(ots) - Mehr als 94 Prozent der Unternehmen empfinden
die Unterschiede in der Bewertung von Pensionsverpflichtungen
zwischen Handels- und Steuerbilanz als ungerecht. Etwa die Hälfte
davon hält sie sogar für sehr ungerecht. Das Festhalten am
steuerlichen Rechnungszins von 6 Prozent können folgerichtig auch
mehr als 84 Prozent der Unternehmen nicht nachvollziehen. Dies sind
die Ergebnisse einer Mercer-Umfrage unter 80 deutschen Unternehmen.
Getrieben durch anhaltend niedrige Zinsen steigen die
Pensionsverpflichtungen in den Unternehmensbilanzen immer weiter an.
Zwar ist der Effekt in den internationalen Bilanzen am stärksten
ausgeprägt - mittlerweile liegen die Verpflichtungen allein im DAX
bei etwa 407 Mrd. Euro - doch auch für HGB-Bilanzierer wird die Lage
schwieriger. Zum Jahresende mussten Pensionsverpflichtungen in der
Handelsbilanz mit 4,01 Prozent abgezinst werden. Das Problem: Für
dieselben Verpflichtungen muss steuerlich unverändert mit 6 Prozent
gerechnet werden. Unternehmen mit Direktzusagen müssen somit in ihrer
Steuerbilanz höhere Gewinne als in der Handelsbilanz ausweisen. Sie
werden damit gegenüber Unternehmen, die andere Durchführungswege
nutzen oder überhaupt keine betriebliche Altersversorgung (bAV)
anbieten, benachteiligt.
"Die Pensionsverpflichtungen werden damit künstlich kleingerechnet
und die Unternehmen bestraft. Mittlerweile gehen Experten davon aus,
dass diese Praxis verfassungswidrig ist", kommentiert Thomas
Hagemann, Chefaktuar von Mercer Deutschland. Denn: Ein Unternehmen,
dessen Pensionsverpflichtungen nur durch die Zinsentwicklung um
100.000 Euro angestiegen sind und das ohne diesen Anstieg einen
Gewinn von 100.000 Euro verbucht hätte, erzielt im Ergebnis keinen
Gewinn. Gleichzeitig muss das Unternehmen aufgrund des höheren
steuerlichen Zinses aber einen Gewinn von 100.000 Euro versteuern -
obwohl es diesen Gewinn tatsächlich gar nicht gibt.
Direktzusage bleibt wichtiger Durchführungsweg
Mehr als ein Drittel der Unternehmen ist allerdings der Meinung,
dass die unterschiedliche steuerliche Behandlung die Attraktivität
der Direktzusage als Durchführungsweg innerhalb der betrieblichen
Altersversorgung nicht mindert. "Auf den ersten Blick ist dieser doch
recht hohe Anteil überraschend. Es scheint, als wäre die Direktzusage
für viele Unternehmen trotz steuerlicher Ungleichbehandlung
attraktiver als andere Durchführungswege", so Hagemann.
24 Prozent der Befragten wären sogar dazu bereit, Direktzusagen
auszubauen oder neu einzuführen, wenn die steuerlichen an die
handelsrechtlichen Regelungen angepasst würden. "Das passt nicht zum
Abgesang auf die Direktzusage, von dem man heute immer wieder hört.
Aber: Die steuerliche Diskriminierung hemmt eine weitere Verbreitung.
Mit Blick auf die derzeitigen Reformbemühungen der Regierung, die ja
eine weitere Verbreitung der bAV generell forcieren will, ist das
eine wichtige Botschaft", kommentiert Hagemann. "Dazu kommt, dass die
durchschnittliche Anwartschaft aus einer Direktzusage deutlich höher
ist als in anderen Durchführungswegen. Für eine auskömmliche
Altersversorgung ist sie also nach wie vor ein wichtiges Standbein."
Änderungen nötig - und zwar schnell
83 Prozent der Unternehmen sehen eine Angleichung der Handels- und
Steuerbilanz als "wichtig" (53 Prozent) oder "sehr wichtig" (30
Prozent) an. Und ganze 87 Prozent sind der Meinung, dass eine solche
Angleichung kurzfristig, also innerhalb der nächsten fünf Jahre,
erfolgen muss. Auch beim gewünschten Zinssatz herrscht Einigkeit: 80
Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus, den handelsrechtlichen
Rechnungszins auch für die Steuerbilanz zu übernehmen. Nur wenige
Unternehmen bevorzugen andere Vorschläge, wie beispielsweise einen
anderen festen Zinssatz (7 Prozent) oder gar den Zinssatz nach IAS 19
(7 Prozent).
