(ots) - Die EU-Regelwerke zum Eigenkapital von Banken
und deren Abwicklung, die EU-Kommissionsvizepräsident Valdis
Dombrovskis vorgelegt hat, werden die Köpfe in den
Strategieabteilungen der Banken noch eine Weile rauchen lassen. Zu
weit reicht das Spektrum der Neuerungen, als dass diese auch in ihrem
kumulierten Effekt bereits exakt zu beurteilen wären.
Dem Kessel Buntes, den Dombrovskis präsentiert, dürften deutsche
Banken gleichwohl mehr Positives als Negatives abgewinnen können,
zumindest jene, die im Handel kein großes Rad drehen, also fast alle.
Ob die Kommission nun die Kapitalanforderungen für die Finanzierung
von Mittelständlern noch weiter zurücknimmt, Förderbanken
regulatorische Schonung in Aussicht stellt oder etwa die
Offenlegungspflichten und Meldeanforderungen für Banken mit niedriger
Bilanzsumme erleichtert: viele Neuerungen tragen die Handschrift von
Lobbyisten der deutschen Kreditwirtschaft.
Jede dieser Erleichterungen lässt sich gut begründen. Sie zeigen
aber auch, dass der Regulierungszyklus endgültig gedreht hat. Acht
Jahre nach Eskalation der Finanzkrise werden Sorgen um die Stabilität
von Banken endgültig überlagert von jenen um eine wirtschaftliche
Erholung in Europa und um überbordende Regularien. Und wie die
Kapitalanforderungen an große Nicht-EU-Banken zeigen, geht es nun
auch um Wettbewerbspolitik. Ihr Waterloo findet Elke König, Chefin
der Bankenabwicklungsbehörde SRB, die stets betonte, sie müsse
wenigstens 8% der Eigenmittel und Verbindlichkeiten einer Bank
heranziehen können, um deren Abwicklung zu finanzieren - nun gilt ein
Wert von 6,75%.
Was wunder, dass der Baseler Ausschuss sein Regelwerk Basel III
ungeachtet großen Streits dies- und jenseits des Atlantiks rasch
abschließen will, bevor dies global nicht mehr realisierbar ist. Seit
der Präsidentschaftswahl in den USA weiß ohnehin niemand mehr, wie
sich die internationale Aufsichtslandschaft entwickeln wird.
Um so seltsamer, dass die EU-Kommission mit Elementen wie einem
neuen Standardansatz zur Kapitalunterlegung von Kontrahentenrisiken
im Derivategeschäft, überarbeiteten Marktrisikoregelungen sowie
Kapitalanforderungen für Investitionen in Fonds nun Verschärfungen
ausgerechnet dort vorwegnimmt, wo sich der Baseler Ausschuss erst
noch einigen muss. Vor knapp zehn Jahren hat Europa bei der
Einführung von Basel II erleben müssen, wie die USA sich selbst vor
solchen globalen Regeln drücken, die sie zuvor mitbeschlossen haben.
In den Vereinigten Staaten kennt man ein Sprichwort: "Fool me once,
shame on you. Fool me twice, shame on me."
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