(ots) -
- Kommission der Robert Bosch Stiftung trifft sich erstmals seit
Veröffentlichung ihrer Arbeitsergebnisse im Frühjahr 2016
- Papier der Stiftung zeigt offene Forderungen, u.a. beim
öffentlichen Wohnungsbau, dem Angebot an Sprachkursen und dem
Zugang zu Berufsschulen
- Kommissionsvorsitzender Armin Laschet: "Marathon der Integration
liegt vor uns."
Vor gut einem halben Jahr hat die Robert Bosch Expertenkommission
unter Vorsitz von Armin Laschet den Abschlussbericht ihrer
einjährigen Arbeit vorgestellt und darin 99 konkrete Reformvorschläge
für die deutsche Flüchtlingspolitik präsentiert. Jetzt kam die
hochranging besetzte Kommission erstmals wieder zusammen, um in der
Robert Bosch Stiftung in Stuttgart Zwischenbilanz zu ziehen.
"Nach dem enormen Sprint, den unser Land bei der Unterbringung und
Versorgung Hunderttausender Flüchtlinge geleistet hat, liegt nun der
Marathon der Integration vor uns. Am wichtigsten ist, dass wir das
Angebot an Integrations- und Sprachkursen noch weiter ausbauen.
Bildung und Arbeit sind Triebfedern für Integration. Dafür müssen wir
bei der Unterrichtung von erwachsenen Flüchtlingen, bei der
Weiterqualifizierung und bei Fachkräfteprüfungen neue, pragmatische
Wege gehen. Um die langfristige Akzeptanz unseres Asylsystems
sicherzustellen, ist auch Konsequenz auf der anderen Seite wichtig:
Wer keinen Schutzgrund hat, muss in seine Heimat zurückkehren", sagt
Armin Laschet, Vorsitzender der Robert Bosch Expertenkommission zur
Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik.
Zusammengefasst ist die Diskussion in einem Papier der Robert
Bosch Stiftung, das einen Einblick gibt, welche
politisch-administrativen Entscheidungen seit dem Frühjahr im
Einklang mit den Vorschlägen der Kommission getroffen wurden, und an
welchen Stellen weiterhin Handlungsbedarf besteht.
Sprachkenntnisse: Angebot an Kursen reicht nicht aus
Wie von den Experten empfohlen, ist das Angebot an Integrations-
und Sprachkursen inzwischen deutlich ausgedehnt worden. Die Nachfrage
übersteigt jedoch weiter das Angebot. Vor allem bei den
Volkshochschulen in größeren Städten gibt es Kapazitätsengpässe. In
ihrem Abschlussbericht betont die Kommission die Bedeutung des
Spracherwerbs. Nur mit einem ausreichenden Angebot kann es gelingen,
bereits Menschen im laufenden Asylverfahren erste Sprachkenntnisse zu
ermöglichen und so frühzeitig zu integrieren.
Bildung: Weiterhin großer Handlungsbedarf an Berufsschulen
Auch bei der Integration schulpflichtiger Flüchtlingskinder in
Schulen belegt das Papier große Fortschritte. Die von der Kommission
geforderte Schulpflicht besteht zwar nicht in allen Bundesländern,
der Besuch von Schulen ist aber überall möglich. Nachholbedarf gibt
es bei der Zeitspanne zwischen Antragstellung und Schulzugang. Die in
der EU-Aufnahmerichtlinie empfohlenen drei Monate können bisher nicht
flächendeckend gewährleistet werden. Auch an Berufsschulen besteht
weiterhin Handlungsbedarf. Noch immer behindern strukturelle Hürden
jugendliche Flüchtlinge, die nicht mehr schulpflichtig sind, am
Zugang. Die Kommission empfiehlt, junge Erwachsenen bis zu einem
Alter von 21 Jahren aufzunehmen, in Ausnahmefällen bis zu 25 Jahren,
und sie nach bayerischem Vorbild in das duale System zu integrieren.
Wohnen: Bezahlbarer Wohnraum fehlt
Angesichts der zurückgegangenen Zahl neu ankommender Flüchtlinge
und ausreichenden Liegenschaften in den Kommunen ist die kurzfristige
Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen derzeit nicht kritisch.
Großer Bedarf besteht aber unverändert beim öffentlichen Wohnungsbau.
Erste Maßnahmen wurden bereits beschlossen. Beispielsweise hat der
Bund zugesagt, Länder und Kommunen beim Neubau von Wohnungen und bei
der Ausweitung des Bestands an Sozialwohnungen mit insgesamt vier
Milliarden Euro zusätzlich zu unterstützen.
Dr. Ulrich Maly, Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg und
Vize-Präsident des Deutschen Städtetags: "Die Intensivierung der
Städtebauförderung und die Belebung des sozialen Wohnungsbaus, im
Übrigen dauerhafte Forderungen der Städte und Gemeinden, sind eine
der wichtigsten Komponenten der Integrationspolitik. Denn sobald
bezahlbare Wohnungen fehlen, steigt die Gefahr von sozialen
Spannungen und wächst möglicherweise Konkurrenz zwischen
Einheimischen und Zugewanderten. Willkommenskultur buchstabiert sich
hier so: Wohnungsbau für alle!"
Chancen erkennen, Perspektiven schaffen, Integration ermöglichen
Mit der Robert Bosch Expertenkommission zur Neuausrichtung der
Flüchtlingspolitik hat die Robert Bosch Stiftung zehn hochrangige
Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zusammengebracht.