"Unsere Umfrage zeigt deutlich, dass Unternehmen den
Durchführungsweg Direktzusage noch immer positiv bewerten, aber durch
die steuerliche Diskriminierung eingeschränkt werden. Der Gesetzgeber
muss hier kurzfristig handeln: Ein Ende der Benachteiligung kommt
nämlich nicht nur den Unternehmen zugute, sondern hauptsächlich den
Arbeitnehmern, die von einem weiteren Ausbau dieses wichtigen
Bausteins innerhalb der bAV profitieren würden", so Hagemann.
Auf unserer Website finden Sie weitere Informationen sowie eine
Infografik zum Thema: http://ots.de/UAiZx
Hintergrund
Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz hat der Gesetzgeber im
Jahr 2009 unter anderem die Bewertung der Pensionsverpflichtungen für
den handelsrechtlichen Jahresabschluss vorgeschrieben und näher an
die internationale Rechnungslegung geführt. Die beiden wichtigsten
Änderungen waren
- die Verwendung eines externen und einheitlich bestimmten
Marktzinssatzes im Durchschnitt der letzten sieben Jahre (seit
März 2016: zehn Jahre);
- die Berücksichtigung zukünftiger erwarteter Bezüge- und
Rentensteigerungen.
Viele Unternehmen hatten vorher die steuerlichen
Pensionsrückstellungen auch in die Handelsbilanz übernommen. Daher
mussten sie ihre Rückstellungen in der Handelsbilanz deutlich
aufstocken. Dieser Effekt verstärkt sich aktuell durch nach wie vor
fallende Zinsen.
In der Steuerbilanz ist dagegen alles beim Alten geblieben. Der
Rechnungszins von 6 Prozent ist bereits seit Jahrzehnten in § 6a EStG
festgeschrieben. Außerdem ist es nach wie vor steuerlich nicht
zulässig, die handelsbilanziell vorgeschriebene Berücksichtigung von
zukünftigen Erhöhungen, die am Bilanzstichtag noch nicht feststehen,
in der Steuerbilanz nachzuvollziehen (Stichtagsprinzip).
Damit laufen die steuer- und handelsrechtlichen Wertansätze
mittlerweile deutlich auseinander. Der handelsrechtliche
Rechnungszins lag zum Jahresende 2016 bei 4,01 Prozent, zusätzlich
sind Bezügesteigerungen von 2 bis 3 Prozent und Rentensteigerungen
von um die 1,5 Prozent zu berücksichtigen. Die steuerlichen
Rückstellungen können damit abhängig von Versorgungszusage und
Bestandszusammensetzung um 20 bis 30 Prozent unter den
handelsrechtlichen Rückstellungen liegen.
Ãœber die Umfrage
Für die Umfrage wurden 80 zufällig ausgewählte Mercer-Kunden
befragt. Darunter waren Unternehmen aller Größenordnungen und
Branchen. Die Befragung erfolgte im Dezember 2016 telefonisch auf
Basis eines Fragebogens.
Ãœber Mercer (www.mercer.com)
Mercer zählt mit mehr als 20.000 Mitarbeitern in mehr als 40
Ländern zu den führenden globalen Anbietern von Dienstleistungen in
den Bereichen Talent, Health, Retirement und Investments. Die Berater
von Mercer unterstützen Unternehmen bei der Gestaltung und dem
Management der beruflichen Altersvorsorge, der Krankentaggeld- und
Unfallversicherung sowie bei der Optimierung des Human
Capital-Managements. Das Unternehmen ist überdies einer der führenden
Anbieter von Verwaltungslösungen für betriebliche Nebenleistungen.
Die Mercer-Dienstleistungen im Bereich Investments bein-halten das
Investment Consulting sowie Multi-Manager Investment-Produkte. Das
Unternehmen ist Teil der Marsh & McLennan Companies, Inc.
(www.mmc.com). Die Aktie der Muttergesellschaft ist mit dem
Ticker-Symbol MMC an den Börsen New York, Chicago und London notiert.
Mercer Deutschland (www.mercer.de)
In Deutschland ist Mercer mit über 600 Mitarbeitern unter anderem
an den Standorten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Leipzig,
München und Stuttgart vertreten. Die Schwerpunkte der
Geschäftstätigkeit liegen in der Beratung von Unternehmen rund um
betriebliche Altersversorgung,Vergütung, Human-Capital-Strategie, M&A
und Investments, Health Management sowie Pensions Administration.
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