(ots) - Manchmal steckt der Teufel nicht im Detail, sondern
im großen Ganzen. Ob Italiens Fiasko eine neue Währungskrise auslöst,
ist offen. Europa als Werte- und Wirtschaftsgemeinschaft steckt
längst in der Krise und in ihr fest. Die Briten nehmen Reißaus, die
Anti-Europäer sind auf dem Vormarsch und die Gemeinschaft bröckelt
weiter statt nach dem Brexit-Votum zusammenzurücken. Wie geschlossen
und wie entschlossen Europa diesmal reagiert, wird aber darüber
entscheiden, ob Italien mit Hilfe seiner Partner aus der Krise findet
oder ob Italien seine Partner mit in die Krise reißt.
Wenn das kleine Griechenland den Euro an den Rand des Abgrunds
gebracht hat, braucht es wenig Fantasie, sich die Folgen für den Fall
vorzustellen, dass die drittgrößte Volkswirtschaft Europas in die
Knie geht. Italien hat multiple Probleme: eine Bankenkrise,
unvertretbar hohe Staatsschulden, die Wachstum auf Pump verbieten,
eine jeden Mut raubende Jugendarbeitslosigkeit und nun auch noch eine
veritable Regierungskrise. Zuerst die Banken zu retten, widerstrebt
den meisten zu Recht. Allerdings kennt niemand die Folgen der
Alternative, Großbanken einfach mal pleite gehen zu lassen.
Vielleicht ist es auch besser, sie nicht kennenzulernen.
Italien ist ein Abbild europäischer Selbstlähmung: Weil die
Politik die Schulden- und Wirtschaftskrise in Südeuropa nach all den
Jahren nicht in den Griff kriegt, verlieren die Menschen den Glauben
an die Gemeinschaft. Die Ursache auch für den Brexit liegt im Süden.
Die betroffenen Länder wie auch ihre Partner blieben bei allen
Reformen stets halbherzig. Das Ergebnis ist Stillstand. Der wiederum
macht es den Populisten an den Rändern leicht, die Leute wahlweise
von links gegen jeden Sparkurs oder von rechts gegen Europa an sich
in Stellung zu bringen. Der einzige Weg sie zurückzudrängen wäre eine
endlich überzeugende Krisenbewältigung - und Italien der beste
Schauplatz dafür.
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