(ots) - Deutsche Umwelthilfe erhofft sich nach weiteren
Verzögerungsmanövern durch den Freistaat Bayern eine Entscheidung mit
bundesweiter Signalwirkung - Vor der Verhandlung demonstriert die DUH
am Marienplatz in München für das Recht auf saubere Luft und
weitreichende Diesel-Fahrverbote spätestens ab Januar 2018 -
EU-Kommission erhöht Druck auf die Bundesrepublik - Zahlen des
Umweltbundesamtes belegen die Belastung der Atemluft mit dem
Dieselabgasgift Stickstoffdioxid
Am Donnerstag, 16.2.2017 verhandelt der Bayerische
Verwaltungsgerichtshof öffentlich über Luftreinhaltemaßnahmen und
Diesel-Fahrverbote in München. Die Verhandlung findet nicht im
Gebäude des Verwaltungsgerichtshofs, sondern im Saal 5 des
Verwaltungsgerichts in der Bayerstraße 30 statt. Die Deutsche
Umwelthilfe (DUH) hatte im November 2015 mit Unterstützung der
europäischen NGO ClientEarth einen Antrag auf Androhung eines
Zwangsgeldes wegen anhaltender Überschreitung der Grenzwerte für
Stickstoffdioxid (NO2) in München gestellt. Die anstehende
Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs ist bindend, weitere
Rechtsmittel bestehen nicht.
"Seit 2012 liegt ein rechtskräftiges Urteil vor, das den Freistaat
dazu verpflichtet, den Luftreinhalteplan fortzuschreiben. Doch die
bayerische Staatsregierung und allen voran Umweltministerin Ulrike
Scharf verweigern den Bürgern weiterhin ihr Grundrecht auf saubere
Luft. Mit ihrem Beamtenmikado gefährden sie die Gesundheit von vielen
zehntausend Menschen, die täglich den giftigen Diesel-Abgasen
ausgesetzt sind", sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
"Durch die Verzögerungstaktik des Freistaats wurde die wichtige
Verhandlung abermals um drei Wochen verschoben. In der Folge müssen
die Bürger noch länger auf die Durchsetzung ihres Rechts auf saubere
Luft warten. Wir erhoffen uns, dass der Bayerische
Verwaltungsgerichtshof mit seiner Entscheidung dieser Ignoranz
gegenüber den Grundrechten der Bürger ein Ende bereitet", so Resch
weiter.
In der mündlichen Verhandlung soll die Frage geklärt werden, ob
Fahrverbote in München kurzfristig rechtlich realisiert werden können
und ob Ausnahmen eines solchen Fahrverbots erforderlich sind. Es wird
auch darum gehen, ob Maßnahmen zur Luftreinhaltung auch abseits der
bekanntermaßen NO2-belasteten Landshuter Allee und dem Stachus sowie
außerhalb der Umweltzone geboten sind.
Wie dringlich die Situation ist, belegen aktuelle Zahlen zur
Luftqualität, die das Umweltbundesamt am 31.1.2017 veröffentlichte:
Auch 2016 war die Luft in deutschen Städten gegenüber dem Vorjahr
nahezu unverändert stark mit NO2 belastet. Gegenüber dem Jahr 2000
stieg die Anzahl der Messstationen mit festgestellten
NO2-Grenzwertüberschreitungen sogar um 40 Prozent an.
Die EU-Kommission erhöht ihren Druck auf die Bunderepublik. Sie
wird das 2015 eingeleitete Vertragsverletzungsverfahrens gegen
Deutschland wegen Nichteinhaltung der NO2-Grenzwerte weiter
voranbringen und eine mit Gründen versehene Stellungnahme
verschicken. Deutschland muss dazu Stellung beziehen. Ist die
Kommission mit der Antwort nicht zufrieden, kann sie Klage beim
Europäischen Gerichtshof einreichen.
Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Verfahren vertritt,
erklärt: "Es ist Zeit, dass die seit Jahren geduldeten
Grenzwertüberschreitungen ein Ende finden. Die rechtlichen Grundlagen
für Dieselbeschränkungen sind, entgegen aller Beteuerungen der
handelnden Behörden, längst vorhanden, man muss sie nur nutzen und
rechtzeitig ankündigen. Wir sind hoffnungsvoll, dass der Gerichtshof
den Behörden nun den Weg weist. Der Taktik des Umweltministeriums,
durch immer neue Gutachtenaufträge auf Zeit zu spielen, wäre damit
endlich ein Ende gesetzt. Das Recht jedes Einzelnen auf saubere Luft
darf keine Theorie bleiben."
