(ots) - 2016 profitierten Zeitungen erstmals von
Digitalausgaben und verkauften pro Erscheinungstag mehr als eine
Million E-Paper-Exemplare (IVW-Auswertung der ZMG Zeitungs Marketing
Gesellschaft). Verlage wie Klambt beteiligten sich an etablierten
Plattformen für den Vertrieb von Abos. Die Hürden für
Adblocker-Nutzer wurden höher, zuletzt bei der Süddeutschen Zeitung.
Philipp Graf Montgelas, Deutschland-Chef des Digital-Kiosks Readly,
spricht über die Zukunft der Verlage, Flatrate- und
Paid-Content-Modelle.
Wie könnten journalistische Angebote im nächsten Jahr finanzierbar
sein?
Entscheidend ist, dass sich die Verlage mehr mit ihren
potenziellen Lesern auseinandersetzen, um deren Wünsche und
Bedürfnisse besser zu verstehen. Dass die Bereitschaft grundsätzlich
besteht, für hochwertige und gut aufgemachte digitale Inhalte zu
zahlen, steht außer Frage. Dazu muss es aber vernünftige Plattformen
geben - und dies zu vernünftigen Preisstrukturen. Die Verlage sollten
auf keinen Fall denselben Fehler machen wie mit Webseiten vor 20
Jahren und die Digitalausgaben ihrer Printprodukte komplett kostenlos
anbieten.
Sind Flatrate-Modelle wie Netflix, Spotify oder Readly für die
Verwertung redaktioneller Inhalte geeigneter als der Verkauf von
einzelnen Artikeln?
Wir sehen ganz deutlich, dass digitale Flatrate-Modelle aus
Konsumentensicht viel geeigneter sind. Man kann diese Entwicklung am
Beispiel von Apple verdeutlichen. Apple iTunes, wo der User pro Song
zahlte, wurde nicht umsonst durch Apple Music, nämlich ein Flatrate
Modell à la Spotify, ersetzt. Und unsere Magazin-Flatrate
funktioniert nicht nur aus Konsumentensicht. Für einige Verlage ist
Readly nach nur zwei Jahren am deutschen Markt bereits das digitale
Standbein bei der Vermarktung von Zeitschriften.
Eine IVW-Auswertung zeigt, dass 2016 Zeitungen erstmals von
Digitalausgaben profitierten und mehr als eine Million
E-Paper-Exemplare pro Erscheinungstag verkauften (1.013.454). Aber
wegfallende Printerlöse werden durch Abo-Anteile an Readly sicher nur
zum Teil ausgeglichen werden, oder?
Korrekt, wobei man grundsätzlich zwischen Zeitungen und
Zeitschriften bzw. Magazinen unterscheiden muss.
Was ist dann der Königsweg?
Aktuell gibt es noch keinen Königsweg. Entscheidend ist, dass die
Verlage mutig sind und neue Inhalte sowie Formate ausprobieren -
sowohl Print als auch digital. Einige Verlage, wie z. B. Motorpresse
Stuttgart oder WEKA Media München sind da schon recht weit. Die Masse
der deutschen und europäischen Verlage agiert allerdings nach wie vor
erschreckend behäbig.
Belastet ein Paid-Content-Modell nicht die Reichweitenerfolge des
Ablegers und damit die Werbeerlöse?
Bei Paid-Content-Modellen muss klar unterschieden werden zwischen
der Webseite und dem tatsächlichen physischen Magazin, und zwar Print
und digital. Ich finde es problematisch, Bezahlsperren auf Webseiten
hochzuziehen, weil der Nutzer es gewohnt ist, Inhalte umsonst zu
bekommen. Hier ist bis dato kaum ein Verlag in Europa wirklich
erfolgreich.
Woran sind die bisherigen Digital-Kioske gescheitert?
Zum einen ist die Nutzerfreundlichkeit der meisten Angebote wenig
befriedigend. Zum anderen verstehen die Nutzer nicht, warum sie für
die digitale Ausgabe fast oder sogar das Gleiche bezahlen sollen wie
für Print. Wenn dazu noch ein komplizierter Bezahlprozess kommt und
für jedes Magazin eine eigene App notwendig ist, hat man verloren.
In Norwegen hat das Verlagshaus Shibstedt ein Flatrate-Modell
eingeführt. Warum schlagen nicht die deutschen Verlage einen solchen
Weg ein?
Eine ausschließlich vom Verlag offerierte Plattform für die
eigenen Produkte und eine gemeinsame Flatrate für Print und Online
sind zu eng gedacht. Die Nutzer wollen auf eine Plattform zugreifen,
wo sie alle ihre Titel erhalten und zwar verlagsunabhängig. Den
Nutzern ist es egal, welcher Verlag hinter dem Produkt steht. Ihnen
geht es um das journalistische Angebot. Die ersten deutschen Verlage
experimentieren mit verlagseigenen digitalen Flatrates.
Interessanterweise sind das Verlage, für die die Flatrate als Modell
noch vor wenigen Monaten überhaupt nicht in Frage kam.
Wie stark entscheidet der Preis über den Vermarktungserfolg eines
digitalen Bezahlangebots?
Es gibt zwei Preisschwellen für digitale Angebote, die eine liegt
bei 5 Euro und die andere bei 10 Euro. Angebote, die sich deutlich
darüber bewegen sind sehr schwer zu verkaufen. Aber auch innerhalb
dieser Preisrange entscheiden Kriterien wie Nutzerfreundlichkeit,
Bezahlmethoden oder Service. Hier sehe ich bei den jüngsten
Initiativen im Verlagsgeschäft großen Nachholbedarf.
Pressekontakt:
Dr. Susanne Ardisson
susanne.ardisson(at)readly.com
Readly GmbH
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