(ots) - In Peru ist die Konzentration von Besitz und
Einnahmen in der Medienbranche so hoch, dass von ihr eine Gefahr für
die Pressefreiheit ausgeht. Auch die Auflagenzahlen der Printmedien
und die Reichweiten der digitalen Medien in dem südamerikanischen
Land sind außerordentlich stark konzentriert. Das zeigen die
Ergebnisse dreimonatiger Recherchen im Rahmen des weltweiten Projekts
Media Ownership Monitor, die Reporter ohne Grenzen (ROG) am
Donnerstagnachmittag in Lima zusammen mit der peruanischen
Partnerorganisation OjoPúblico vorgestellt hat.
Die detaillierten Ergebnisse sind ab sofort auf Spanisch und
Englisch auf der Projektwebseite www.monitoreodemedios.pe abrufbar.
Der von ROG initiierte Media Ownership Monitor (MOM) untersucht
Besitzstrukturen und rechtliche Rahmenbedingungen der Medienbranche
in ausgewählten Ländern Amerikas, Asiens und Europas. Mehr zu dem
Projekt finden Sie unter www.reporter-ohne-grenzen.de/mom, die
Ergebnisse aller bisherigen Projektländer (auf Englisch) unter
www.mom-rsf.org.
In Peru hat der MOM neben einem hohen Grad der
Medienbesitzkonzentration auch einen Mangel an staatlicher
Regulierung offengelegt und die herausragende Stellung der
El-Comercio-Gruppe bestätigt.
"El Comercio nimmt eine beispiellos dominierende Position im
Medienmarkt ein, hinter der die zweit- und drittgrößten Mediengruppen
ATV und Latina weit zurückfallen", sagte der Geschäftsführer von
OjoPúblico, Óscar Castilla. "El Comercio dominiert die Auflagen der
landesweiten Zeitungen, hat erheblichen Einfluss bei den digitalen
Medien, eine große Reichweite beim Fernsehen und einen beträchtlichen
Anteil an den Werbeeinnahmen der Branche insgesamt."
ROG-Geschäftsführer Christian Mihr ergänzte: "Obwohl in Peru keine
unmittelbare politische Kontrolle über die Medien erkennbar ist,
bedeutet das Regulierungsvakuum eine Gefahr für den
Medienpluralismus."
STARKE KONZENTRATION IN MEHREREN MEDIENGATTUNGEN
Im Rahmen der MOM-Recherchen wurden 40 der reichweitenstärksten
Medien Perus untersucht - jeweils die zehn führenden Fernseh- und
Radiosender, Zeitungen und Online-Nachrichtenportale. 16 dieser 40
Medien gehören der Gruppe El Comercio, die schätzungsweise 80 Prozent
der Gesamt-Zeitungsauflage und 78 Prozent der Leser auf sich
konzentriert. Bei den Onlinemedien bringt sie es auf geschätzte 65
Prozent der Reichweite der untersuchten Nachrichtenportale.
El Comercio kann auch 57 Prozent der Gesamteinnahmen der neun
wichtigsten Mediengruppen für sich verbuchen. Die drei größten davon
- El Comercio, ATV und Latina - machen drei Viertel (77 Prozent) der
Gesamteinnahmen unter sich aus.
Auch bei Fernsehen, Radio und Onlinemedien ergaben die
MOM-Recherchen eine hohe Marktkonzentration. Beim öffentlichen
Fernsehen entfällt ein großer Teil des Publikums auf die Sender der
drei größten Konzerne: América Televisión, Latina und Andina de
Televisión (ATV). Dies ist umso mehr besorgniserregend für den
Medienpluralismus, als jeweils zwei der vier großen Sender - América
und ATV auf der einen und Latina und Panamericana auf der anderen
Seite - gemeinsam auf dem Werbemarkt auftreten. Nach den Zahlen des
Marktforschungsunternehmens Kantar Ibope Media für das Jahr 2015
vereinen diese vier Sender insgesamt 57 Prozent des Fernsehpublikums
auf sich.
Ein ähnliches Bild ergibt sich auf dem Radiomarkt. Dort sind die
zehn wichtigsten Sender in der Hand von vier Mediengruppen: Grupo
RPP, CRP, Universal Corporation und Panamericana de Radios. Allein
Grupo RPP und CRP gehören insgesamt sieben dieser zehn Sender.
Bei den Onlinemedien sind nach den MOM-Recherchen 90 Prozent der
Werbeeinnahmen auf die zehn wichtigsten Portale konzentriert. Sieben
davon gehören El Comercio.
MEDIENBESITZ IN DER HAND VON FAMILIEN
Sechs der zehn untersuchten Mediengruppen befinden sich in der
Hand von Eigentümerfamilien. Deren Investitionen sind - abgesehen von
persönlichen Geschäftstätigkeiten einzelner Familienmitglieder - fast
ausnahmslos in der Kommunikationsbranche konzentriert. Eine Ausnahme
bildet die El-Comercio-Gruppe, der wirtschaftlich potenteste und am
weitesten ausdifferenzierte der Konzerne: Ihre Tätigkeit erstreckt
sich auf so unterschiedliche Branchen wie Bildungswesen, Immobilien,
Druckereien und Unterhaltung in Peru sowie in Bolivien, Chile und
Kolumbien.
