(ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) ist besorgt über die
Warnung eines chinesischen Gerichts, die Deutsche Welle-Autorin Gao
Yu könne "jederzeit" zurück ins Gefängnis geschickt werden. Ein
Richter in Peking entschied vergangene Woche, dass Gao ein weiteres
Jahr ihrer insgesamt fünfjährigen Haftstrafe in Hausarrest verbringen
darf, wies aber zugleich auf die weiterhin bestehende Möglichkeit
einer erneuten Inhaftierung hin (http://t1p.de/rk0e). Der herzkranken
Journalistin wird seit Jahresbeginn die Ausreise zu einer
medizinischen Behandlung in Deutschland verweigert.
"Wir sind besorgt über die unverhohlene Drohung der chinesischen
Justiz", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Gao Yu hätte
niemals verurteilt werden dürfen. Die Justiz muss die politisch
motivierten Anschuldigungen gegen sie endlich fallenlassen und ihre
Ausreise ermöglichen."
Die Dissidentin war im April 2015 wegen vermeintlichen Verrats von
Staatsgeheimnissen zunächst zu einer siebenjährigen Gefängnisstrafe
verurteilt worden (http://t1p.de/igz9). Im Berufungsverfahren
reduzierte ein Pekinger Gericht Ende November 2015 die Strafe auf
fünf Jahre und entließ Gao wegen ihrer Gesundheitsprobleme in den
Hausarrest (http://t1p.de/xu1n).
Die Behörden verweigern Gao seit Anfang Januar die Ausreise zur
medizinischen Behandlung im Ausland. Laut ihrem Anwalt, der sich auf
Angaben ihrer Ärzte bezieht, leidet Gao unter anderem an
Herzproblemen, hohem Blutdruck, einer Erkrankung des Innenohrs und
einer Wirbelsäulenverkrümmung. Nach ROG-Informationen hatten die
Behörden Gao und ihrem Sohn Zhao Meng Ende vergangenen Jahres
Reisepässe ausgestellt. Zudem hatten beide bereits deutsche Visa
erhalten. Kurz vor der geplanten Ausreise signalisierten die Behörden
Gao jedoch, dass zunächst die Führung der Kommunistischen Partei
grünes Licht geben müsse (http://t1p.de/76es).
Die Behörden werfen Gao vor, sie habe sich ein geheimes
Parteidokument verschafft und an eine Webseite im Ausland
weitergegeben. Dabei dürfte es sich um das sogenannte Dokument Nr. 9
(http://t1p.de/hzad) handeln, das vor den Gefahren universeller
Menschenrechte und eines "westlichen" Verständnisses von
Pressefreiheit für die Herrschaft der Kommunistischen Partei warnt
(http://t1p.de/88b9).
SCHIKANEN UND UMFASSENDE ÃœBERWACHUNG AUCH IM HAUSARREST
Auch im Hausarrest wird Gaos Telefon- und Internetkommunikation
umfassend überwacht und kontrolliert. Zudem bleibt sie und ihre
Familie den Schikanen der Behörden ausgesetzt. Ende März zerstörten
rund 20 Zivilpolizisten ihren Garten und verprügelten ihren Sohn
(http://t1p.de/8irs). Pekings Stadtverwaltung hatte behauptet, der
Garten und seine kleine Umfassungsmauer seien ungenehmigt angelegt
worden. Gao musste sich nach der überfallartigen Aktion kurzzeitig
mit Herzproblemen ins Krankenhaus begeben (http://t1p.de/a1zq9).
Gao war Ende April 2014 verschwunden, kurz vor dem 25. Jahrestag
der gewaltsamen Niederschlagung der Studentenproteste auf dem Platz
des Himmlischen Friedens 1989 (http://t1p.de/su5i). Die Behörden
hielten sie zunächst in Isolationshaft. Zwei Wochen nach ihrem
Verschwinden präsentierte der staatliche Fernsehsender CCTV ein Video
eines in Polizeigewahrsam entstandenen erzwungenen
Schuldeingeständnisses. Gao sagte gegenüber Richtern und
Staatsanwälten, sie habe das Geständnis nur aufgrund von Drohungen
gegen ihren Sohn abgelegt (http://t1p.de/woez). Die chinesische
Justiz nutzt vermehrt erzwungene Geständnisse, um die Inhaftierung
von Regierungskritikern zu rechtfertigen (http://t1p.de/7ke0).
Seit dem Amtsantritt von Staats- und Parteichef Xi Jinping geht
die chinesische Führung mit neuer Härte gegen Kritiker vor. Momentan
sitzen mindestens 21 Journalisten sowie 81 Online-Aktivisten und
Bürgerjournalisten wegen ihrer Arbeit in Haft. Auf der jährlichen
Rangliste der Pressefreiheit steht China auf Platz 176 von 180
Staaten. Weitere Informationen zur Lage der Journalisten im Land
finden Sie unter www.reporter-ohne-grenzen.de/china.
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