Rechtsanwalt Ugo Taddei von ClientEarth sagt: "The Munich court
was right to order the authorities to take strong action to reduce
pollution from diesel vehicles and we hope that the appeal court
upholds the decision. City and national authorities across Europe are
waking up to the problem of air pollution. We need bold action to
protect people's health."
Demonstration auf dem Marienplatz, 16.2.2107 ab 9.30 Uhr
Die DUH wird am Tag der Verhandlung auf dem Münchner Marienplatz
von 9.30 Uhr an demonstrieren. Mit einem riesigen aufblasbaren Auto
und dem Slogan "Diesel-Abgase töten" macht sie auf die Verschmutzung
der Luft durch Dieselabgase aufmerksam und fordert weitreichende
Diesel-Fahrverbote spätestens ab Januar 2018. Jürgen Resch wird Ihnen
von 9.30 Uhr bis 10.30 Uhr am Marienplatz für Interviews zur
Verfügung stehen. Wir freuen uns über Ihre Teilnahme an der
Demonstration sowie der öffentlichen Verhandlung (Beginn 11:00 Uhr,
Bayerisches Verwaltungsgericht München, Bayerstraße 30, 80335
München).
Hintergrund:
Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2012
verpflichtet den Freistaat, den geltenden Luftreinhalteplan für
München soweit fortzuschreiben, dass dieser so rasch wie möglich zur
Einhaltung der seit 2010 verbindlich geltenden Grenzwerte für NO2
führt. Der vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt vorgelegte
aktuelle Entwurf des Luftreinhalteplans sieht eine Einhaltung der
Grenzwerte nicht vor 2025 (Stachus) beziehungsweise 2030 (Landshuter
Allee) vor. Dies ist zu spät. Darum hat die DUH am 17. November 2015
einen Antrag auf Androhung eines Zwangsgeldes eingereicht und damit
ein Vollstreckungsverfahren begonnen. Das Verwaltungsgericht München
hatte dem Antrag stattgegeben; der Verwaltungsgerichtshof verhandelt
und entscheidet nun über die Beschwerde des Freistaats Bayern und der
zum Verfahren beigeladenen Landeshauptstadt München. Die Entscheidung
des Verwaltungsgerichtshofs ist bindend, weitere Rechtsmittel gegen
die Entscheidung bestehen nicht.
Links:
Zur Pressemitteilung vom 29.6.2016 "Deutsche Umwelthilfe und
Verkehrsclub Deutschland siegen vor Gericht": http://l.duh.de/v3kby
Zur Pressemitteilung vom 23.1.2017: "Freistaat Bayern hält an
Verzögerungstaktik fest: Gerichtsverhandlung zu sauberer Luft in
München verschoben": http://l.duh.de/todls
Zur Pressemitteilung vom 23.1.2017: "Bayerischer
Verwaltungsgerichtshof entscheidet letztinstanzlich über
Diesel-Fahrverbote in München: http://l.duh.de/ha1fn
Hintergrundpapier Klagen für saubere Luft:
www.duh.de/themen/luftqualitaet/luftverschmutzung-quellen/verkehr/
Mehr über das Projekt "Right to clean air":
http://www.duh.de/projekte/right-to-clean-air/
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch(at)duh.de
Prof. Dr. Remo Klinger, Geulen & Klinger Rechtsanwälte, Schaperstraße
15, 10719 Berlin
030-884 72 80,0171 2435458, klinger(at)geulen.com
Ugo Taddei, Rechtsanwalt ClientEarth
0032 2 808 4323, utaddei(at)clientearth.org
Ellen Baker, Communications Officer ClientEarth
00203 030 5951, ebaker(at)clientearth.org
DUH-Pressestelle
Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf
030 2400867-20, presse(at)duh.de
www.duh.de, www.twitter.com/umwelthilfe, www.facebook.com/umwelthilfe
Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell