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Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) legte heute in Berlin seine
Positionen zur Bundestagswahl 2017 vor. "Unsere 2.186
landwirtschaftlichen Genossenschaften fordern eine ganzheitliche,
ressortübergreifende, innovationsfreundliche, wissenschaftsbasierte
und wettbewerbsgerechte Agrar-, Umwelt- und Wirtschaftspolitik, die
zugleich die Attraktivität der ländlichen Räume fördert. Politik und
Administration sind in der Pflicht, im bundesdeutschen Föderalismus
verlässliche Rahmenbedingungen für unsere exportorientierten
Unternehmen zu erarbeiten, sie bundesweit umzusetzen und in der
Europäischen Union mit Nachdruck zu vertreten", so fasst
DRV-Präsident Manfred Nüssel für Erwartungen an die 19. Wahlperiode
zusammen.
Die Genossenschaftsidee ist im November 2016 von der UNESCO zum
Immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt worden. "Das ist der
globale Ritterschlag für die überaus erfolgreiche Idee des
kooperativen Wirtschaftens. Aber hierzulande gibt es Ansätze, dass
aufgrund einschränkender Eingriffe von Bundesbehörden die Fülle der
Möglichkeiten des Genossenschaftsgesetzes nicht mehr voll genutzt
werden kann", kritisiert Nüssel. Dabei bietet das
Genossenschaftsrecht vielfältige Möglichkeiten, über deren
Ausgestaltung die Mitglieder selbst entscheiden. "Politische
Eingriffe sind kontraproduktiv für die genossenschaftsinternen
demokratischen Willensbildungsprozesse", unterstreicht Nüssel.
Der DRV-Präsident erwartet von der nächsten Bundesregierung, dass
sie für faire Rahmenbedingungen sorgt und einen Wettbewerb aller
Marktteilnehmer auf Augenhöhe ermöglicht. Zudem müssen die
rechtlichen Möglichkeiten einer Finanzierung der ländlichen
Genossenschaften durch ihre Mitglieder gestärkt werden.
Der Standort Deutschland bietet mit seinen natürlichen und
klimatischen Bedingungen beste Voraussetzungen für eine nachhaltige,
ressourceneffiziente landwirtschaftliche Produktion. Die qualitativ
hochwertigen und Know-how-intensiven Erzeugnisse werden international
geschätzt und stark nachgefragt. "Zum Ausbau von Marktpositionen in
Drittländern fordere ich, dass die Bundesregierung die
Voraussetzungen für eine aktive Teilhabe Deutschlands am wachsenden
internationalen Agrarhandel schafft. Hier ist insbesondere der zügige
Abbau von veterinärrechtlichen und phytosanitären Handelshemmnissen
wichtig", so Nüssel.
Gemeinsame Agrarpolitik weiterentwickeln
"Wir benötigen dringend eine Vertiefung der EU, zurück zu einer
echten Wertegemeinschaft", stellt Nüssel klar. Die Bundesregierung
muss sich dafür einsetzen, dass in der Gemeinschaft einheitliche
wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen gelten. Tendenzen
zur Renationalisierung einzelner Politikbereiche sind entschieden
entgegenzutreten. Sie beeinträchtigen die Rechts- und
Planungssicherheit der Unternehmen und führen in der Praxis zu
Wettbewerbsnachteilen.
Der Erhalt und Ausbau einer starken Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)
ist unverzichtbar für eine wettbewerbsfähige und nachhaltige Land-
und Ernährungswirtschaft in Europa und Deutschland. Bei der GAP nach
2020 ist der Kurs der Marktorientierung konsequent fortzusetzen,
heißt es in den DRV-Positionen.
Um die negativen Folgen stärkerer Preisvolatilitäten für die
Erzeuger und Vermarktungsunternehmen abzufedern, spricht sich Nüssel
neben dem Erhalt des Sicherheitsnetzes in der EU-Marktordnung für
zusätzliche Instrumente des Risikomanagements, insbesondere für
Warenterminmärkte aus. Diese gewinnen gerade im Milchsektor an
Bedeutung. "Für ihre Funktionsfähigkeit ist aber ein ausreichendes
Handelsvolumen erforderlich. Die für eine erfolgreiche Aktivität an
den Terminbörsen für landwirtschaftliche Produkte notwendige
Liquidität darf nicht durch staatliche Reglementierungen
eingeschränkt werden. Und die EU-Finanzmarktregelungen müssen die
Nutzung und Fortentwicklung dieser Instrumente im Agrarsektor
fördern", unterstreicht Nüssel.
Tierische Veredelung ein wichtiger Wirtschaftsmotor
Forderungen aus Gesellschaft und Politik nach Veränderungen in der
Nutztierhaltung, z. B. in Bezug auf Haltungs- und Managementsysteme,
dürfen, so der DRV-Präsident, nur schrittweise und ohne
Strukturbrüche weiterentwickelt werden. Nationale Alleingänge lehnt
der DRV ab. Vielmehr sind EU-einheitliche Rahmenbedingungen zu
schaffen und verbindlich umzusetzen. Tierschutz- und Markenprogramme
sind so zu gestalten, dass der dadurch entstehende Mehraufwand auf
allen Stufen der Wertschöpfungskette anerkannt und über den Markt
refinanziert werden kann.
