(ots) - Die Empörung nach den skandalösen Vorfällen beim
Bundesligaspiel von Borussia Dortmund gegen RB Leipzig hat sich noch
nicht gelegt. Im Gegenteil. Vor allem ein Satz hallt nach: "In solche
hasserfüllte Fratzen habe ich noch in keinem meiner Polizeieinsätze
gesehen." Das sagte der erfahrene Einsatzleiter Edzard Freyhoff,
nachdem er und die Sicherheitskräfte einem völlig enthemmten Mob
gegenübergestanden hatten.
Doch fernab von berechtigtem Entsetzen über die Gewalt und die
menschenverachtende Feindseligkeit muss das Geschehene jetzt
professionell und ohne Schaum vorm Mund aufgeklärt werden. Um es kurz
zu fassen: Empörung reicht nicht mehr.
Wer hat wann Fehler gemacht? Wer trägt die Verantwortung für ein
Sicherheitskonzept, das offenbar nicht funktionierte? Was haben die
Verantwortlichen von Borussia Dortmund jetzt zu tun, die das
offensichtliche Hooligan-Problem seit langem nicht in den Griff
bekommen? Und, durchaus eine Frage für die ganze Bundesliga: Welchen
Anteil haben die Lästereien und Spitzfindigkeiten, die Anfeindungen
und Showkämpfe, die angeblich zum Geschäft gehören und vor wichtigen
Spielen zwischen Repräsentanten der Vereine ausgetragen werden? Wie
wachsen junge Fußballfans auf, die den Hass zwischen angeblich
moralisch überlegenen Traditionalisten und vermeintlich schädlichen
"Plastikclubs" nahezu täglich vor Augen geführt bekommen?
Sprüche wie "Eure Eltern sind Getränkedosen-Automaten" in Richtung
der Leipziger Spieler sind dümmlich, tun aber keinem weh. Doch wo
bleibt die Vorbildfunktion? Wo verläuft die Grenze zwischen Rivalität
und Feindschaft, zwischen Vereinsliebe und Vereinshass? Um es
klarzustellen: Die Gewalttäter der Dortmunder Ausschreitungen bilden
in der großen, begeisternden BVB-Fangemeinde die Ausnahme. Sie
spiegeln keineswegs die Mehrheit der Fußballfans, die allein, mit
Freunden oder mit ihrer Familie zum Fußball gehen. Aber, und das ist
der Tabubruch von Dortmund, wenn selbst Kinder in einem
Fußballstadion oder auf dem Weg dorthin ihres Lebens nicht mehr
sicher sind, dann ist etwas aus dem Ruder gelaufen.
Wann stirbt ein Mensch durch einen Pflasterstein, eine Eisenstange
oder eine Bierflasche, die er aus zehn Metern an den Kopf geworfen
bekommt? "Ãœbertreibt man nicht, sowas kommt vor!" oder "Welch eine
Skandalisierung, typisch Medien!", heißt es dann aus Kreisen derer,
die die große Gefahr für den BVB und den Fußball noch immer nicht
erkannt haben oder nicht erkennen wollen. Wer diese Vorfälle
verharmlost, handelt fahrlässig. Wer schweigt, trägt
Mitverantwortung. Was wäre das für ein beeindruckendes Signal
gewesen, wenn angesichts der obszönen Plakate Tausende oder gar
Zehntausende Fans ein Pfeifkonzert angestimmt hätten! Dies könnte
übrigens auch, den Gedanken fortgeführt, für einen Stadionsprecher
gelten, der zu Mäßigung und Fairness aufruft und die Hass-Parolen
verurteilt. Oder ist das ein absurder Gedanke - weil man dann die
eigenen Fans fürchten müsste?
So oder so muss sich die Vereinsführung etwas einfallen lassen.
Und natürlich ist der Rechtsstaat gefordert im Einsatz gegen
Hooligans, die das Umfeld von Bundesligaspielen für Gewaltexzesse
nutzen. Dies sind Straftäter, die als solche behandelt werden müssen.
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