(ots) - Richterbund warnt vor Aktionismus in
Sicherheitsdebatte
Vorsitzender Gnisa kritisiert "fatalen" Wettlauf um schärfere
Gesetze und beklagt Vollzugsdefizite
Osnabrück. Der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Jens
Gnisa, warnt vor Aktionismus in der Debatte um Terrorgefahren und die
innere Sicherheit. In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker
Zeitung" (Samstag) sagte Gnisa: "Der politische Wettlauf um schärfere
Sicherheitsgesetze zum Auftakt des Wahljahres erweckt den fatalen
Eindruck, dass unser Rechtsstaat den Gefahren des Terrorismus
weitgehend hilflos gegenübersteht. Dieser Aktionismus ist das
Gegenteil einer besonnenen Sicherheitspolitik, die jetzt gefragt
wäre."
Gnisa betonte, es gehe nicht in erster Linie um Gesetzesdefizite,
sondern um "Defizite beim Vollzug der bestehenden Vorschriften".
Angesichts einer seit Jahren akuten Terrorgefahr seien die Gesetze
immer wieder verschärft worden. "Der Rechtsstaat gibt den Behörden
bereits heute sehr weitreichende Befugnisse, die sie aber auch
konsequent und in effizienter Zusammenarbeit anwenden müssen."
Zur Debatte um Abschiebungen so genannter Gefährder sagte Gnisa:
"Es ist nicht so, dass das Ausländerrecht den Behörden bisher keine
Handhabe bietet." Zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die
öffentliche Sicherheit seien eine Abschiebungsanordnung und auch
Sicherungshaft möglich, sofern sich die Gefährlichkeit des
Betroffenen hinreichend belegen lasse, "was die Behörden im Fall Anis
Amri aber verneint haben".
Der Tunesier Amri hatte am 19. Dezember einen Lkw in einen
Weihnachtsmarkt in Berlin gelenkt und zwölf Menschen getötet. Die
Sicherheitsbehörden hatten ihn monatelang beobachtet und mehrfach als
Gefährder eingestuft, ohne ihn aber in seiner Bewegungsfreiheit
einzuschränken. Man könne auch einen Mann wie Amri nicht hinter
Gitter bringen, wenn sich der Verdacht der Sicherheitsbehörden "auf
Hörensagen" gründe, hatte dazu am Donnerstag das
nordrhein-westfälische Innenministerium erklärt. Auch für eine
Abschiebehaft gab es dem Ministerium zufolge nicht die rechtlichen
Voraussetzungen.
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