(ots) - Er ist so etwas wie der persönliche Gefangene
Erdogans: "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel. Die Untersuchungshaft des
deutsch-türkischen Journalisten ist aber nicht allein ein Schlag
gegen die Pressefreiheit. Die gibt es in der Türkei schon lange nicht
mehr. Yücels Fall verschafft den hunderten Journalisten in der
Türkei, die inhaftiert worden sind, die in "Freiheit" schikaniert
werden und denen ihre Lebensgrundlage entzogen worden ist, vielmehr
eine neue Aufmerksamkeit. Jeder Protest gegen die haltlose
Inhaftierung und Behandlung Yücels sollte deshalb seine
drangsalierten Kollegen einschließen. Der Fall Yücel ist zugleich
eine Staatsaffäre. Nicht, weil die Bundesregierung daraus eine machen
wollte. Im Gegenteil: Mit ihren wachsweichen Reaktionen
("unverhältnismäßig hart", "hoher Wert der Pressefreiheit") versuchen
Merkel und ihre Minister, das Thema weiter herunterzukochen.
Präsident Erdogan legt es darauf an, den Streit mit Deutschland zu
vertiefen. Sicher nicht, um den Flüchtlingspakt mit der EU
aufzukündigen, der ihm selber nützt und der ihn vor wirtschaftlichen
Sanktionen bewahrt. Die Eskalation des Streits mit Deutschland dient
ihm als Zeichen der Stärke nach innen für die Abstimmung über die
Verfassungsänderung am 16. April, mit der die Türken seine Autokratie
legitimieren sollen. Der Streit verschärft zugleich die Entfremdung
der in Deutschland lebenden Türken von ihrem Zielland. Sie sind
Erdogan zu einem ganz überwiegenden Teil treu ergeben - was das
Dilemma der Bundesregierung noch vergrößert. Jetzt rächen sich auch
die Versäumnisse bei ihrer Integration in die Demokratie und den
deutschen Rechtsstaat.
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