(ots) -
- Politische Herausforderungen in den USA und Europa prägen
Anlagejahr 2017
- Weltwirtschaft wächst um 3,5 Prozent, deutsches BIP halbiert
sich auf 1,0 Prozent
- US-Dollar steigt über Parität zum Euro
- DAX-Ziel für Ende 2017: 11.300 Punkte
Nach Einschätzung der Strategen der Deutschen Bank werden
Weltwirtschaft und Kapitalmärkte im Jahr 2017 maßgeblich durch
politische Entscheidungen bestimmt. Ihr Augenmerk richten die
Experten der Bank in ihrem heute in Frankfurt veröffentlichten
"Kapitalmarktausblick 2017" vor allem auf die Situation in den USA.
"Donald Trump hat im Wahlkampf sehr deutlich Stellung bezogen. Jetzt
muss er zeigen, welche Maßnahmen er als Präsident tatsächlich
umsetzen kann. Klar ist, dass die US-Konjunktur von seiner Politik
zumindest temporär profitieren wird", sagte Oliver Rakau, Volkswirt
bei Deutsche Bank Research. Im Mittelpunkt stünden neben einer
unternehmensfreundlichen Steuerreform auch Pläne für ein umfassendes
Investitionsprogramm. Nur das Ausmaß und der zeitliche Rahmen seien
noch unklar.
Kritisch sehen die Experten vor allem Tendenzen hin zu einer
restriktiveren Einwanderungs- sowie einer zunehmend
protektionistischen Wirtschaftspolitik - Entwicklungen, die auch in
anderen Ländern zu beobachten sind. "In Europa sind solche Positionen
nicht erst seit dem Brexit-Votum auf dem Vormarsch", sagte Dr. Ulrich
Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden der
Deutschen Bank. "Sie finden insbesondere bei Menschen Zustimmung, die
sich zu den Verlierern der Globalisierung zählen oder fürchten, bald
zu ihnen zu gehören." Das Grundproblem sei die ungleiche Verteilung
des in den vergangenen Jahrzehnten erwirtschafteten Wohlstands.
"Tatsächlich haben Teile der Mittelschicht in vielen Industrieländern
von der Globalisierung zu wenig profitiert - ihre Reallöhne sind
mitunter sogar gesunken", erläuterte Rakau.
Politik: Notwendige Reformen werden weiter verschleppt Statt
gegenzusteuern und die Ursachen zu beheben, versuchen die jeweiligen
Regierungen weiterhin, die größten Probleme mit geldpolitischen und
fiskalischen Maßnahmen zu überdecken. "Das sind wählerfreundliche
Maßnahmen. Die Politik verschleppt notwendige wirtschaftliche
Einschnitte, die anfangs schmerzhaft wären", sagte Stephan. "Es ist
ein Teufelskreis: Wenn wenig produktive Unternehmen künstlich am
Leben gehalten und Strukturreformen auf die lange Bank geschoben
werden, führt das langfristig dazu, dass die Wirtschaft stagniert und
sich die Situation verschärft."
Volkswirtschaft: Hausgemachte Stagnation aus Angst vor Rezession
Die seit Beginn der Finanzkrise hartnäckige weltweite
Wachstumsschwäche wird sich fortsetzen. "Solange die Politik nicht
konsequent Strukturreformen auf den Weg bringt, sehe ich keine
Chancen für ein langfristiges und spürbar anziehendes Wachstum",
sagte Rakau. 2017 könnten konjunkturstützende Maßnahmen, etwa in den
USA, China und Japan, die Wirtschaft zumindest regional stimulieren.
Demgegenüber stehe eine schleppende Entwicklung in Europa. Zusätzlich
belasten dürfte das globale Wachstum der seit der Finanzkrise
stockende Welthandel. Dieser stellt das Wachstumsmodell vieler
Schwellenländer - und exportorientierter Industrienationen wie
Deutschland - vor Herausforderungen. Insgesamt könnte das
Weltwirtschaftswachstum, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, im
kommenden Jahr nach Prognosen der Deutschen Bank mit 3,5 Prozent
dennoch leicht höher ausfallen als im Jahr 2016.
