PresseKat - OBS-Studie analysiert Programme und Senderprofile von BR und hr

OBS-Studie analysiert Programme und Senderprofile von BR und hr

ID: 1448119

(ots) - Hohe Anteile an fiktionaler Unterhaltung lassen
weniger Sendezeit für informierende Angebote: Dies ist ein zentraler
Befund einer neuen Studie der Otto Brenner Stiftung, in der
Programmstrukturen und konkrete Inhalte der Fernsehprogramme des
Bayerischen Rundfunks (BR) und des Hessischen Rundfunks (hr)
untersucht werden.

Betrachtet man Reichweite und Marktanteile gehören die
Regionalprogramme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu den
beliebtesten bzw. reichweitenstärksten Fernsehsendern Deutschlands.
Bisherige OBS-Untersuchungen der Programmprofile von WDR/MDR und
SWR/NDR ließen jedoch Zweifel daran aufkommen, ob die Sender den
gesetzlich festgeschriebenen Beitrag zur Meinungsbildung tatsächlich
leisten und ihrem besonderen gesellschaftlichen Auftrag angemessen
nachkommen. Die Studienergebnisse der jeweiligen Autorenteams um
Professor Joachim Trebbe und deren medienkritische Zuspitzung durch
die Stiftung stießen dabei auf ein großes Medienecho und wurden zum
Teil sehr kontrovers diskutiert.

Die nun neu erhobenen Daten und vergleichenden Analysen machen in
Bezug auf informierende Inhalte besonders einen Aspekt deutlich: "Der
BR und auch der hr erzielen die mit Abstand niedrigsten Quoten für
informierende Programminhalte und setzen vermehrt auf fiktionale
Unterhaltung." Der BR widmet an einem durchschnittlichen Programmtag
nur 45 Prozent der Sendezeit den als potentiell informierend
eingestuften Formaten wie Nachrichten und Magazinen und fällt damit
als einziger der bisher untersuchten Sender unter die
50-Prozent-Marke. Dennoch wird die knappe Zeit im Vergleich effektiv
genutzt: Die Berichterstattung über Politik, Wirtschaft und
gesellschaftlich kontroverse Themen liegt auf ähnlichem Niveau wie
bei den Vergleichssendern, Unterhaltungspublizistik wie Promiklatsch
ist im BR weniger häufig zu finden.





Der hr profiliert sich als stark regional geprägter Sender: 94
Prozent der Beiträge der in einer Längsschnittanalyse untersuchten
regionalen Nachrichtenformate nehmen Bezug auf das Bundesland Hessen.
Der BR weist im Vergleich dazu mit einem Anteil von 79 Prozent einen
deutlich schwächeren Bezug zum Sendegebiet auf. Auch bei der
Bedeutung von Human-Touch-Themen lassen sich zwischen hr und BR
relevante Unterschiede feststellen. In der Längsschnittanalyse bringt
es der BR insgesamt "nur" auf 3,6 Prozent, der hr hingegen auf 18,1
Prozent. In der Querschnittsanalyse kommt das Autorenteam für den BR
auf insgesamt 9,1 Prozent Human-Touch-Themen, während der hr mit 15,6
Prozent einen Wert erreicht, der mit den Angaben für die anderen
untersuchten Sender vergleichbar ist.

Darüber hinaus zeigt die Studie: BR und hr fokussieren eher auf
fiktionale Formate (Filme und Serien) als auf Shows und Spiele.
Außerdem unterscheiden sich die Dritten Programme in ihrer Strategie,
die wenig attraktiven Nachtstunden mit Inhalten zu füllen: Während
alle anderen untersuchten Dritten Programme hier häufig auf
Wiederholungen der informierenden regionalen Formate setzen (und
damit ihre statistischen Informationsanteile künstlich erhöhen),
sendet der Bayerische Rundfunk mit Space Night ein nächtliches
Überbrückungsprogramm.

"Das Fernsehen spielt nach wie vor eine besondere Rolle in unserer
Gesellschaft", sagt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Otto Brenner
Stiftung. Angesichts der aktuellen Debatte über "Lügenpresse",
"Mainstream-Medien" und "Fake News" gewinnen Fragen der
Glaubwürdigkeit von Medien und des Vertrauens beim Publikum noch an
Relevanz. "Die Heftigkeit der Auseinandersetzung steht dabei
allerdings im krassen Gegensatz zu verlässlichen Erkenntnissen auch
internationaler Forschung", gibt Legrand zu bedenken. Gerade deshalb
seien "empirische Daten wichtig, um auch eine Diskussion über Inhalte
und Qualität der Regionalprogramme anzustoßen." Die OBS will mit
dieser Publikation zu der Debatte um Medienqualität und die Erfüllung
des Programmauftrags durch die Dritten beitragen.

Mit der aktuellen Untersuchung knüpft die Forschergruppe um Eva
Spittka, Matthias Wagner, Anne Beier und Joachim Trebbe an zwei
Vorgängerstudien zu den Programmleistungen der Dritten der ARD an:
Zum einen an die vergleichende Analyse von WDR und MDR (2015), zum
anderen an die Studie über SWR und NDR (2013). Bevor die Otto Brenner
Stiftung zusammen mit dem verantwortlichen Studienleiter Prof. Dr.
Joachim Trebbe diese Untersuchungsreihe auf den Weg gebracht hat,
waren die Dritten Programme der ARD weitgehend weiße Flecken in der
publizierten Medienwissenschaft. Die geringe und wenig konkrete
kommunikationswissenschaftliche Forschung zu den
ARD-Regionalprogrammen steht in starkem Kontrast zur Bedeutung dieser
Programmangebote - nicht zuletzt für die Zuschauer, für die die
Dritten zu den beliebtesten Sendern gehören.

Stiftung und Studienteam werden demnächst mit einer Untersuchung
des rbb die Forschungslücke im Programmsegment "Dritte ARD-Programme"
vollständig schließen.

"Unterhaltung aus Bayern, Klatsch aus Hessen? - Eine
Programmanalyse von BR und hr", OBS-Arbeitspapier Nr. 25, 2017.
Informationen unter http://ow.ly/o9X03089du7



Pressekontakt:
Jupp Legrand
OBS-Geschäftsführer
Telefon: 069 - 6693 2810
E-Mail: info(at)otto-brenner-stiftung.de

Anne Beier/Joachim Trebbe/Matthias Wagner/Eva Spittka
Telefon: 030 - 8385 7875
E-Mail: Joachim.Trebbe(at)fu-berlin.de

Original-Content von: Otto Brenner Stiftung, übermittelt durch news aktuell


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Datum: 25.01.2017 - 08:00 Uhr
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