PresseKat - Reporter ohne Grenzen: Trump muss Feindseligkeiten gegen Journalisten beenden

Reporter ohne Grenzen: Trump muss Feindseligkeiten gegen Journalisten beenden

ID: 1446193

(ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert den künftigen
US-Präsidenten Donald Trump vor seiner Amtseinführung am Freitag auf,
sein feindseliges Verhalten gegenüber Journalisten zu beenden.

"Mit seiner demonstrativen Geringschätzung kritischer Medien hat
der künftige US-Präsident schon vor seinem Amtsantritt schweren
Schaden angerichtet", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr.
"Donald Trump stellt nicht nur wichtige Errungenschaften der
Pressefreiheit in den USA in Frage. Er gibt auch ein
brandgefährliches Beispiel für Autokraten in aller Welt, die nur
darauf warten, unabhängige Journalisten ohne lästige Kritik des
Auslands kaltstellen oder verfolgen zu können. Es ist höchste Zeit,
dass Trump seine Angriffe auf die Medien einstellt und sich auf das
traditionelle Selbstverständnis der USA als Vorreiter der
Pressefreiheit besinnt."

Im Wahlkampf wie auch in der Ãœbergangszeit seit seinem Wahlsieg
hat Trump in Wort und Tat deutlich gemacht, dass er nicht bereit ist,
die Rolle der Medien als unabhängige Kontrollinstanz seines
politischen Handelns anzuerkennen. Auch viele Äußerungen seines
designiertes Spitzenpersonals geben mit Blick auf die Pressefreiheit
Anlass zur Sorge.

SCHIMPFTIRADEN GEGEN KRITISCHE MEDIEN

Sowohl vor als auch nach seinem Wahlsieg hat Trump kritische
Medienveröffentlichungen reihenweise mit regelrechten Schimpftiraden
beantwortet, teils verbunden mit frei erfundenen Behauptungen über
die Zielscheiben seiner Missgunst. So twitterte Trump kurz nach
seiner Wahl wahrheitswidrig, die New York Times habe "wegen ihrer
sehr schlechten und äußerst inkorrekten Berichterstattung" über ihn
Tausende Abonnenten verloren (http://t1p.de/vc50). Den CNN-Reporter
Jeff Zeleny verunglimpfte er als "Teilzeit-Möchtegern-Journalist",
weil Zeleny Trumps unbelegte Behauptung eines massenhaften




Wahlbetrugs hinterfragt hatte (http://t1p.de/8ink).

Den Fernsehsender CNN bezichtigte Trump vergangene Woche bei der
ersten Pressekonferenz nach seinem Wahlsieg ohne jeden Beleg, "Fake
News" zu verbreiten. Anlass war die Berichterstattung des Senders
über ein in Washington kursierendes Dossier mit mutmaßlich
kompromittierenden Informationen über Trump. An die Adresse des
Internetportals BuzzFeed, das das Dossier in Gänze veröffentlicht
hatte, sprach Trump von einem "missglückten Haufen Müll".

Dem CNN-Reporter Jim Acosta verweigerte Trump in derselben
Pressekonferenz jede Antwort auf seine wiederholten Frageversuche.
Trumps Sprecher Sean Spicer soll Acosta sogar gedroht haben, ihn aus
dem Saal werfen zu lassen, falls er weiter versuche, seine Frage zu
stellen (http://t1p.de/6m0m). Der türkische Präsident Recep Tayyip
Erdogan, der seit dem vergangenen Sommer massiv gegen jede kritische
Berichterstattung in seinem Land vorgeht, lobte Trumps Verhalten
gegen den CNN-Reporter und merkte an, er selbst habe Kritiker aus den
Medien auf die gleich Weise behandelt (http://t1p.de/vadi).

TRUMPS SOCIAL-MEDIA-DIREKTOR VERBREITET FALSCHMELDUNGEN

Den Hauptstadtkorrespondenten in Washington verweigerte Trump nach
der Wahl die seit Jahrzehnten übliche Mitreise zum ersten Besuch bei
seinem Amtsvorgänger im Weißen Haus (http://t1p.de/dil8). Bei seinem
ersten Treffen mit einem ausländischen Regierungschef ließ er keine
Pressevertreter zu (http://t1p.de/zmov).

Der Washington Post und mehreren weiteren Medien hatte Trumps
Tross im Wahlkampf wegen kritischer Berichte die
Presseakkreditierungen entzogen. Monatelang befehdete der Kandidat
öffentlich die Fox-News-Moderatorin Megyn Kelly, die ihm bei einer
Fernsehdebatte mit scharfen Fragen zugesetzt hatte. Kelly erhielt
daraufhin zeitweise Morddrohungen und musste Personenschützer
anheuern (http://t1p.de/6vf8). Per Twitter beschimpfte Trump im
Wahlkampf laut einer Dokumentation der New York Times insgesamt rund
70 Journalisten und mehr als 20 Medien, einige von ihnen vielfach
(http://t1p.de/pe3u).

Auch der designierte Präsidentensprecher Spicer hat immer wieder
einzelne Journalisten oder Medien - insbesondere das
Nachrichtenportal Politico - öffentlich schlechter oder falscher
Berichterstattung bezichtigt (http://t1p.de/favs). Dan Scavino, der
künftig als Direktor für soziale Medien im Weißen Haus dienen soll,
hat per Twitter wiederholt Falschmeldungen von der Webseite eines
bekannten Verschwörungstheoretikers verbreitet (http://t1p.de/wdza).

