(ots) - Das Jahr 2016 ist aus Sicht des Deutschen
Kinderhilfswerkes ein "Jahr der verpassten Chancen" bei der
Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland. Die Bundesregierung hat es
verpasst, in den großen Reformprozessen dieses Jahres einen
deutlichen Schritt hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit für Kinder zu
machen. Das gilt auch für die notwendige Reform der Familienförderung
insgesamt, um die soziale Gerechtigkeit in Deutschland zu steigern.
"Trotz verschwindend geringer Lichtblicke herrscht in Deutschland bei
der Bekämpfung der Kinderarmut weitgehend Stillstand. Eine
Hartz-IV-Nullrunde für Kinder bis zu sechs Jahren, nur fünf Euro mehr
für Jugendliche im Hartz-IV-Bezug, eine weitere Nullrunde beim
Schulbedarfspaket, lediglich zwei Euro mehr Kindergeld: Die
finanziellen Spielräume angesichts sprudelnder Steuereinnahmen werden
nicht zugunsten armer Kinder und Jugendlicher genutzt. Auch im
Bildungsbereich, das belegt die neue PISA-Studie eindrücklich, gibt
es leider nichts Neues: Trotz steigender Bildungsausgaben hängt der
Bildungserfolg immer noch stark von der sozialen Herkunft ab. Hier
vermissen wir an vielen Stellen den politischen Willen, sich dem
drängenden, strukturellen Problem der schlechten Bildungschancen der
von Armut betroffenen Kinder in Deutschland anzunehmen. Das gilt auch
für die Gesundheitsversorgung. Denn Kinderarmut und gesundheitliche
Risikofaktoren gehen Hand in Hand. Trotz der prinzipiell kostenlosen
Gesundheitsversorgung für Kinder und der kostenfreien
Früherkennungsuntersuchungen werden insbesondere Mädchen und Jungen
aus finanziell benachteiligten Verhältnissen von diesen Angeboten
immer noch nicht erreicht. Auch hier besteht dringender Reformbedarf.
Kinderarmut lässt sich nicht mit politischen Kleckereien bekämpfen.
Kinderarmut ist nur durch grundsätzliche Reformen zu überwinden, die
auch spürbar bei den Betroffenen ankommen", betont Thomas Krüger,
Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.
"Diese insgesamt schlechte Bilanz überdeckt die wenigen
Lichtblicke fast vollständig. Die Hartz-IV-Regelsatzerhöhung für
Kinder zwischen sechs und 13 Jahren um 21 Euro begrüßen wir sehr,
ebenso die Erhöhung des Kinderzuschlags zum Jahreswechsel um 10 Euro.
Aber das ist für wirkliche gesellschaftliche Teilhabe, so wie sie das
Bundesverfassungsgericht in seinem Hartz-IV-Urteil im Jahre 2010
gefordert hat, viel zu wenig. Besonders enttäuscht sind wir, dass das
Gesetzgebungsverfahrungen zur Ausweitung des Unterhaltsvorschusses in
diesem Jahr nicht mehr abgeschlossen wurde. Jetzt muss ein Weg
gefunden werden, dass die Reform rückwirkend zum 01. Januar 2017 in
Kraft tritt. Denn der Unterhaltsvorschuss kann, wie zahlreiche
Studien zeigen, für Kinder von Alleinerziehenden ein wirksamer Schutz
vor Armut sein", so Krüger weiter.
Zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland spricht sich das
Deutsche Kinderhilfswerk für ein ressortübergreifendes Bundesweites
Programm aus. Ein solches Programm sollte bei der
Beschäftigungspolitik ansetzen, damit Eltern durch eigene
Erwerbstätigkeit sich und ihren Kindern eine ausreichende finanzielle
Lebensgrundlage bieten können. Bund, Länder und Kommunen müssen zudem
gemeinsam dafür sorgen, dass Einrichtungen für Kinder und Jugendliche
so ausgestattet werden, dass sie deren Entwicklung zu eigenständigen
Persönlichkeiten adäquat fördern können. Ein gesundes Aufwachsen
sollte für alle Kinder, unabhängig vom Geldbeutel ihrer Eltern,
ebenso eine Selbstverständlichkeit sein. Mit Bildung stärken wir die
Kinder als Subjekte und ermöglichen es ihnen, ihr Leben selbst in die
Hand zu nehmen und nicht in Resignation zu versinken. Bildung beginnt
dabei nicht erst in der Schule. Nach Ansicht des Deutschen
Kinderhilfswerkes muss bereits im Bereich der frühkindlichen Bildung
ein wesentlicher Fokus liegen. Neben einem Ganztagsangebot und
flexiblen Öffnungszeiten, die insbesondere für Alleinerziehende von
zentraler Bedeutung sind, brauchen wir für die Sicherung der Rechte
von Kindern eine qualitativ hochwertige Bildung, Erziehung und
Betreuung sowie ein Qualitätsmanagement in der Kindertagesbetreuung,
das auch den gestiegenen Anforderungen und Erwartungen an das
Fachpersonal Rechnung trägt. Nicht zuletzt gilt es der
fortschreitenden Segregation von armen und reichen Familien
entgegenzuwirken. Wir verstärken die vorhandenen Probleme wenn wir
zulassen, dass arme Familien in manchen Stadteilen unter sich sind.
Deutschland darf bei der sozialen Gerechtigkeit nicht im Mittelmaß
stecken bleiben.
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