(ots) - Mindestens 1,5 Millionen Vögel kollidieren pro Jahr
an Hochspannungsleitungen. Das ermittelte ein vom NABU beauftragtes
Gutachten ("Vogel-Kollisionsopfer an Hoch- und
Höchstspannungsfreileitungen in Deutschland - eine Abschätzung"). Die
Gutachter berechneten das Risiko von Vögeln gegen freistehende
Hochspannungsleitung zu fliegen auf Grundlage vorliegender Daten aus
Europa und auf Basis von 61.000 Kilometer Freileitungen. Insgesamt
sei davon auszugehen, "dass es in Deutschland jährlich zu
Kollisionsopfern an Vögeln in der Größenordnung zwischen 1,5 bis 2,8
Millionen Individuen kommt", so das Ergebnis. Der NABU fordert eine
nachträgliche Sicherung der Leitungen sowie eine sorgfältige Planung
künftiger Trassen.
"Die Verluste könnten um bis zu 90 Prozent vermieden werden: Mit
den richtigen Vogelschutzmarkierungen an den besonders schlecht zu
sehenden Erdseilen über den Leitungen könnten vor allem die bereits
bestehenden Trassen nachgerüstet werden", sagt
NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. "Da es dazu allerdings, trotz
internationaler Abkommen, keine gesetzliche Verpflichtung gibt, haben
die Netzbetreiber bisher nur wenige Freileitungen vogelsicher
gemacht."
Verbesserte rechtliche Vorgaben wären für die vollständige
Nachrüstung nötig. Dabei hätten Vogelschutz- und Rastgebiete mit
kollisionsgefährdeten Arten oberste Priorität. Der NABU schätzt, dass
dies zehn bis 15 Prozent der bestehenden Leitungen betreffen würde.
"Aus Vogelschutzgründen wären Erdkabel die beste Variante. Der
Gesetzgeber sollte sie bei keinem Netzausbauvorhaben pauschal
ausschließen", so Miller.
Zur Nachrüstung fordert der NABU, schwarz-weiße Plastikstäbe an
die Freileitungen zu hängen. "Vor allem Großvögel wie Trappen,
Kraniche und Störche sowie Schwäne und fast alle anderen Wasservögel
sind von tödlichen Kollisionen an Freileitungen betroffen. Sie haben
eher einen guten Rundumblick, können aber schlecht nach vorn
fokussieren. Für ein unerwartetes Hindernis sind sie nicht
manövrierfähig genug", sagt NABU-Vogelschutzexperte Eric Neuling.
Auch die schnell fliegenden Watvögel seien gefährdet. Bewegliche und
kontrastreiche Markierungen sorgen dafür, dass die Tiere das
Hindernis frühzeitiger ausmachen.
Das Kollisions-Risiko erhöht sich auch für nachtaktive oder nachts
ziehende Vögel. Einen großen Einfluss kann auch das Wetter haben.
"Bei dichtem Nebel kam es im Dezember 2015 zum Beispiel zu einer
Massenkollision von etwa 100 Kranichen im Westen Brandenburgs obwohl
die Leitung markiert war", so Neuling. Die wirkungslosen Markierungen
wurden schnell durch bessere Modelle ausgetauscht.
"Im Hoch- und Höchstspannungsnetz sind Kollisionen für Vögel die
fast ausschließliche Todesursache an oberirdischen Stromleitungen,
während im Mittelspannungsbereich der Stromschlag auf ungesicherten
Strommasten die größte Gefahr darstellt", so Neuling. Im Zuge des für
die Energiewende erforderlichen Ãœbertragungsnetzausbaus muss der
Vogelschutz bei jeder einzelnen Vorhabenplanung eine viel höhere
Aufmerksamkeit erfahren. Beim Neubau von Trassen können Vögel vor
allem geschützt werden, wenn zumindest Gewässer und Rastgebiete, in
denen kollisionsgefährdete Arten vorkommen, großräumig gemieden
werden. Vogelschutzgebiete sollten sowieso tabu sein.
Hintergrund zur Studie:
Mit dem Gutachten wurde das Büro TNL Umweltplanung in
Hungen/Hessen beauftragt. Die Kollisionszahl wurde aus der
Verschneidung mehrerer Quellen ermittelt: Studien zu Leitungsanflügen
vor allem aus dem europäischen Raum, das artspezifische
Kollisionsrisiko, umfangreiche aktuelle Rast- und Brutvogeldaten
sowie Verteilung und Umfang des deutschen Ãœbertragungsnetzes.
Die Studie zum Download unter: www.NABU.de/stromleitung
Pressekontakt:
Eric Neuling, NABU-Vogelschutzexperte,
Tel. +49 (0)30.28 49 84-1812, E-Mail: Eric. Neuling(at)NABU.de
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