In überparteilicher Zusammensetzung haben die Experten über ein Jahr
Reformvorschläge für die deutsche Flüchtlingspolitik erarbeitet. Der
Abschlussbericht bündelt 99 konkrete Handlungsempfehlungen für den
Zugang und die Aufnahme von Flüchtlingen, für die Aufgaben- und
Lastenverteilung, für Anerkennung, Unterbringung und Wohnen, den
Spracherwerb, für Bildung und Schule, Ausbildung und
Arbeitsmarktintegration, Gesundheitsversorgung sowie für Rückkehr und
Rückführung.
"Wir brauchen eine klare, vorausschauende Strategie, damit unser
Land die Pluralität von Kulturen und Religionen nicht nur annehmen,
sondern auch als Chance nutzen kann", sagt Uta-Micaela Dürig,
Geschäftsführerin der Robert Bosch Stiftung. "Deshalb haben wir
Experten und Entscheider aus unterschiedlichen Bereichen an einem
Tisch zusammengebracht. Über ein Jahr lang haben sie konstruktiv über
sinnvolle Maßnahmen diskutiert und wirkungsvolle Lösungsansätze
entwickelt. Diese Arbeitsatmosphäre innerhalb der Kommission steht
auch für die Möglichkeit in unserem Land, offen Meinungen
auszusprechen und trotz Meinungsverschiedenheiten sachlich und mit
Respekt um das beste Ergebnis zu ringen."
Die Robert Bosch Expertenkommission zur Neuausrichtung der
Flüchtlingspolitik unter Vorsitz von Armin Laschet wurde im März 2015
einberufen. Der Abschlussbericht wurde im Rahmen einer Veranstaltung
mit Bundespräsident Gauck im April 2016 vorgestellt. Über Anhörungen,
Gespräche und Gutachten hat die Kommission bedarfsorientiert
wissenschaftliche, politische und ethische Expertise von Akteuren und
Experten in ihre Arbeit eingebunden und sich dabei als
parteipolitisch unabhängiger Berater verstanden. Zehn Studien wurden
in dieser Zeit vorgelegt.
Mitglieder der Kommission sind
- Armin Laschet (Vorsitz), Stellvertretender Bundesvorsitzender
der CDU und ehemaliger Integrationsminister des Landes
Nordrhein-Westfalen
- Heinrich Alt, Bundesagentur für Arbeit
- Günter Burkhardt, Geschäftsführer Pro Asyl
- Peter Clever, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
- Dr. Michael Griesbeck, Vizepräsident des Bundesamtes für
Migration und Flüchtlinge, Nürnberg
- Prof. Dr. Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für
Demoskopie Allensbach
- Dr. Ulrich Maly, Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg und
Vize-Präsident des Deutschen Städtetags
- Bilkay Öney, Ministerin für Integration des Landes
Baden-Württemberg, Stuttgart
- Roland Preuß, Süddeutsche Zeitung
- Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des
Deutschen Handwerks
- Prof. Dr. Christine Langenfeld, ehemalige Vorsitzende des
Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und
Migration (Gast)
Das aktuelle Papier der Stiftung und den Abschlussbericht der
Kommission finden Sie unter www.bosch-stiftung.de/fluchtundasyl
Die Robert Bosch Stiftung gehört zu den großen,
unternehmensverbundenen Stiftungen in Europa. In ihrer gemeinnützigen
Arbeit greift sie gesellschaftliche Themen frühzeitig auf und
erarbeitet exemplarische Lösungen. Dazu entwickelt sie eigene
Projekte und führt sie durch. Außerdem fördert sie Initiativen
Dritter, die zu ihren Zielen passen.
Die Robert Bosch Stiftung ist auf den Gebieten Gesundheit,
Wissenschaft, Gesellschaft, Bildung und Völkerverständigung tätig. In
den kommenden Jahren wird sie darüber hinaus ihre Aktivitäten
verstärkt auf drei Schwerpunkte ausrichten:
- Migration, Integration und Teilhabe
- Gesellschaftlicher Zusammenhalt in Deutschland und Europa
- Zukunftsfähige Lebensräume
Die Robert Bosch Stiftung bekennt sich zu den Werten und dem
Vorbild ihres Stifters, Robert Bosch, und setzt dessen
philanthropisches Wirken fort. Mit mehr als 50 Jahren Erfahrung
verfügt sie in ihren Fördergebieten über ein breites Wissen, die
Qualifikation zur Entwicklung von Lösungen und ein umfangreiches
Netzwerk von Partnern, Experten und Praktikern.
Die Robert Bosch Stiftung ist alleinige Trägerin des Robert Bosch
Krankenhauses und der zugehörigen Forschungsinstitute, Institut für
Geschichte der Medizin (IGM) und Dr. Margarethe
Fischer-Bosch-Institut für Klinische Pharmakologie (IKP) in
Stuttgart. Sie ist Gesellschafterin des UWC Robert Bosch Colleges in
Freiburg sowie der Deutschen Schulakademie in Berlin. Die Robert
Bosch Stiftung hält rund 92 Prozent der Geschäftsanteile an der
Robert Bosch GmbH und finanziert sich aus den Dividenden, die sie aus
dieser Beteiligung erhält. Seit ihrer Gründung 1964 hat die Robert
Bosch Stiftung mehr als 1,4 Milliarden Euro für ihre gemeinnützige
Arbeit ausgegeben.
Mehr Informationen unter www.bosch-stiftung.de.
Pressekontakt:
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