(ots) - Reporter ohne Grenzen ist besorgt über die
Sicherheit von Journalisten in der syrischen Stadt Aleppo. Unter den
Zehntausenden Zivilisten, die in Ost-Aleppo bei Minusgraden
ausharren, waren Ende vergangener Woche nach ROG-Informationen auch
mehrere Dutzende Medienschaffende. Der Großteil von ihnen sind
Bürgerjournalisten, die über soziale Medien aus den umkämpften
Gebieten berichten.
"Die mutigen Bürgerjournalisten in Ost-Aleppo versorgen die
syrische Bevölkerung und die Weltöffentlichkeit seit Monaten mit den
einzigen unabhängigen Informationen über die verheerende Situation in
der Stadt. Ohne sie könnten wir uns kein verlässliches Bild von der
Lage vor Ort machen", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr.
"Unter der Genfer Konvention sind die Konfliktparteien verpflichtet,
Medienschaffende zu schützen - das gilt sowohl für Journalisten, die
in Aleppo bleiben wollen, als auch für diejenigen, die das Gebiet
verlassen möchten."
In den vergangenen Wochen haben Bürgerjournalisten Videos auf
Facebook und Twitter gepostet, um über die Lage zu informieren. Dazu
gehören etwa Omar Al-Arab (http://t1p.de/xfl0) und Salah Al-Ashkar
(http://t1p.de/kp2c). Der Journalist Zouhir Al-Shimale sprach mit ROG
vergangenen Donnerstag darüber, wie schwer es sei, in den belagerten
Gebieten zu leben und über die Situation zu berichten
(http://t1p.de/vo86).
Die Journalisten arbeiten zum Teil auch für internationale Medien.
Der freie Journalist Hadi Abdullah berichtete unter anderem für
Al-Jazeera. Er wurde von ROG als Journalist des Jahres 2016
ausgezeichnet (http://t1p.de/h5j9). Abdullah hat sich in gefährliche,
von seinen meisten Kollegen gemiedene Gebiete in Syrien gewagt. Dabei
ist der 29-Jährige mehrmals knapp dem Tod entgangen. Der Journalist
Zouhir Al-Shimale hat für die Wochenzeitschrift Die Zeit aus Aleppo
berichtet.
GEFÄHRLICHSTES LAND FÜR JOURNALISTEN WELTWEIT
Der jahrelange Krieg hat Syrien zum weltweit gefährlichsten Land
für Journalisten gemacht, wie aus der am Montag veröffentlichten
Jahresbilanz der Pressefreiheit 2016 hervorgeht (http://t1p.de/5x49).
Reporter riskieren für die Arbeit vor Ort ihr Leben. Sie können
jederzeit Opfer von Luftangriffen oder Artilleriebeschuss werden, von
Sicherheitskräften des Regimes festgenommen oder von Dschihadisten
entführt werden.
Seit dem Jahr 2011 sind in Syrien mindestens 62 Journalisten sowie
152 Bürgerjournalisten und Medienmitarbeiter getötet worden
(http://t1p.de/vo86). Allein dieses Jahr wurden dort mindestens elf
professionelle Journalisten und acht Bürgerjournalisten im
Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit getötet. Mindestens 28
Medienschaffende sitzen wegen ihrer Arbeit in den Gefängnissen der
Regierung. Momentan steht das Nothilfe-Referat von Reporter ohne
Grenzen in Berlin mit rund 20 syrischen Medienschaffenden in Kontakt.
Die Anzahl ausländischer Journalisten wurde in den vergangenen
Jahren aufgrund der Schwierigkeiten, ein Visum zu bekommen und sich
frei zu bewegen, immer weniger. Am vergangenen Donnerstag musste die
schwedische Journalistin Cecilia Uddén Syrien verlassen
(http://t1p.de/q8tl). Die Regierung hatte der Korrespondentin von
Radio Schweden wegen "falscher" Berichterstattung das
Journalistenvisum entzogen. Uddén hatte aus Aleppo und Damaskus
berichtet.
Reporter ohne Grenzen unterstützt die Klage der Hinterbliebenen
der US-Kriegsreporterin Marie Colvin (http://t1p.de/kih0). Sie war im
Februar 2012 in Syrien getötet worden. Mit Hilfe von Informationen
hochrangiger Überläufer und von syrischen Regierungsdokumenten zeigt
ihre Klage detailliert die direkte Verantwortung hochrangiger
Regimevertreter für die gezielte Ermordung der Journalistin. Der
tödliche Granatenangriff auf ein Untergrund-Medienzentrum in der
belagerten Stadt Homs am 22. Februar 2012 war demnach Teil der
Strategie des Assad-Regimes, unabhängige Journalisten auszuschalten,
um ohne störende internationale Aufmerksamkeit gegen die
Zivilbevölkerung vorgehen zu können.
In einigen Gebieten Syriens riskieren ausländische Journalisten
zudem, von bewaffneten Gruppen entführt zu werden. Vor allem die
Dschihadisten des "Islamischen Staats" (IS) entführen Journalisten,
um Kritiker zum Schweigen zu bringen, ihre Terrorherrschaft
durchzusetzen und Lösegelder zur Finanzierung ihrer Kriegsmaschinerie
einzutreiben.
Auf der jährlichen Rangliste der Pressefreiheit steht Syrien auf
Platz 177 von 180 Staaten. Weitere Informationen über die Lage der
Journalisten vor Ort finden Sie unter
www.reporter-ohne-grenzen.de/syrien.
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