(ots) - Halb Frankfurt müsse wohl unterkellert sein, um
all die Meldungen unterzubringen, welche Banken der deutschen
Finanzaufsicht liefern müssten, scherzte vor Jahren der Chef eines
größeren Instituts. Im Vergleich mit dem European Reporting Framework
(ERF), das die Europäische Zentralbank (EZB) derzeit vorantreibt,
nehmen sich solche Begehrlichkeiten recht bescheiden aus: Die
Statistiker der EZB nehmen im großen Stil eine Harmonisierung und
deutliche Vertiefung des Meldewesens in Angriff. Das schon vor dem
Start berüchtigte Kreditregister Anacredit wird nur der Auftakt sein
für eine Ausweitung der Erhebung einzelner anstelle aggregierter
Daten.
Wer erlebt hat, wie jüngst auf einer EZB-Konferenz zum
aufsichtsrechtlichen Berichtswesen der Appell an Banken erging,
endlich stimmige Daten einzureichen, kann sich vorstellen, wie die
Aufseher sich die Hände reiben in Vorfreude auf den Schatz, den sie
dank der Statistiker dereinst heben können.
Die Konstellation lässt nichts anderes erwarten: Die Notenbank,
bemüht, die Wirkungswege ihrer Geldpolitik feiner nachzuverfolgen,
und in der Pflicht, die Banken zu beaufsichtigen, kann an Daten
bestellen, was sie für nötig hält; die Institute müssen zusehen, wie
sie liefern. Vermutlich ist es dabei kein Zufall, dass das Vorhaben
wie zuvor Anacredit als Projekt der EZB-Statistiker daherkommt, womit
das EU-Parlament im Fall einer etwaigen Verordnung weniger mitzureden
hätte als wenn die Notenbank diese als Aufsichtsinstanz erließe. Dass
Geldpolitik und Aufsicht bei der EZB unter einem Dach angesiedelt
sind, darf auch in diesem Zusammenhang kritisiert werden, ohne dass
dies einen Unterschied macht.
Grundsätzlich ist ein detailliertes und vor allem einheitliches
Meldesystem zu begrüßen. Wenn alle Welt Big Data nutzt, warum dann
nicht auch die EZB - selbst wenn das Beispiel Banca d'Italia zeigt,
dass auch eine datenhungrige Aufsicht Schieflagen nicht unbedingt
verhindert.
Banken, die ihre Daten derzeit aus einem Sammelsurium diverser
Systeme zusammensuchen, um EZB-Anfragen zu beantworten, tun gut
daran, ihre Datenbewirtschaftung zu vereinheitlichen, um auf diese
Weise mit der EZB auf Augenhöhe zu bleiben. Sonst riskiert ihr
Vorstand, dass die Notenbank eines Tages mehr über ihr Institut weiß
als er selbst.
Langfristig kommt ein einheitliches Meldewesen nicht nur der EZB,
der Geldpolitik und der Finanzstabilität zu Gute, sondern auch den
Banken. Im Zinstief kann die Investitionsphase indes länger dauern,
als manches Institut solvent bleibt.
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