(ots) - Die vom amerikanischen
Sicherheitstechnikhersteller Netbotz produzierten und mit möglichen
Hintertüren für US-Geheimdienste versehenen Servermonitoring-Systeme
sind bis heute in Deutschland im Einsatz. Das ergaben Recherchen des
vom MDR produzierten ARD-Magazins "FAKT" (heute 21.45 Uhr, im
ERSTEN). Demnach bestätigten unter anderem der
Antivirensoftware-Hersteller AVIRA und der Drucker- und
Kopiererhersteller Ricoh-Deutschland den fortdauernden Einsatz dieser
Netbotz-Geräte.
"FAKT" liegen Belege vor, dass diese Geräte an Dutzende
sicherheitsrelevante Firmen ausgeliefert worden sind. Darunter
befinden sich Konzerne wie Jenoptik, MTU und OHB (Galileo Programm).
Betroffen sind außerdem Großkonzerne wie Volkswagen, die Deutsche
Bank, die Telekom und Infineon sowie einer der größten Anbieter von
Finanz- und Businesssoftware Sungard, die Groß-Kanzlei White&Case,
welche die Bundesregierung berät und das Bayerische
Landeskriminalamt.
Netbotz-Geräte sind laut Experten des Chaos Computer Clubs (CCC)
eine Art Hintertür zum Eindringen in Serversysteme. Das legt auch
eine technische Analyse des BND nahe. Der Rechtsexperte Nikolaos
Gazeas sieht nach den aktuellen "FAKT"-Recherchen den
Generalbundesanwalt in der Pflicht, Ermittlungen aufzunehmen: "Der
Generalbundesanwalt ist nicht nur angehalten, sondern auch
verpflichtet hier wieder tätig zu werden. Dem Generalbundesanwalt
bleibt nichts anderes übrig, als mindestens einen Prüfvorgang neu zu
eröffnen und diesem Verdacht nachzugehen. Würde der
Generalbundesanwalt nach dem 'FAKT'-Bericht weiterhin untätig
bleiben, dann grenzt dies an Strafvereitelung im Amt."
Außerdem empfiehlt er den betroffenen Firmen Strafanzeige zu
stellen. Auch Zivilklagen hält der Experte für möglich.
Das ARD-Magazin "FAKT" hatte bereits im September aufgedeckt, dass
die vom US-Sicherheitstechnikhersteller Netbotz in Umlauf gebrachten
Servermonitoring-Systeme Hintertüren für US-Geheimdienste beinhalten.
Dies belegen sowohl ein als geheim klassifizierter Bericht des
Bundesnachrichtendienstes (BND) von 2005 sowie aktuelle Recherchen
des Magazins. Demnach hat eine Quelle dem BND bereits 2004 auf diesen
Vorgang hingewiesen. Eine technische Überprüfung eines der Geräte
durch den BND ergab, dass das System verdeckt eine Verbindung mit
einem amerikanischen Militärserver herstellen wollte.
Der BND beobachtete bereits 2005, dass Netbotz massiv an Kunden
wie Regierungsstellen, z.B. das Auswärtige Amt und Kunden im Bereich
der Hightech- und Rüstungsindustrie, herantrat. Im Bereich der
deutschen Hightech-Industrie wurden Ãœberwachungssysteme verkauft.
Dabei bot Netbotz die Überwachungslösungen offenkundig unter Wert an.
Nach "FAKT"-Recherchen gelangten diese Informationen nicht vom BND
an die zuständige Spionageabwehr des Bundesamtes für
Verfassungsschutz (BfV). Dazu der Obmann von Bündnis 90/Grüne im NSA-
Untersuchungsausschuss Konstantin von Notz: "Das ist ein starkes
Versäumnis derjenigen, die von einem solchen Vorgang Kenntnis hatten.
Man muss das weitergeben, man muss der Privatwirtschaft aber auch den
öffentlichen Stellen die Möglichkeit geben, sich zu schützen. Dass
ist hier offensichtlich nicht erfolgt."
Der heutige Besitzer von Netbotz, der französische Konzern
Schneider Electric, erklärte, er hätte die Geräte überprüft, könnte
die Vorwürfe aber nicht nachvollziehen. Unabhängige Dritte waren bei
der Prüfung nicht involviert. Das Büro des französischen
Ministerpräsidenten erklärte auf Anfrage: "Der Sachverhalt unterliegt
der höchsten nationalen Geheimhaltungsstufe."
Mehr dazu in "FAKT", heute 21.45 Uhr, im ERSTEN.
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