(ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die
pakistanische Regierung auf, das Verschwinden von fünf säkularen
Bloggern schnell und lückenlos aufzuklären. Sie waren Anfang Januar
in der Nähe der Stadt Lahore und in der Hauptstadt Islamabad
verschwunden (http://t1p.de/lp4z). Seitdem fehlt von ihnen jede Spur.
Die Blogger haben in der Vergangenheit den Einfluss der
pakistanischen Armee und das Erstarken des religiösen Extremismus
kritisiert (http://t1p.de/3ods). In sozialen Medien wird ihnen
Gotteslästerei vorgeworfen. Blasphemie kann in Pakistan mit der
Todesstrafe geahndet werden.
"Das fast zeitgleiche Verschwinden von fünf säkularen Bloggern ist
äußerst besorgniserregend. Angesichts der Gemeinsamkeiten ist ein
zufälliges Verschwinden unwahrscheinlich", sagte ROG-Geschäftsführer
Christian Mihr. "Die Regierung muss die Fälle gründlich und
transparent untersuchen und darf dabei eine mögliche Entführung durch
den Geheimdienst nicht ausschließen."
Der prominenteste unter den fünf Bloggern ist Salman Haider. Der
Dichter und Dozent an der Fatima Jinnah Women University kehrte am 6.
Januar nicht in sein Haus in Islamabad zurück (http://t1p.de/qqn7).
Seine Frau erhielt von seinem Handy eine Nachricht, in der Haider
angeblich schrieb, er lasse sein Auto auf der Autobahn zwischen
Islamabad und Rawalpindi stehen. Die Polizei fand sein leeres Auto
später (http://t1p.de/i5x0). Ob Haider die Nachricht selber
geschrieben hat, ist nicht bestätigt. Der Blogger arbeitet für das
Online-Magazin Tanqeed, das die Bekämpfung von Aufständen in der
südlichen Provinz Belutschistan durch die Armee kritisiert hat.
Am 4. Januar meldeten die Familien von Asim Saeed und Waqas Goraya
die beiden Blogger in der Nähe der Stadt Lahore als vermisst. Saeeds
Vater sagte laut einem Bericht der Zeitung Guardian der Polizei, vier
Männer seien in einem Kleinlastwagen zum Haus seines Sohnes gefahren
und hätten ihn gewaltsam mitgenommen (http://t1p.de/qqn7). Zur Zeit
seines Verschwindens hatte Saeed, der in der IT-Branche arbeitet,
seinen Laptop und zwei Handys dabei. Saeed und Goraya gehören zu den
Betreibern der armeekritischen Facebook-Seite Mochi. Die Seite
beschuldigte das Militär, sich in die nationale Politik einzumischen.
Der für seine liberalen Ansichten bekannte Blogger Ahmed Raza
Naseer wurde nach Angaben seines Bruders am 7. Januar im Geschäft
seiner Familie nahe Lahore entführt (http://t1p.de/lp4z). Am gleichen
Tag verschwand laut Medienberichten der Blogger Samar Abbas in
Islamabad. Der Leiter einer Initiative gegen Extremismus war für eine
Kampagne für die Rechte von Minderheiten in die Hauptstadt gereist
(http://t1p.de/r80t). Das Innenministerium erklärte inzwischen, es
tue alles, um die Vermissten zu finden (http://t1p.de/m145).
ZWEI FEINDE DER PRESSEFREIHEIT IN PAKISTAN
In Pakistan stehen kritische Journalisten im Visier von
extremistischen Gruppen, islamistischen Organisationen und
Geheimdiensten. Reporter ohne Grenzen zählt Pakistans militärischen
Geheimdienst Inter-Services Intelligence (ISI) und die islamistischen
Taliban zu den größten Feinden der Pressefreiheit weltweit
(http://t1p.de/kd9g). Der ISI spielt eine so wichtige Rolle im Land,
dass einige Journalisten ihn als Staat im Staate bezeichnen
(http://t1p.de/37fz). Viele Medien üben sich in Selbstzensur.
Im April 2014 schossen vier Unbekannte auf den bekannten Moderator
des Senders Geo TV, Hamid Mir. Der Journalist war auf dem Weg in sein
Büro in der Stadt Karachi in der Provinz Sindh. Er überlebte den
Angriff schwerverletzt. Seine Verwandten beschuldigen den Chef des
Geheimdienstes, in den Anschlag verwickelt zu sein
(http://t1p.de/mler). Als der Sender über die Vorwürfe berichtete,
wurde ihm der weitere Sendebetrieb für zwei Wochen verboten.
Der Journalist Cyril Almeida durfte im Oktober 2016
zwischenzeitlich das Land nicht verlassen. Der Reporter der
englischsprachigen pakistanischen Zeitung Dawn hatte zuvor über einen
angeblichen Konflikt zwischen dem Premierminister Nawaz Sharif und
dem Chef des militärischen Geheimdienstes ISI berichtet
(http://t1p.de/g7wu). Er wurde auf eine Liste von Kriminellen
gesetzt, die bei einem Ausreiseversuch gestoppt werden. Vier Tage
später wurde das Ausreiseverbot aufgehoben (http://t1p.de/um7d).
Im Mai 2011 verschwand Syed Saleem Shahzad, ein investigativer
Reporter für Asia Times, der sich auf Al-Kaida und andere militante
Gruppen spezialisiert hatte. Zwei Tage später wurde er tot in seinem
Auto gefunden. Nach Angaben von engen Kollegen hatte Shahzad zuvor
erwähnt, im Zusammenhang mit seiner Berichterstattung mehrere
Warnungen vom Geheimdienst bekommen zu haben (http://t1p.de/7lh2).
VORWURF DER GOTTESLÄSTERUNG IN SOZIALEN MEDIEN
Die Tageszeitung Dawn spricht in einem Leitartikel Mitte Januar
2017 angesichts des Verschwindens der Blogger von einem "dunklen
neuen Kapitel im illegalen Krieg gegen die Zivilgesellschaft". Das
Verschwinden trage zu einem Klima der Angst und Einschüchterung unter
Aktivisten bei, die sich für ein tolerantes Pakistan einsetzen
(http://t1p.de/6ik4).
Hunderte Menschen haben in den Tagen nach dem Verschwinden der
Blogger in pakistanischen Städten für ihre Freilassung demonstriert
(http://t1p.de/lp4z). Gleichzeitig läuft in den sozialen Medien eine
Kampagne gegen die Blogger, in der Gegner sie der Gotteslästerung
bezichtigen und ihnen den Tod wünschen. Der Vorwurf ist heikel -
Blasphemie kann in Pakistan mit dem Tod geahndet werden. Laut einem
Bericht der Nachrichtenagentur AFP sitzen derzeit mindestens 17
Menschen wegen angeblicher Blasphemie in den Todeszellen
(http://t1p.de/27me).
Auf der jährlichen Rangliste der Pressefreiheit steht Pakistan auf
Platz 147 von 180 Staaten. Weitere Informationen über die Lage der
Journalisten im Land finden Sie unter
www.reporter-ohne-grenzen.de/pakistan.
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