Europa: Viele Fragezeichen, kaum positive Impulse
Der Wirtschaft in Europa stehen turbulente Monate bevor. Italien
wird Anfang Dezember ein Verfassungsreferendum abhalten. Weitere
Belastungsfaktoren dürften die 2017 stattfindenden Wahlen in
Frankreich, den Niederlanden und Deutschland sein. Auch der ungewisse
Fortgang der Brexit-Verhandlungen könnte die Investitionsbereitschaft
der Unternehmen weiter bremsen. Angespannte Arbeitsmärkte -
insbesondere in den europäischen Peripherieländern - könnten moderat
steigende Inflationsraten und die reale Einkommensentwicklung
dämpfen. Positive Wachstumsimpulse scheinen nur von außerhalb Europas
kommen zu können. Sollte sich das US-Wachstum beschleunigen, ohne
dass gleichzeitig neue Handelsbeschränkungen aufgebaut werden, würde
dies die europäische Exportwirtschaft stützen. Für die Eurozone
rechnet die Deutsche Bank im kommenden Jahr mit einem
Wirtschaftswachstum von 1,1 Prozent - rund 0,5 Prozentpunkte weniger
als 2016. Die Prognose für die deutsche Wirtschaft liegt bei 1,0
Prozent und halbiert sich damit gegenüber den Erwartungen für das
laufende Jahr.
USA: Wirtschaftliche Entwicklung maßgeblich von neuer Regierung
abhängig
Werden in den USA zeitnah wichtige Punkte wie die Steuerreform und
das Investitionsprogramm angestoßen, rechnen die Strategen der
Deutschen Bank für 2017 mit einem spürbar anziehenden Wachstum. Zudem
könnte die geplante Rückführung regulatorischer Maßnahmen, etwa im
Finanz- und Energiesektor, zu einer erhöhten Investitionsbereitschaft
von US-Unternehmen führen. Die Prognose der Deutschen Bank für das
US-Wirtschaftswachstum 2017 beträgt 2,3 Prozent.
Schwellenländer: Kaum spürbare Fortschritte
In den Schwellenländern wird es nach Einschätzung der Deutschen
Bank kaum spürbare Fortschritte geben. China baut seine
Volkswirtschaft weiter um. Dadurch verlangsamt sich das Wachstum:
"Aufgrund fiskal- und geldpolitischer Maßnahmen rechnen wir für 2017
dennoch mit einem Wirtschaftswachstum von starken 6,5 Prozent", so
Stephan. Für das laufende Jahr erwartet er 6,6 Prozent. Sollten die
Schwellenländer Russland und Brasilien ihren Weg aus der Rezession
finden, ist mit positiven Impulsen zu rechnen. Risiken bestehen vor
allem in steigenden US-Zinsen und den dadurch womöglich induzierten
Kapitalabflüssen sowie einer protektionistischeren Handelspolitik.
Dollar auf der Ãœberholspur
Auch wenn die US-Notenbank in ihren Entscheidungen unabhängig
agiert: Es ist noch offen, welchen indirekten Einfluss die neue
Politik aus dem Weißen Haus auf die Währungshüter haben wird.
"Bislang positioniert sich Trump klar gegen die Politik der
amtierenden Fed-Chefin Janet Yellen. Dennoch rechnen wir für 2017 mit
moderaten Zinsschritten der Fed", sagte Stephan. Gleichzeitig dürfte
die Geldpolitik anderer wichtiger Notenbanken expansiv bleiben. "Es
ist sehr wahrscheinlich, dass die Europäische Zentralbank ihr
Anleiheankaufprogramm über März 2017 hinaus ausweitet. Die zunehmende
Zinsdifferenz zwischen Europa und Amerika wird im Jahresverlauf zu
Kapitalflüssen Richtung USA führen. Damit wird der US-Dollar
gegenüber dem Euro weiter zulegen", so Stephan. Für Ende 2017
erwartet die Deutsche Bank, dass der Euro bis auf 0,95 US-Dollar
sinken kann, also unter die Parität.
Anlageklassen, Regionen und Branchen
Renten: Ende des längsten Bullenmarkts der Welt
In den vergangenen 35 Jahren sind die Zinsen von US-Staatsanleihen
fast ständig gesunken. Damit scheint nun Schluss zu sein. Bereits in
den ersten Tagen nach der US-Wahl stieg die Verzinsung 10-jähriger
US-Papiere auf mehr als 2 Prozent: "Dieser Trend wird sich 2017
zunächst fortsetzen - stark steigende Kapitalmarktzinsen in den USA
erwarten wir jedoch nicht", sagte Stephan. Zwar könne Trumps
Fiskalpolitik die Inflation treiben, doch dürfte auch das schwache
weltwirtschaftliche Umfeld den Zinsanstieg deckeln. Zum Jahresende
2017 erwartet die Deutsche Bank ein Zinsniveau in den USA von 2,3
Prozent. Dies läge deutlich über den erwarteten Anleiherenditen, die
Anleger in Deutschland oder Japan erzielen könnten. "Für die Deutsche
Bank stehen US-Anleihen 2017 klar im Fokus", so Stephan. "Zumal
Euroanleger zusätzlich von Währungsentwicklungen profitieren könnten,
wenn der Dollar zum Euro weiter an Stärke gewinnt." Doch auch
Anleihen der Schwellenländer könnten wieder interessanter werden,
wenn der erste Schock über die steigenden US-Renditen abklingt.
