(ots) - Das Landgericht Aachen hat in einem von der
Kanzlei Dr. Lehnen & Sinnig erstrittenen Urteil vom 06.12.2016, Az.
10 O 146/16 einen VW-Vertragshändler aus Aachen zur Rücknahme eines
vom VW-Abgasskandal betroffenen Tiguan verurteilt. Das Fahrzeug ist
nach Ãœberzeugung des Gerichts mangelhaft. Denn der verbaute Motor
hält die gesetzlichen Vorgaben nur deshalb ein, weil eine Software
verbaut ist, die im Prüfstandlauf regulierend einwirkt und die
Motorsteuerung in einen NOx-optimierten Modus schaltet.
Käufer verliert seine Rechte nicht durch Teilnahme an der
Rückrufaktion
Soweit ersichtlich beschäftigt sich das Landgericht Aachen
erstmals mit der Frage, ob die Teilnahme an der Rückrufaktion dazu
führt, dass der Käufer sich nicht mehr auf seinen erklärten Rücktritt
berufen kann. So argumentierte nämlich das verklagte Autohaus: Die
Durchführung des Software-Updates führe dazu, dass sich der Käufer
nicht mehr auf den erklärten Rücktritt berufen können. Ein solches
Verhalten verstoße gegen Treu und Glauben. Hierzu erklärte
Rechtsanwalt Dr. Christof Lehnen aus Trier: "Die betrogenen
Autokäufer nehmen an der Rückrufaktion teil, weil sie von Volkswagen
dazu aufgefordert werden. Anderenfalls - so wird ihnen von VW erklärt
- drohe der Entzug der Betriebserlaubnis. Deshalb ist es ein weiterer
Skandal im Skandal, wenn dem betrogenen Autokäufer dann von einem
VW-Vertragshändler Rechtsmissbrauch unterstellt wird, nur weil er das
tut, was VW von ihm verlangt."
So sah es auch das LG Aachen:
"Der Kläger war gerade nicht frei in seiner Entscheidung, das
Software-Update aufspielen zu lassen. Denn in dem durch den Kläger
vorgelegten Informationsschreiben des VW Konzerns vom Juli 2016 wurde
dem Kläger deutlich gemacht, dass bei Nicht-Teilnahme an der
Rückrufaktion eine Betriebsuntersagung gemäß § 5 FZV erfolgen könne.
Um dem Entzug der Betriebserlaubnis zu entgehen und um sein Fahrzeug
weiter nutzen zu können, war der Kläger gezwungen, entsprechend der
Aufforderung des Herstellers und auch der Beklagten zu agieren.
Gleichermaßen hätte das klägerische Fahrzeug bei einer Verweigerung
des Updates nicht die Anforderungen der Euro-5-Abgasnorm erfüllt,
sodass dem Kläger im Rahmen der nächsten Abgasuntersuchung der Entzug
der Grünen Plakette gedroht hätte."
Erhebliche Pflichtverletzung, die zum Rücktritt berechtigt
Ferner stellt das Gericht fest, dass es sich um eine erhebliche
Pflichtverletzung handelt, die es dem Käufer ermöglicht, vom
Kaufvertrag zurückzutreten. Denn für den Käufer war nicht abzusehen,
ob die Korrektur der Manipulationssoftware negative Auswirkungen auf
die übrigen Emissionswerte, den Kraftstoffverbrauch und die
Motorleistung haben würde und ob die umfassende Berichterstattung zum
Abgasskandal sich negativ auf den zu erzielenden Wiederverkaufspreis
auswirken werde.
Nachfrist nicht zwingend erforderlich
Ähnlich wie das Landgericht München II kommt auch das Landgericht
Aachen zu dem Ergebnis, dass der Käufer dem Autohaus jedenfalls dann
keine Frist zur Nacherfüllung setzten muss, wenn das Autohaus eine
Nachbesserung ernsthaft und endgültig ablehnt und den Käufer auf die
VW-Rückrufaktion verweist.
Das Urteil wurde von der Kanzlei Dr. Lehnen & Sinnig Rechtsanwälte
PartG mbB aus Trier erstritten. Die Kanzlei ist eine der führenden
Kanzleien im VW Abgasskandal und berät und vertritt bundesweit ca.
600 Geschädigte im VW-Abgasskandal.
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