(ots) - Montesquieu war nicht nur ein Verfechter des
freien Handels, er vertrat auch die Auffassung, dass Nationen, wenn
sie miteinander in Kontakt kommen, entweder miteinander kämpfen oder
handeln - und wenn sie kämpfen, beide verlieren, wenn sie aber
handeln, beide gewinnen.
Nun ist das Errichten von Handelshürden noch kein Krieg und auch
nichts Neues - unter den G20-Ländern waren es laut World Trade
Organization zwischen Mai und Oktober im Durchschnitt rund 17 neue
pro Monat. Doch ist zumindest die Rhetorik seit der Wahl des
Republikaners Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten spürbar
schärfer geworden: Sein Vorhaben aus dem Wahlkampf, an der Grenze zu
Mexiko eine Mauer zu bauen, klingt nach, und unter "America first"
lässt sich alles Mögliche packen, nicht zuletzt die Androhung hoher
Importzölle bei Arbeitsplatzverlagerungen ins Ausland. Solche tief in
geltende Rechte eingreifenden Maßnahmen verunsichern auch die
Exportindustrie in Deutschland.
Für den Kapitalmarkt ist das größte Problem von Trump und seiner
Truppe die Unberechenbarkeit. Ernstzunehmende Stimmen wie jene des
US-Investors Howard Marks von Oaktree halten einen kräftigen,
anhaltenden Schub für die US-Wirtschaft durch stimulierende Maßnahmen
einer Regierung Trump dabei für durchaus möglich. Dies würde
steigende Auftragseingänge auch für deutsche Firmen bedeuten - ja
wohl einen veritablen Exportboom einläuten. Für die stark von den USA
abhängigen Branchen verspräche dies sprudelnde Gewinne. Laut dem
Ifo-Institut sind dies der Automobil- und Maschinenbau und die
Sektoren Pharma, elektrische Güter sowie Medizin- und Messtechnik.
Es geht um keine Kleckerbeträge: 2014 erarbeiteten die Töchter
deutscher Unternehmen in den USA rund 344 Mrd. Euro Umsatz. Laut dem
Bundesverband der Deutschen Industrie sind rund 5000 deutsche
Unternehmen in den USA tätig. Doch was, wenn es anders käme? Ein
namhafter Investmentstratege einer deutschen Bank formulierte jüngst:
"Auch die USA sind auf das hoch spezialisierte Know-how von deutschen
Maschinenbauern oder Zulieferern angewiesen." Obwohl es gute
Argumente gibt, dass selbst im Fall des grassierenden Protektionismus
unter Trump deutsche Exporteure weitgehend ungeschoren bleiben
dürften, nimmt der Aktienmarkt einen solchen Boom in der Bewertung
nicht vorweg.
Die von der Hoffnung auf Infrastruktur-Investitionen und
Steuererleichterungen beflügelte "Trump-Rally" ist auf dieser Seite
des Großen Teichs, gemessen an Dax und MDax, bereits vorbei: Beide
Indizes lagen am Freitag unter dem Niveau des Wahltags am 8.
November. Demgegenüber liegt der US-Markt noch höher - dies bei
gleichzeitig gestiegenem Dollarkurs. Hier mögen auch Sorgen um den
Zustand der Währungsunion nach Volksentscheiden in Österreich und
Italien hineinspielen.
Doch selbst harte Eingriffe in bestehende Wertschöpfungsketten
sind derzeit nicht völlig auszuschließen - auch wenn sich dies am
Aktienmarkt in den Bewertungen derzeit nicht reflektiert. Sie könnten
sozusagen durch auch die Hintertür - über andere Staaten - Schaden
anrichten. So ist es möglich, dass sich nach einer
Provokationsspirale der eine oder andere Handelspartner - nicht
zuletzt auch China - zu einseitigen Maßnahmen veranlasst sähe. Dies
könnte unerwartet auch deutsche Unternehmen treffen, die gerade mit
viel Mühe im Reich der Mitte ihre Präsenz aufgebaut haben und kaum
bereit sein dürften, ihre Zelte rasch wieder abzubauen.
Ein solches Worst-Case-Szenario dürfte zwar unwahrscheinlich sein,
da niemand dadurch gewinnen würde. Doch bereits eine moderat
nationalistische US-Wirtschaftspolitik kann ihre Spuren hinterlassen.
Die Deutsche Bank etwa sieht schwierige Zeiten für europäische
Energieunternehmen anbrechen, da Trump die Produktion von Rohöl und
Kohle ausweiten dürfte. Die jüngste Ölpreis-Rally dürfte sich da als
kurzlebig erweisen.
Das fehlende Bekenntnis zum Klimaschutz hat auch die Aktien von
Erneuerbare-Energie-Zulieferern gedrückt. Unternehmen mit starkem
Bezug zu Mexiko leiden ebenfalls: Laut Société Générale zählen der
Minenkonzern Fresnillo, die spanischen Banken Santander und BBVA
sowie der Bierriese AB Inbev dazu.
Handel kennt keine Freundschaft, heißt es - und Sorglosigkeit in
Bezug auf die erwähnten Branchen und Titel ist nicht angezeigt. Der
zu erwartende rhetorische Lärm kann auch die eine oder andere gute
Kaufgelegenheit bieten. Nur könnte dann im Einzelfall eine sehr hohe
Risikoprämie verlangt werden.
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