(ots) - Das Deutsche Kinderhilfswerk appelliert an
Bildungspolitiker und Schulen, die Bildungsgerechtigkeit in
Deutschland stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit zu nehmen. Aus
Sicht des Verbandes sind die Ergebnisse der neuen PISA-Studie an
vielen Stellen auf den ersten Blick erfreulich, zeigen aber
gleichzeitig die weiterhin vorhandenen Schwachstellen in Bezug auf
die Chancengerechtigkeit im Schulsystem auf. "Wenn PISA-Koordinator
Andreas Schleicher feststellt, dass kein Bildungssystem langfristig
erfolgreich sein kann, ohne Chancengerechtigkeit sicherzustellen,
sollten wir uns das nicht nur zu Herzen nehmen, sondern endlich
handeln. Wir vermissen an vielen Stellen den politischen Willen, sich
dem drängenden, strukturellen Problem der schlechten Bildungschancen
der von Armut betroffenen Kinder in Deutschland anzunehmen. Das
bittere Problem der Bildungsbenachteiligung ist skandalös und hängt
Deutschland nun schon seit so vielen Jahren nach. Fortschritte sind
zwar erkennbar, reichen aber bei weitem nicht aus. Die Entwicklung
bei Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund ist
alarmierend. Auch hier brauchen wir dringend Lösungsansätze, damit
diese Kinder nicht noch weiter abgehängt werden. Erfolgreiche
PISA-Länder stellen nicht nur hohe Erwartungen an Schülerinnen und
Schüler und konzentrieren sich auf guten Unterricht, sondern
investieren ihre Ressourcen im Rahmen langfristiger und kohärenter
Strategien vor allem in Kinder und Schulen mit schwierigen
Rahmenbedingungen. Davon können wir lernen", betont Thomas Krüger,
Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.
"Wir brauchen eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und
Ländern, um wirksame Konzepte gegen die zu große Abhängigkeit des
Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft auf den Weg zu bringen.
Dafür müssen sowohl finanzielle Ressourcen mobilisiert, als auch
Schule und Schulunterricht selbst verändert werden. Dazu zählt
beispielsweise die Vermittlung von Kinderrechten, die in Schulen zu
einem Leitgedanken gemacht werden sollten, und die ins Leitbild jeder
Schule gehören. Dazu sollte aber auch mehr Wert auf die
Persönlichkeitsbildung von Schülerinnen und Schülern gelegt werden,
beispielsweise mittels Politik-, Ethik- oder Philosophieunterricht.
Gut gemacht, kann der dazu beitragen, Benachteiligungen zu
kompensieren. Wenn das Bundeskabinett morgen das Kooperationsverbot
lockern und so Finanzhilfen des Bundes an die Länder für
Investitionen in Schulen möglich machen will, ist das zweifelsohne
ein Schritt in die richtige Richtung, aber angesichts der enormen
Aufgaben im Bildungsbereich zu halbherzig. Das Kooperationsverbot
zwischen Bund und Ländern im Bereich der schulischen Bildung gehört
komplett abgeschafft", so Krüger weiter.
Zum Thema Bildungsgerechtigkeit hatte das Deutsche Kinderhilfswerk
zu Beginn dieses Jahres den Kinderreport 2016 vorgestellt. Nach der
dem Kinderreport zugrunde liegenden repräsentativen Befragung fordert
eine sehr große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland umfangreiche
Reformen im Bildungssystem, um von Armut betroffenen Kindern mehr
Bildungschancen zu bieten. 93 Prozent der Befragten sind der Ansicht,
dass dafür ein einheitliches Bildungssystem ohne deutliche
Unterschiede zwischen den Bundesländern "sehr wichtig" oder "wichtig"
ist. Als weitere wichtige Maßnahmen werden die spezielle Förderung
von benachteiligten Kindern in Kitas und Schulen (95 Prozent), mehr
Erzieher und Lehrer (95 Prozent), aktuelleres und besseres
Lehrmaterial (92 Prozent) sowie geringere Kostenbeiträge für Kita und
Schule und Kostenfreistellungen für Lernmaterial, Tagesverpflegung
und Teilnahme an Sport und Kultur (92 Prozent) befürwortet. Sehr
verbreitet sind darüber hinaus Meinungen, dass auch eine bessere
Qualifikation und Leistungsanerkennung von Erziehern und Lehrern (88
Prozent), die Stärkung sozialer Kompetenzen (88 Prozent) und die
individuelle Förderung armer Kinder (85 Prozent) helfen könne. Hohe
Zustimmungsraten erzielen zudem die Forderung nach mehr
Ganztagsbetreuung (82 Prozent) und ein längeres gemeinsames Lernen
von Kindern mit unterschiedlichen Leistungsniveaus (78 Prozent).
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