von Kirche
und Staat garantiert. In der Praxis nimmt jedoch die Iglesias ni
Cristo durch Wahlempfehlungen an ihre Anhänger und die Unterstützung
von Kandidaten für politische Schlüsselpositionen erheblichen
Einfluss.

MEDIA OWNERSHIP MONITOR - EIN GLOBALES RECHERCHEINSTRUMENT

Der Media Ownership Monitor Philippinen wurde von Reporter ohne
Grenzen zusammen mit VERA Files zwischen August und November 2016
durchgeführt. Das Projekt hat die rechtlichen Rahmenbedingungen, die
Medienkonzentration und die Besitzstrukturen der 46 meistgenutzten
Medien der Philippinen untersucht.

Der Media Ownership Monitor ist ein internationales Projekt von
Reporter ohne Grenzen, das mit Mitteln des Bundesministeriums für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung umgesetzt wird.
Gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen wurde er 2015 erstmals in
Kolumbien und Kambodscha durchgeführt. Weitere Projektländer im
laufenden Jahr sind die Ukraine, die Türkei, Peru und die Mongolei.
Weitere Länder sind in Planung.

Die philippinische Partnerorganisation VERA Files
(http://verafiles.org) ist ein Zusammenschluss langjähriger
Journalisten, die durch aufwendige Rechercheprojekte sowie durch
Fortbildung und Mentoring Qualität im Journalismus fördern will.

WEITERFÃœHRENDE INFORMATIONEN:

- Projektwebseite MOM Philippinen (Englisch und bald Tagalog):
http://philippines.mom-rsf.org
- Globale MOM-Webseite (Englisch): http://www.mom-rsf.org
- Mehr zum Projekt Media Ownership Monitor (Deutsch):
www.reporter-ohne-grenzen.de/mom
- Mehr zur Lage der Journalisten auf den Philippinen:
www.reporter-ohne-grenzen.de/philippinen



Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska / Christoph Dreyer / Anne Renzenbrink
presse(at)reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de/presse
T: +49 (0)30 609 895 33-55
F: +49 (0)30 202 15 10-29

VERA Files
Ellen Tordesillas, Trustee
editorial(at)verafiles.org

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Datum: 17.11.2016 - 09:03 Uhr
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