Die für das Weiße Haus zuständigen Korrespondenten der wichtigsten
US-Medien haben inzwischen angekündigt, Trump künftig geschlossen
entgegenzutreten, sollte er erneut einzelne Journalisten beschimpfen
oder ihre Fragen ignorieren. Lügen und Verzerrungen seitens Trumps
und seiner Sprecher würden sie klar benennen und die Urheber in
besonders gravierenden Fällen boykottieren, schrieben die
Korrespondenten in einem offenen Brief (http://t1p.de/qyfi).

STRAFVERFOLGUNG VON JOURNALISTEN NICHT AUSGESCHLOSSEN

In ihrer Summe offenbaren die Vorfälle eine gefährliche
Feindseligkeit gegen jede kritische Berichterstattung. Sollten Trump
und seine Regierung bestehende rechtliche Möglichkeiten anders als
frühere Regierungen zu Ungunsten der Pressefreiheit ausschöpfen,
könnten sie damit realen Schaden anrichten.

US-Verfassungsexperten halten es zwar für unwahrscheinlich, dass
Trump seine Wahlkampf-Ankündigung wahr machen kann,
Verleumdungsklagen gegen Medien wegen "absichtlich negativer"
Berichte zu erleichtern (http://t1p.de/ybgp, http://t1p.de/v5fd).
Auch mehrere von Trump angekündigte Klagen gegen verschiedene Medien
sind bislang offenbar eine Drohkulisse geblieben
(http://t1p.de/kuqr).

Sorge bereitet Juristen aber unter anderem die Aussicht, eine
medienfeindliche Regierung könnte den Anwendungsbereich des
Spionagegesetzes von 1917 weiter ausweiten und die vage formulierte
Regelung nicht mehr - wie unter dem scheidenden Präsidenten Barack
Obama öfter als unter allen vorangegangenen Präsidenten geschehen
(http://t1p.de/6e1i) - nur gegen Informanten aus dem
Regierungsapparat ins Feld führen, sondern auch gegen Journalisten,
die über Verschlusssachen der Regierung berichten
(http://t1p.de/emss).

Auch der Schutz von Journalisten vor Verhaftung ist schwächer, als
die bisherige Praxis vermuten lässt: Er besteht vor allem darin, dass
der US-Justizminister in seiner Doppelfunktion als
Generalstaatsanwalt die Haft in jedem Einzelfall genehmigen muss
(http://t1p.de/aupi).

Trumps Kandidat für den Posten, Jeff Sessions, legte sich bei
seiner Anhörung vor dem Senat ausdrücklich nicht darauf fest,
Journalisten grundsätzlich von Strafverfolgung wegen möglicher
Rechtsverstöße im Zuge ihrer Tätigkeit auszuschließen. Vielmehr
deutete er an, diese Praxis bei bestimmten Verletzungen des
Geheimschutzes womöglich zu hinterfragen (http://t1p.de/z3vp).
Sessions hat sich in seiner Zeit als Senator auch gegen ein
Bundesgesetz zum Schutz journalistischer Quellen ausgesprochen, sich
gegen eine Stärkung des US-Informationsfreiheitsgesetzes gesperrt und
sich für mehr Überwachungsbefugnisse der Geheimdienste eingesetzt
(http://t1p.de/s5ms).

BEUNRUHIGENDE ÄUSSERUNGEN ZU WHISTLEBLOWERN

Nicht weniger beunruhigend sind die Äußerungen Trumps und seines
Spitzenpersonals zum Umgang mit Whistleblowern. Trump selbst hat den
NSA-Whistleblower Edward Snowden als "Verräter", "Schande" und
"Feigling" beschimpft (http://t1p.de/sog8). Sein designierter
CIA-Chef Mike Pompeo bezeichnete eine Hinrichtung als angemessene
Strafe für Snowden (http://t1p.de/5icw).

Anfang Januar forderte der designierte Präsident die
Geheimdienstausschüsse von Senat und Repräsentantenhaus auf zu
untersuchen, wie der Fernsehsender NBC vor ihm in den Besitz eines
Geheimdienstberichts gelangt sei. Der Sender hatte detailliert über
die Schlussfolgerungen der Dienste zu den mutmaßlich von Russland
gesteuerten Hackerangriffen im Wahlkampf berichtet, über die Trump
erst am Tag darauf offiziell unterrichtet werden sollte
(http://t1p.de/mb9o).

Verstörend sind auch Trumps Einlassungen zur Frage staatlicher
Gewalt gegen Journalisten im Ausland. Anlass war die Frage eines
Fernsehmoderators im Dezember 2015, ob seine Freude über lobende
Äußerungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin dadurch
geschmälert werde, dass Putin für Menschenrechtsverletzungen wie
Morde an Journalisten verantwortlich sei. Trumps Antwort: Immerhin
sei Putin ein Anführer, und auch die USA hätten viele Tote auf dem
Gewissen. Erst auf eine spätere Nachfrage, ob er die Tötung von
Journalisten verurteilte, erwiderte Trump: "Gewiss, absolut" - nur,
um gleich anschließend wieder Putins Führungsstärke zu preisen
(http://t1p.de/hblj).

Auf der jährlichen Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne
Grenzen stehen die USA auf Platz 41 von 180 Staaten. Mehr zur Lage
der Pressefreiheit in den USA finden Sie unter
www.reporter-ohne-grenzen.de/usa.



Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska / Christoph Dreyer / Anne Renzenbrink
presse(at)reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de/presse
T: +49 (0)30 609 895 33-55
F: +49 (0)30 202 15 10-29

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Datum: 19.01.2017 - 10:50 Uhr
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