Aktien: Etwas Licht, aber auch viel Schatten für Zykliker
Nach dem Chinaschock zum Jahresanfang und der anschließenden
Konsolidierungsphase konnten die Aktienmärkte der Industrieländer
nach der US-Wahl zum Teil noch einmal deutlich zulegen. Die Strategen
der Deutschen Bank gehen davon aus, dass im Jahresverlauf 2017 immer
wieder Schwierigkeiten bei der Umsetzung der angekündigten
US-Reformen auftreten werden. Dann dürfte auch die unsichere Lage in
Europa wieder stärker Beachtung finden. Größere Schwankungen an den
Aktienmärkten wären die Folge.
"Etwas Licht, aber auch viel Schatten sehe ich in diesem Umfeld
für zyklische Sektoren", hob Stephan hervor. Zwar dürften sich auch
bei diesen Unternehmen temporär immer wieder interessante
Anlagemöglichkeiten ergeben. Allerdings sind hierfür ein großes
Know-how bei der Branchen- und Einzeltitelauswahl sowie ein aktives
Management des Portfolios notwendig. Defensive Sektoren und
Dividendentitel könnten als langfristige Basisanlagen von den
Marktschwankungen profitieren: Anleger auf der Suche nach einem
interessanten Rendite-Risiko-Verhältnis könnten wegen mangelnder
Alternativen diese Sektoren in Erwägung ziehen.
Deutschland: Politische Unsicherheiten belasten Kurse
Der DAX ist einer der besonders zyklischen Aktienindizes weltweit.
"Von umfangreichen Fiskalprogrammen, wie wir sie in den USA, China
und eventuell auch in Japan erwarten, würden deutsche Unternehmen
daher profitieren", sagte Stephan. Gleichzeitig dürften die
politischen Unsicherheiten in Europa deutsche Aktien jedoch belasten.
Wegen der hohen Abhängigkeit vieler deutscher Unternehmen vom Export
könnten mögliche US-Handelsbeschränkungen und eine schwächere
Konjunktur in China zu weiteren negativen Impulsen führen. Insgesamt
erwarten die Strategen der Deutschen Bank für 2017 hohe Schwankungen
am deutschen Aktienmarkt. Klängen die politischen Unsicherheiten im
zweiten Halbjahr etwas ab, könnten sich interessante
Anlagemöglichkeiten ergeben. Stephan sieht den DAX Ende 2017 bei
11.300 Punkten.
USA: Börsen profitieren von neuer Wirtschaftspolitik
Für den US-Aktienmarkt hat sich bereits die Ankündigung der
unternehmensfreundlichen Vorhaben Donald Trumps ausgezahlt: Der S&P
500 legte seit Anfang November deutlich zu. Die Deutsche Bank
erwartet weiteres Potenzial für den S&P 500 und rechnet zum
Jahresende 2017 mit einem Stand von 2.350 Punkten. Aussichtsreich
erscheinen Finanztitel, die ihre Margen im Zuge moderat steigender
Zinsen weiter verbessern dürften. Auch der US-Gesundheitssektor
sollte profitieren, sofern die Deregulierung im Arzneimittelmarkt
umgesetzt wird.
Immobilien: Nachvollziehbarer Boom statt Blasenbildung
Das weltweit interessante Zinsumfeld für Immobilieninvestitionen
dürfte 2017 bestehen bleiben. Als Anlageziel kämen unter anderem die
USA infrage: "Am Gewerbeimmobilienmarkt sorgen der robuste US-Konsum
und ein intakter US-Arbeitsmarkt für positive Dynamik", so Stephan.
Für Anleger aus dem Euroraum könnte die erwartete Dollarstärke
Möglichkeiten für zusätzliche Währungsgewinne eröffnen.
In Europa dürften deutsche Immobilien weiter im Anlegerfokus
stehen: Die Zuwanderung und steigende Einkommen sollten den Markt
stabilisieren. International herrscht Licht und Schatten, denn Märkte
wie China scheinen regional bereits heiß gelaufen zu sein. "Insgesamt
bietet ein international aufgestelltes und gut verwaltetes
Immobilienportfolio 2017 die besten Renditeaussichten", sagte
Stephan.