Anders als in den anderen bislang im Rahmen des MOM-Projekts
untersuchten Ländern ergaben die Recherchen auf nationaler Ebene
keine Verflechtungen mit politischen Parteien. Allerdings zeigen die
gesammelten Informationen, dass wichtige Anteilseigner,
Vorstandsmitglieder sowie hochrangige Manager und Journalisten -
insbesondere der Mediengruppen El Comercio, Latina und ATV -
weitverzweigte geschäftliche Verbindungen im ganzen Land haben.
Die peruanische Verfassung verbietet zwar Medienmonopole. Es gibt
aber kaum gesetzliche Regelungen, um dieses abstrakte Prinzip im
Einzelnen auszuformulieren - ganz zu schweigen von Bemühungen, es
auch in der Praxis durchzusetzen.
OFFENE FRAGEN BEI TRANSPARENZ UND REICHWEITENMESSUNG
Eines der größten Probleme der MOM-Recherchen in Peru war der
Mangel an Transparenz über die Eigentumsverhältnisse einiger Medien.
So sind bei der Latina-Fernsehgruppe, die mehrheitlich einem
Investmentfonds namens Enfoca gehört, die Eigentümer zwar formell bei
der Börse in Lima registriert. Die tatsächlichen
Eigentumsverhältnisse werden aber durch eine auf den Cayman-Inseln
angemeldete Muttergesellschaft verschleiert. Im Fall der ATV-Gruppe
verdeckt eine Vielzahl von Unternehmen die Verbindungen mit der
Zentrale, die unter dem Namen Albavisión von Miami (USA) aus agiert.
Problematisch ist auch das System der Publikumsmessung in Peru: In
jeder der Mediensparten (Fernsehen, Radio, Internet, Printmedien) hat
jeweils ein Marktforschungsunternehmen ein Monopol der
Reichweitenmessung und veröffentlicht ausschließlich Angaben über
seine jeweiligen Kunden. "Dadurch gibt es keine Transparenz über den
spartenübergreifenden Medienkonsum", kritisierte MOM-Projektmanagerin
Nina Ludewig. "Wegen der zentralen Bedeutung von Reichweitenzahlen
für die Entscheidungen von Anzeigenkunden ist das ein echtes Problem.
Die fehlende Markttransparenz wirkt sich letztlich negativ auf die
Existenzfähigkeit von Medien und damit auf den Medienpluralismus
aus."
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Peru auf Platz 84 von
180 Staaten. Weitere Informationen zur Situation der Journalisten in
den dem südamerikanischen Land finden Sie unter
www.reporter-ohne-grenzen.de/peru.
MEDIA OWNERSHIP MONITOR - EIN GLOBALES RECHERCHEINSTRUMENT
Der Media Ownership Monitor Peru wurde von Reporter ohne Grenzen
zusammen mit OjoPúblico zwischen September und November 2016 in Lima
durchgeführt. Das Projekt hat die rechtlichen Rahmenbedingungen, die
Medienkonzentration und die Besitzstrukturen der 40
reichweitenstärksten Medien Perus untersucht.
Der Media Ownership Monitor ist ein internationales Projekt von
Reporter ohne Grenzen, das mit Mitteln des Bundesministeriums für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung umgesetzt wird.
Gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen wurde er erstmals 2015 in
Kolumbien und Kambodscha durchgeführt. Weitere Projektländer im
laufenden Jahr waren oder sind Tunesien, die Ukraine, die Türkei, die
Philippinen und die Mongolei. Weitere Länder sind in Planung.
Die peruanische Partnerorganisation OjoPúblico
(http://ojo-publico.com) ist eine digitale Plattform für
investigativen Journalismus. Sie recherchiert vor allem über
Netzwerke der Macht in der peruanischen und der internationalen
Wirtschaft, über organisiertes Verbrechen, die Auswirkungen der
Rohstoffindustrie und über Menschenrechtsfragen.
WEITERFÃœHRENDE INFORMATIONEN:
- Projektwebseite MOM Peru (Spanisch und Englisch):
www.monitoreodemedios.pe
- Globale MOM-Webseite (Englisch): www.mom-rsf.org
- Mehr zum Projekt Media Ownership Monitor (Deutsch):
www.reporter-ohne-grenzen.de/mom
- Mehr zur Lage der Journalisten in Peru:
www.reporter-ohne-grenzen.de/peru
Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska / Christoph Dreyer / Anne Renzenbrink
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www.reporter-ohne-grenzen.de/presse
T: +49 (0)30 609 895 33-55
F: +49 (0)30 202 15 10-29
OjoPúblico
Óscar Castilla, Geschäftsführer
ocastilla(at)ojo-publico.com
T: +51 99 9661851
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