Freier Agrarhandel, Klimawandel und Hungerbekämpfung Ein weiteres
wichtiges Thema, dass die Genossenschaften umtreibt, ist die globale
Wechselwirkung von Klimawandel und Hungerbekämpfung. Die Sicherung
der Welternährung und der Klimawandel - das sind unbestritten die
zentralen Herausforderungen der Weltgemeinschaft. Der Agrarwirtschaft
kommt eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung des Hungers und
Begrenzung des Klimawandels zu. Denn der Wirtschaftszweig umfasst die
gesamte Versorgungs- und Wertschöpfungskette vom landwirtschaftlichen
Betrieb bis zum Verbraucher.
"Die Antworten auf eine wachsende Weltbevölkerung und den
Klimawandel sind ein freier und fairer internationaler Handel sowie
Innovationen in der Agrarwirtschaft. Der Klimawandel gefährdet aber
die landwirtschaftliche Produktivität und damit die Stabilität der
Nahrungsmittelpreise. Wenn jedoch Nahrungsmittel knapper werden und
die Preise steigen, dann müssen die Verbraucher mehr ausgeben.
Mangelernährung und Hunger nehmen somit zwangsläufig zu", erläutert
der DRV-Präsident. Eine wichtige Funktion kommt dabei der
Handelspolitik zu: Freier Handel kann die finanziellen Schäden
weltweit um zwei Drittel (65 Prozent) reduzieren, das belegt eine
aktuelle Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK),
die der Grain Club bei der Internationalen Grünen Woche der
Öffentlichkeit vorgestellt hat.
Der zweite Lösungsansatz ist eine ressourcenschonende Steigerung
der Produktivität in der Agrarwirtschaft. Um den wachsenden Bedarf zu
decken, muss die Produktivität der Landwirtschaft bis 2050 um rund 60
Prozent gesteigert werden. Innovationen wie die sensor- und
satellitengesteuerte Präzisionslandwirtschaft zur Minimierung des
Einsatzes von Pflanzenschutz- und Düngemitteln tragen dazu bei.
"Globale Ernährungssicherung und Klimaschutz brauchen in Zukunft
mehr denn je vernetzte und freie Märkte sowie eine innovative
Agrarwirtschaft. Die Genossenschaften als wichtiger Teil der
Wertschöpfungskette sind also nicht Teil des Problems, sondern ein
wichtiger Treiber zur Lösung der globalen Überlebensfragen unserer
Zeit", fasste Präsident Manfred Nüssel zusammen.
Einsatz für eine nachhaltige Nutztierhaltung
Im Zusammenhang mit der Erderwärmung werden immer häufiger und
voreilig die Nutztierhaltung und ihre Emissionen als Klimakiller
ausgemacht. "Dabei engagiert sich der Nutztiersektor für mehr
Nachhaltigkeit. Aber das ist leider noch viel zu wenig bekannt. Der
DRV und weitere Verbände der Vieh- und Fleischwirtschaft setzen auf
Nachhaltigkeit. Dazu wurde im Januar 2017 der Bericht "Ein
nachhaltiger Nutztiersektor in Europa: Eine Frage von
Ernährungssicherheit, Klima und Innovation" der Öffentlichkeit
vorgestellt", so Nüssel.
Mit den Argumenten des Berichts liefert die Branche hilfreiche
Impulse für eine sachliche, faktenbasierte Debatte. Denn der
europäische Nutztiersektor kann langfristig nur erfolgreich sein,
wenn er sich nachhaltig ausrichtet. "So werden wir steigenden
gesellschaftlichen Anforderungen gerecht und behaupten uns im
Welthandel", betont Nüssel.
Alle drei Aspekte der Nachhaltigkeit wurden unter die Lupe
genommen. So müssen Umweltgerechtigkeit, wirtschaftliche
Tragfähigkeit und soziale Verantwortung gleichermaßen berücksichtigt
werden.
Dies führt zu fünf Handlungsfeldern, die jeweils mit konkreten
Empfehlungen versehen sind:
1. Den Einfluss von Nutztieren auf Umwelt und Klima verringern.
2. Den Innovationsgedanken in Forschung & Entwicklung, Politik und
auf Betriebsebene fördern.
3. Tiergesundheit und Tierwohl verbessern und erhalten.
4. Hohe Lebensstandards in der Nutztierwirtschaft sicherstellen
und zugleich hochwertige Lebensmittel zu erschwinglichen
Preisen erzeugen.
5. Verbraucher in die Lage versetzen, Entscheidungen im Sinne der
Nachhaltigkeit zu treffen.
Diese ganzheitliche Betrachtung macht den Bericht zu einem guten
Leitbild für die Nutztierwirtschaft. Hier werden ökologische und
wirtschaftliche Interessen sowie das Tierwohl nicht gegeneinander
ausgespielt. Vielmehr wird aufgezeigt, wie sich diese Anliegen
sinnvoll ergänzen. Zudem verdeutlicht die Studie, dass die deutsche
und europäische Politik verlässliche Rahmenbedingungen schaffen
müssen. Der DRV ist diesbezüglich im Meinungsaustausch mit den
politisch Verantwortlichen.
Ãœber den DRV
Der DRV vertritt die Interessen der genossenschaftlich
orientierten Unternehmen der deutschen Agrar- und
Ernährungswirtschaft. Als wichtiges Glied der Wertschöpfungskette
Lebensmittel erzielen die 2.186 DRV-Mitgliedsunternehmen im Handel
und in der Verarbeitung von pflanzlichen und tierischen Erzeugnissen
mit rund 82.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 58,8 Mrd. Euro.
Landwirte, Gärtner und Winzer sind die Mitglieder und damit
Eigentümer der Genossenschaften.
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