Rohstoffe: Kampf ums Gleichgewicht statt schnelles Comeback
Die Notierungen für Rohstoffe dürften unter Druck bleiben. Das
betrifft auch Öl. Denn nach wie vor ist es fraglich, ob die OPEC ihre
Fördermenge wie angekündigt drosseln kann. Zudem wird sie die
Gestaltung der Ölpreise weniger beeinflussen als früher: Sobald der
Preis über die Marke von 50 US-Dollar steigt, stehen US-Förderer
bereit, die entstandene Lücke zu schließen. "Hinzu kommt, dass sich
die Förderbedingungen für Ölunternehmen in den USA unter Donald Trump
weiter verbessern werden", sagte Stephan. Daher sei nicht davon
auszugehen, dass sich die bestehenden Angebotsüberhänge spürbar
verringern werden. Gegenwind drohe zudem von einer zunehmenden
US-Dollarstärke, unter der auch Gold uninteressanter werden könne.
"Bei Gold sollten Anleger bedenken, dass es sich um einen
vergleichsweise kleinen Markt handelt, der schon bei geringen Dollar-
oder Zinsbewegungen stark schwankt", so Stephan. Für 2017 sieht die
Deutsche Bank bei Gold zwar Preispotenzial, insgesamt aber auch
erhebliche Anlagerisiken. "Steigende Zinsen in den USA und ein
stärkerer Dollar sprechen gegen Gold. Außerdem wirft Gold weder
Zinsen noch Dividenden ab und hat den Status als Krisenwährung
eingebüßt", gab Stephan zu bedenken.
Megatrends: Anlagealternativen abseits des Alltags
Insbesondere in Zeiten schwankender Märkte kann sich für Anleger
ein Blick auf langfristige Entwicklungen lohnen. Dazu zählen
zukunftsweisende Technologien in der Automobilindustrie. "Klassische
Autobauer werden für das Auto der Zukunft noch immer eine wichtige
Rolle spielen, jedoch wird der Anteil von Techunternehmen an der
Wertschöpfungskette massiv steigen", sagte Stephan. Ein weiterer
Trend sei das Internet der Dinge, also die intelligente Vernetzung
alltäglicher Gebrauchsgegenstände. Mit Blick auf die Demografie
werden auch die Bereiche Gesundheit und Biotechnologie für das Leben
der Menschen bedeutender. Insgesamt vier Sektoren könnten von den
Megatrends besonders profitieren: "Biotechnologie- und
Pharmaunternehmen, Gesundheitsausrüster, Softwaredienstleister sowie
Unternehmen aus der Halbleiterindustrie haben in den vergangenen
Jahrzehnten, zum Beispiel am US-Aktienmarkt, ihren Anteil an der
Marktkapitalisierung bereits deutlich vergrößert", erläuterte
Stephan. "Dieser Wachstumstrend wird sich fortsetzen."
Vermögensaufteilung
Hausaufgabe für Anleger: Politische Entwicklungen beobachten Als
Hauptbelastungsfaktoren für die weltwirtschaftliche Entwicklung sieht
die Deutsche Bank den zunehmenden Protektionismus und die
Wachstumsschwäche des Welthandels. In Kombination mit einer
anziehenden Inflation könnte das in einigen Volkswirtschaften zu
Stagflationstendenzen führen. Positiv auf die Kapitalmärkte dürften
sich die in den USA zu erwartenden Konjunkturstützen auswirken. In
Japan und China ist mit ähnlichen Maßnahmen zu rechnen. Die
europäischen Länder werden sich dagegen wohl kaum auf eine
abgestimmte Linie einigen.
"Aufgrund der politischen Unwägbarkeiten ist eine dynamische
Steuerung des Portfolios ratsam. Dabei sollte sich das Augenmerk
verstärkt auf Anlagen in den USA richten", sagte Stephan. Zum
Jahresanfang hält er einen hohen Aktienanteil für sinnvoll. "Je
nachdem, wohin Trump die US-Wirtschaft steuert, kann im weiteren
Jahresverlauf der Anteil anderer Regionen sukzessive erhöht werden."
Bei Anleihen könnten Anleger zu gleichen Teilen in potenziell
defensivere und riskantere Papiere investieren - auch hier mit einem
Anteil von US-Anleihen. Immobilien und Liquidität runden das
Portfolio ab. Wie bereits in den vergangenen Jahren dürften
Rohstoffanlagen auch 2017 keine nennenswerte Rolle spielen. "Dennoch:
Das Jahr 2017 kann für Anleger auch gut ausgehen", so Stephan.
Pressekontakt:
Deutsche Bank AG
Presseabteilung
Markus Weik
Telefon: 069 910 41349
E-Mail: markus.weik(at)db.com
Original-Content von: Deutsche Bank AG, übermittelt durch news aktuell