(ots) -
Eigenkapitalrendite liegt mit 2,3 Prozent deutlich unter
internationalem Niveau
- Nur 5 Prozent der Banken in Deutschland verdienen ihre
Eigenkapitalkosten
- Mit durchschnittlich mehr als 6 Prozent Rendite erweisen sich
Automobil- und Direktbanken als profitable Spezialisten
- Maßnahmen wie radikale Kostensenkungen, eine zügige
Konsolidierung und die Neuausrichtung der Geschäftsmodelle sind
überfällig
- Jede dritte Bank und 10.000 Filialen stehen bis 2025 vor dem Aus
Die Wirtschaft floriert, doch Deutschlands Banken darben. Ihre
Eigenkapitalrendite lag 2015 im Schnitt bei 2,3 Prozent und war damit
nur 0,2 Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Darüber hinaus bestätigt
ein Langfristvergleich der internationalen Managementberatung Bain &
Company im Rahmen der Studie "Deutschlands Banken 2016: Die Stunde
der Entscheider": Im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre
verdienten die deutschen Institute erheblich weniger als ihre
Wettbewerber im zweitgrößten Euroland Frankreich sowie in den vier
weiteren führenden Währungsräumen USA, Japan, Großbritannien und der
Schweiz (Abb. 1). Insbesondere die US-amerikanischen Banken schafften
es, an ihre Renditen aus Vorkrisenzeiten anzuknüpfen. Auch beim
Wachstum hinken die hiesigen Anbieter deutlich hinterher. Seit 2004
konnten sie ihre Bilanzsumme durchschnittlich nur um 1 Prozent pro
Jahr steigern, 2015 schrumpfte sie sogar. Im gleichen Zeitraum
wuchsen die japanischen Institute pro Jahr um rund 3 Prozent, die
britischen um 4 und die französischen, Schweizer sowie US-Banken gar
um 5 Prozent und mehr.
"Der deutsche Bankensektor steckt in einer tiefen strukturellen
Krise", betont Walter Sinn, Bain-Deutschlandchef und Koautor der
Studie. "Das ist eine gefährliche Entwicklung für die Exportnation
Deutschland. Ein florierender Exportstandort ist auf einen starken
Finanzsektor angewiesen."
Strukturelle Defizite im deutschen Bankenmarkt
Doch davon sind die Institute in Deutschland derzeit weit
entfernt. Sie leiden vor allem unter strukturellen Defiziten im
operativen Geschäft. Der Zinsüberschuss trägt hierzulande mit 73
Prozent signifikant mehr zu den Einnahmen der Banken bei als in
anderen Ländern. Die weltweite Niedrigzinspolitik belastet die
deutschen Häuser damit besonders stark. Höhere Provisionseinnahmen
scheitern unter anderem am harten Wettbewerb in einem unverändert
stark fragmentierten Markt. In Frankreich etwa vereinen die fünf
größten Banken mit 85 Prozent einen nahezu doppelt so hohen Anteil
der kumulierten Bilanzsumme auf sich wie in Deutschland (44 Prozent).
Trotz aller Sparanstrengungen stagniert auch deshalb die
Cost-Income-Ratio, das Verhältnis von Kosten und Erträgen, im
Durchschnitt der letzten vier Jahre in Deutschland bei 69 Prozent. In
Frankreich liegt dieser Wert bei 65, in den USA bei 62 Prozent.
Hierzulande klaffen Welten zwischen den verschiedenen
Institutsgruppen. Insbesondere Spezialisten wie Automobil- und
Direktbanken erwirtschaften mit mehr als 6 Prozent
überdurchschnittliche Eigenkapitalrenditen. Die mehr als 1.000 Volks-
und Raiffeisenbanken kommen im Schnitt auf 2,9 Prozent, die 415
Sparkassen auf lediglich 1,7 Prozent. Zusammen mit den vier deutschen
Großbanken und den Bausparkassen bilden sie das Schlusslicht des
Bain-Rendite-Rankings (Abb. 2). Insgesamt verdienen nur 5 Prozent der
mehr als 1.700 untersuchten Banken ihre Eigenkapitalkosten.
Kosteneinsparungen von bis zu 30 Prozent sind machbar
Bain-Partner und Koautor der Studie, Dr. Wilhelm Schmundt, sieht
den deutschen Markt vor einem tief greifenden Wandel: "An radikalen
Einsparungen und einer zügigen Konsolidierung führt kein Weg mehr
vorbei." Bereits in der letztjährigen Studie hatte Bain gezeigt, dass
im deutschen Bankensektor Kostensenkungen von bis zu 30 Prozent oder
25 Milliarden Euro möglich sind - und damit verbunden die Schließung
von 10.000 Filialen sowie der Abbau von 115.000 Arbeitsplätzen.
Einsparungen in diesen Dimensionen setzen indes voraus, dass
Größenvorteile konsequent genutzt werden. Die Zahl der Banken in
Deutschland könnte auch aus diesem Grund bis 2025 um ein Drittel auf
rund 1.200 sinken.
Ein wichtiger Treiber für die seit Langem diskutierte
Konsolidierung dürfte die verschärfte Regulierung sein. "Vielerorts
ist nicht mehr 'too big to fail' der Maßstab, sondern 'too small to
comply'", erklärt Bain-Bankexperte Schmundt. "Die neuen Regelwerke
fordern umfassende Investitionen in Personal und IT, die aber vor
allem kleinere Banken kaum stemmen können. In der Konsequenz heißt
das 'too small to survive'." Tatsächlich fehlt zahlreichen deutschen
Banken im internationalen Wettbewerb die nötige Größe, um auf Dauer
erfolgreich zu sein.
Banken müssen Geschäftsmodelle neu ausrichten
Dreh- und Angelpunkt für den zukünftigen Erfolg ist die
Neuausrichtung der Geschäftsmodelle vieler Banken - und das in der
Geschwindigkeit des digitalen Zeitalters. Für die Spezialisten geht
es hierbei vor allem um die Schärfung ihrer Positionierung in der
Nische. Regionalbanken wie Sparkassen und Volksbanken hingegen müssen
sich auf ihre Rolle als Kunden- und Vertriebsbank konzentrieren. Bei
den national und international tätigen Universalbanken wiederum steht
die Fokussierung auf profitable Geschäftsfelder im Mittelpunkt.
Gleichzeitig müssen alle Institutsgruppen sämtliche Möglichkeiten
ergreifen, ihr Geschäft weiterzuentwickeln. Dies bedeutet neue
digitale Angebote und Services, Cross-Selling in den Filialen oder
eine Vorwärtsintegration der Beratung in das Geschäft ihrer Kunden
hinein. "Die Digitalisierung eröffnet den Banken völlig neue
Geschäftschancen", so Bankexperte Sinn. "Dabei muss der Wettbewerb
etablierter Institute mit Fintechs nicht unweigerlich zu einer
Konfrontation führen. Vielerorts mündet er in ein Miteinander im
Rahmen von Kooperationen." Dies erhöht die Innovationsgeschwindigkeit
der Banken und erleichtert es ihnen, den Umbau ihrer Geschäftsmodelle
und zeitgleich die Digitalisierung voranzutreiben. "Die
Rahmenbedingungen in der Bankenbranche in den nächsten fünf bis zehn
Jahre sind bekannt, die Handlungsoptionen liegen auf dem Tisch",
bilanziert Sinn. "Jetzt schlägt die Stunde der Entscheider."
Ãœber die Studie
Zum dritten Mal hat Bain die Bilanz- und GuV-Strukturen von mehr
als 1.700 deutschen Kreditinstituten ausgewertet. Die Experten
nutzten dazu Zeitreihen der Deutschen Bundesbank, der Europäischen
Zentralbank sowie der Datenbanken von Bankscope und Hoppenstedt.
Erstmalig erfolgte 2016 auch eine Analyse der Renditen und
Ertragstreiber von Institutsgruppen in fünf weiteren Bankenmärkten.
Dazu wurden über 7.400 Jahresabschlüsse und Datensätze der Bank of
England, Bank of Japan, Banque de France, der British Bankers'
Association, des Federal Reserve Systems, der Federal Deposit
Insurance Corporation, der Japanese Bankers Association, der
Schweizerischen Nationalbank und der Weltbank ausgewertet. Für diese
Studie wurde darüber hinaus auf Ergebnisse früherer Bain-Studien
zurückgegriffen. Dazu gehören "Deutschlands Banken 2015: Die
25-Milliarden-Ergebnislücke" und "Mehr Regeln, weniger Rendite: Wie
Banken im Kapitalmarktgeschäft gegensteuern". Berücksichtigung fanden
zudem die jährlichen globalen Kundenloyalitätsstudien von Bain für
den Bankensektor.
Bain & Company
Bain & Company ist eine der weltweit führenden
Managementberatungen. Wir unterstützen Unternehmen bei wichtigen
Entscheidungen zu Strategie, Operations, Technologie, Organisation,
Private Equity und M&A - und das industrie- wie länderübergreifend.
Gemeinsam mit seinen Kunden arbeitet Bain darauf hin, klare
Wettbewerbsvorteile zu erzielen und damit den Unternehmenswert
nachhaltig zu steigern. Im Zentrum der ergebnisorientierten Beratung
stehen das Kerngeschäft des Kunden und Strategien, aus einem starken
Kern heraus neue Wachstumsfelder zu erschließen. Seit unserer
Gründung im Jahr 1973 lassen wir uns an den Ergebnissen unserer
Beratungsarbeit messen. Bain unterhält 53 Büros in 34 Ländern und
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