Neue Qualitätsmanagement-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA)
(firmenpresse) - Die neue DIN EN ISO 9001:2015, die bis zum Ablauf der Übergangsfrist am 14.09.2018 die bestehenden Zertifizierungen nach DIN EN ISO 9001:2008 ablösen wird, hat mit ihrer Forderung nach dem Verstehen des „Kontextes der Organisation“ einen Begriff eingeführt, dessen Relevanz an einem aktuellen Beispiel aus dem Bereich der Gesundheitsversorgung, noch einmal verdeutlicht werden kann. Unter dem Begriff „Kontext der Organisation“ werden die externen und internen Themen verstanden, die für die Organisation relevant sind und sich auf ihre Fähigkeit auswirken, die beabsichtigten Ergebnisse ihres Qualitätsmanagementsystems zu erreichen (vgl. DIN EN ISO 9001:2015 4.1).
Seit 2004 sind die an der stationären, vertragsärztlichen, vertragspsychotherapeutischen und vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer nach § 135a Abs. 2 Nr. 2 SGB V verpflichtet, ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln. Die gemeinsame Selbstverwaltung von Krankenkassen, Krankenhäusern, Vertragsärzten und –psychotherapeuten sowie Zahnärzten leiten aus dieser gesetzlichen Verpflichtung konkrete fachliche Anforderungen ab und legen diese im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in Form von Richtlinien fest. Die drei bisherigen Richtlinien wurden nun in eine gemeinsame Qualitätsmanagement-Richtlinie überführt, die mit ihrer Veröffentlichung im Bundesanzeiger am 16.11.2016 in Kraft getreten ist. Eine Neuerung darin ist, dass es jetzt eine Verpflichtung gibt, OP-Checklisten zu verwenden, um perioperative Risiken, also Risiken im zeitlichen Umfeld eines chirurgischen Eingriffs (umfasst die Zeit vor, während und nach der Operation), zu kontrollieren. Diese Forderung wird für alle stationären und ambulanten Eingriffe erhoben, die unter Beteiligung von mindestens 2 Ärzten oder unter Sedierung erfolgen. Gem. der DIN EN ISO 9001:2015 muss die Organisation (also z. B. die Praxis) nicht nur die Anforderungen ihres Kontextes (4.1), ihrer Kunden (Patienten), zutreffender gesetzlicher und behördlicher Vorgaben sowie ggf. weiterer „interessierter Parteien“ (4.2) berücksichtigen, sondern in einem entsprechenden Chancen- und Risikomanagement nachweisen, wie sie Risiken und Chancen erkennt, bewertet und darauf wirksam reagiert.
Die Umsetzung im konkreten Fall der „OP-Checklisten“ erfolgt in Qualitätsmanagementsystemen, die dem international anerkannten Standard der DIN EN ISO 9001:2015 entsprechen, z. B. dadurch, dass alle klinische Prozesse – so auch die chirurgischen Eingriffe – einer standardisierten Risikoanalyse unterzogen werden, die die Risiken identifiziert, sie nach ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und zu erwartendem Schadensausmaß bewertet und anschließend mit dokumentierten Vorbeugungsmaßnahmen begegnet, die dann auch hinsichtlich ihrer Wirksamkeit überwacht und bewertet werden. Konkrete Ergebnisse für die OP-Prozesse sind dann organisations- und prozessspezifische OP-Checklisten zur Vermeidung von (Aufzählung nicht abschließend):
-Fehlern beim Geräte-/Medizinprodukteeinsatz
-Patientenverwechslungen
-Eingriffsverwechslungen
-Seitenverwechslungen
-Schwerwiegenden Komplikationen
-Infektionen
-…
Diese OP-Checklisten werden damit Bestandteile der gelenkten Managementsystemdokumentation und unterliegen damit dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess, inkl. der internen und externen Audits, Managementbewertungen, weiterer Risikoanalysen usw.
Die nachfolgende Abbildung Prozessrisikomatrix ist ein Beispiel eines Werkzeugs für ein Prozessrisikomanagement, das es hier auch ermöglicht, gleich mehrere Risiken für einen Prozess zu erfassen, jeweils sowohl eine risikospezifisch Risikoprioritätszahl (RPZ) zu errechnen und diese dann zu einer gesamten RPZ des Prozesses aufzuaddieren.
Abbildung: Prozessrisikomatrix
Die aktuelle Zusammenführung der 3 bisherigen Richtlinien zu einer gemeinsamen Qualitätsmanagement-Richtlinie hebt zugleich auch noch einmal die Bedeutung des in DIN EN ISO 9001-Systemen häufig unter dem Begriff der „Regelwerksüberwachung“ implementierten Prozesses einer kontinuierlichen Überwachung geänderter Anforderungen hervor, der grundsätzlich über fachspezifische Regelwerke hinaus, wie z. B.:
-Qualitätsmanagement-Richtlinie
-Allgemeine Behandlungsrichtlinien,
-IP-Richtlinien,
-FU-Richtlinien,
-ZE-Richtlinien,
-Festzuschuss-Richtlinien,
-KFO-Richtlinien,
-Bundesmantelverträge BMV-Z / EKV-Z,
-Röntgenverordnung (RöV),
-Vorgaben zur Einhaltung von Hygienemaßnahmen für Zahnarztpraxen
auch noch umfassende gesetzliche und behördliche Forderungen aus dem Medizinprodukterecht, des Arbeitsschutzes, der Informationssicherheit und des Datenschutzes u. v. a. umfasst, die organisationsspezifisch identifiziert und in den Prozess der Regelwerksüberwachung integriert werden.
Die Gestaltung der Managementsysteme in den Unternehmen der Gesundheitsversorgung ist heute sehr umfangreich und schwierig geworden. Die Leistungsprozesse sind hoch komplex, die Verträge mit den Kostenträgern vielschichtig und erfordern den expliziten Einbezug der konkreten Forderungen des Qualitäts-, Arbeitsschutz-, Informationssicherheits-, Medizinprodukte- und Hygienemanagements. Kurzum, sowohl die Risiken, als auch die Potenziale für nachhaltige Kostensenkungs- und Produktivitätssteigerungen durch Managementsystemintegration sind immens. Mit diesem Verständnis ist es für uns selbstverständlich, integrierte Managementsysteme zu entwickeln und bestehende Managementsysteme zu einem integrierten Managementsystem zusammenzuführen, die sowohl Anforderungen und Erwartungen unserer Kunden, als auch die verschiedenen gesetzlichen und behördlichen Anforderungen erfüllen und weit über die Standards konventioneller Managementsysteme hinausgehen.
HTU HÃœBSCH & THORN
Unternehmensberatung GmbH
Telefon: 01773611194
Email: huebsch(at)htu.de
Internet: www.htu.de