(ots) - Als Thyssenkrupp im Jahr 2005 mit den
Milliardeninvestitionen in das Stahlgeschäft in Amerika begann, ahnte
niemand, wie desaströs das Abenteuer enden würde. Zwölf Jahre später
liegt nun die Bilanz vor: Für das Brammenwerk in Brasilien, das
buchstäblich auf Sumpf gebaut wurde, und für die weiterverarbeitenden
Walzwerke in den USA gab der Essener Industriekonzern 12 Mrd. Euro
aus. Nach dem Verkauf des verbliebenen Brasilien-Werks steht fest:
Von der investierten Summe sind rund 8 Mrd. Euro unwiederbringlich
verloren.
Dennoch empfinden die Investoren den Verkauf als Befreiungsschlag
und feiern die Transaktion mit einem Kurssprung. Der Verkaufserlös
von 1,5 Mrd. Euro ist zwar mit einer letzten Abschreibung von 900
Mill. Euro sowie einer Eigenkapitalminderung und einem noch nicht
bezifferten Jahresverlust verbunden. Aber das zufließende Geld senkt
die Schulden - und das hat Thyssenkrupp bitter nötig. Der
Verschuldungsgrad war zum Jahresende über die für Kreditverträge
kritische Grenze von 150 auf 166 Prozent gestiegen. Jetzt gewinnt der
Konzern Zeit, um bis zum Geschäftsjahresende im September den
Cash-flow zu verbessern und eine Kapitalerhöhung zu vermeiden.
Darüber hinaus hat der Deal strategische Bedeutung: Der Verkauf
des Brasilien-Stahlwerks ist ein wichtiger Meilenstein beim Umbau von
Thyssenkrupp hin zum starken Industriekonzern. Der 2011 als Sanierer
angetretene Vorstandschef Heinrich Hiesinger will weg vom
kapitalintensiven und zyklischen Stahlgeschäft. Der Anteil der
verlässlicheren Einnahmen aus dem Geschäft mit Aufzügen,
Autokomponenten, dem Großanlagenbau und den U-Booten soll weiter
zunehmen. In diese Richtung ist ein weiterer Schritt gemacht.
Jetzt kommt der nächste Schritt: Das ist die Fusion der
Stahlsparte, die ihre Kapitalkosten nicht verdient, mit dem
Europageschäft des indischen Konkurrenten Tata Steel. Die britischen
Stahlarbeiter haben jüngst der Abtrennung der 15 Mrd. Pfund an
Pensionsverpflichtungen vom Unternehmen zugestimmt. Wenn nun noch die
Pensionssicherungsbehörde grünes Licht gibt, wäre der Weg frei für
den Zusammenschluss zu Europas zweitgrößtem Stahlkonzern hinter
ArcelorMittal. Dass die Trennung vom Stahlgeschäft für Thyssenkrupp
zu einem neuen Milliardenabenteuer wird, lässt sich nicht
ausschließen. Aber allein kann Thyssenkrupp nicht für eine effiziente
Auslastung der Anlagen und damit eine auskömmliche Profitabilität
sorgen. Deshalb erscheint die riskante Fusion ohne Alternative.
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