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VW Skandal - neues Urteil: Abschalteinrichtung illegal, Betriebserlaubnis erloschen (Landgericht München II)

ID: 1428798

(ots) - Das Landgericht München II hat in seinem Urteil vom
15.11.2016, 12 O 1482/16 einen Händler zur Rücknahme eines
manipulierten VW Golf verurteilt. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis,
dass die Betriebserlaubnis von Gesetzes wegen erloschen sei und dass
der Vortrag von VW, es würde keine illegale Abschalteinrichtung
verwendet werden, offensichtlich falsch sei. Es liegt eine illegale
Abschalteinrichtung vor, urteilt das Gericht.

Entgegen VW: es liegt eine illegale Abschalteinrichtung vor

Mit dieser Entscheidung ist ein weiteres Urteil zu Gunsten eines
VW-Geschädigten ergangen. In der letzten Zeit häufen sich die Urteile
gegen die Händler. Bahnbrechend sind die Ausführungen des
Landgerichts München II. So gab es in der letzten Zeit einen
Aufschrei darüber, dass VW in den Verfahren behauptet, in Europa
keine illegale Abschalteinrichtung verwendet zu haben. Dafür findet
das Landgericht München II deutliche Worte:

"Soweit die Beklagte zu 2) [Anmerkung des Autors: die Beklagte zu
2) ist die Volkswagen AG] der Auffassung ist, dass es sich bei der
verbauten Software um keine "Abschalteinrichtung" i.S.v. Art. 3 Nr.
10 va (EG) Nr. 715/2007 handelt (SS 01.08.2016, S. 7, Ziff. 2.) ist
dies offensichtlich unzutreffend. Nach der genannten Vorschrift liegt
eine Abschalteinrichtung u.a. dann vor, wenn es sich um ein
Konstruktionsteil handelt, das sonstige Parameter ermittelt, um die
Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu
deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems
unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb zu erwarten sind,
verringert wird: bei der verbauten Software handelt es sich um ein
derartiges Konstruktionsteil. Denn diese Software ermittelt Parameter
zum Erkennen des Straßenbetriebs und schaltet hierfür die AGR
teilweise so ab, dass weniger Abgase wieder in den Ansaugbereich des




Motors gelangen. Hierdurch wird die Wirksamkeit des
Emissionskontrollsystems verringert. Diese tatsächlichen Umstände
haben beide Beklagten ausdrücklich eingeräumt." Nachbesserung
unzumutbar, keine Fristsetzung notwendig

Das Landgericht München II ist auch der Ansicht, dass die
Nachbesserung unzumutbar ist. Eine Frist zur Nachbesserung musste
daher nicht gesetzt werden.

"Schon der Zeitraum von mehreren Monaten bis zur denkbaren
Durchführung einer Nachbesserung und die Unwägbarkeiten die mit
dieser Nachbesserung selbst nach dem Vortrag der Beklagten zu 2)
verbunden sein können, müssen von einem Käufer nicht hingenommen
werden. Die Unwägbarkeiten der Nachbesserung ergeben sich auch aus
dem Vortrag der Beklagten zu 2). Denn diese musste -an passant-
einräumen, dass noch Testungen der von ihr neu geschaffenen Software
erforderlich sind. Dies bedeutet auch, dass die Auswirkungen auf den
Alltagsgebrauch mit einer neuen, der Euronorm 5 entsprechenden
Software noch nicht absehbar sind. Dass das Eingehen dieses Risikos
für die Klägerin ganz offensichtlich unzumutbar ist, liegt auf der
Hand. Denn die Beklagte zu 2) konnte auch die unausgesprochene Frage,
weswegen in der Vergangenheit nicht schon eine Software entwickelt
worden ist, die dazu führt, dass der Pkw den Voraussetzungen der
Euronorm 5 entspricht, nicht beantworten. Denn wenn sich das
Einhalten der Norm lediglich auf ein Softwareproblem reduzieren
ließe, so ist nicht nachvollziehbar, weswegen die Beklagte zu 2)
dieses - lapidare - Problem nicht schon in der Vergangenheit
bewältigen konnte. Deswegen darf die Klägerin auch berechtigt Sorge
tragen, dass das Softwareupdate an mehreren Punkten den
Fahrzeuggebrauch im Sinne von Einschränkungen, Erschwernissen oder
Wertbeeinträchtigungen zu ihren Lasten verändern wird. Eine
Gewissheit im Sinne einer naturwissenschaftlichen Erkenntnis hierüber
ist zum jetzigen Zeitpunkt für die Beantwortung der Rechtsfrage nicht
erforderlich. Abgesehen davon ist es Aufgabe der Beklagten Sicherheit
über den künftigen Erfolg der Nachbesserung zu schaffen. Hierfür gibt
der Vortrag beider Beklagten nichts her."

Betriebserlaubnis erloschen

Das Landgericht München II äußert außerdem die Ansicht, dass die
Betriebserlaubnis des VW Golf von Gesetzes wegen erloschen ist. Es
führt aus:

"Zu berücksichtigen ist auch, dass die Betriebserlaubnis für den
PKW kraft Gesetzes gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StVZO erloschen
ist. Dass die Behörden an diesen Umstand momentan für Hunderttausende
Kraftfahrzeugführer keine Folgen knüpfen, ist für sich genommen für §
19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StVZO unerheblich, da die Rechtsfolge kraft
Gesetzes eintritt -unabhängig von behördlichen Maßnahmen."

Damit widerspricht das Gericht der Ansicht von VW, dass das
Fahrzeug über alle erforderlichen Erlaubnisse und Genehmigungen
verfüge.

Diese Begründung ist bahnbrechend. Soweit ersichtlich, hat bisher
kein Gericht mit einer derartigen Begründung gegen einen Händler
entschieden.

Das Urteil wurde von der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer
Rechtsanwaltsgesellschaft mbH erstritten. Es handelt sich dabei um
die führende Kanzlei im VW Abgasskandal. Die Kanzlei berät und
vertritt bundesweit ca. 30.000 Geschädigte im VW Abgasskandal. Von
der Kanzlei wurden bereits mehr als 700 Klagen gegen Händler sowie
gegen die Volkswagen AG bei zahlreichen Gerichten bundesweit
eingereicht.

Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll teilt zu dem Verfahren vor dem
Landgericht München II mit: "Mittlerweile nehmen die Entscheidungen
gegen Händler im VW Abgasskandal immer weiter zu. Bahnbrechend an dem
Urteil des Landgerichts München II ist, dass es die Begründungen
unserer Kanzlei aufnimmt und sich den Rechtsansichten anschließt.
Nachdem VW behauptet, es würde in Europa keine illegale
Abschalteinrichtung geben, gab es einen großen auf Schrei. Dieser
Behauptung hat das Landgericht München II nunmehr eine deutliche
Absage erteilt. Die Zeichen stehen immer mehr darauf, dass die
Geschädigten zu ihrem Recht kommen."



Pressekontakt:
Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Pressesprecher: Rechtsanwalt Ralph Sauer
Einsteinallee 1/1
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Datum: 24.11.2016 - 15:23 Uhr
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