(ots) - Das Thema: "Schluss mit Agenda 2010: Macht Schulz
das Land gerechter?"
Kein anderes Reformprojekt hat die Deutschen so entzweit wie die
Agenda 2010 des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder. Für Angela
Merkel ist sie eine Erfolgsgeschichte, für Kritiker ein
unvergleichlicher Sozialabbau. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz geht
jetzt auf Distanz zur Agendapolitik, will unter anderem die
Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes deutlich verlängern. Was wären die
Folgen? Mehr Gerechtigkeit oder nur höhere Kosten für die
Steuerzahler ohne wirklichen Nutzen? Und müssten Änderungen an der
Agenda nicht noch viel radikaler ausfallen - bis hin zur Abschaffung
von Hartz IV?
Die Gäste:
Hannelore Kraft, SPD (Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalen)
Oskar Lafontaine, Die Linke (Fraktionsvorsitzender Saarland)
Ralph Brinkhaus, CDU (stellv. Fraktionsvorsitzender)
Ulrich Wockelmann (Langzeitarbeitsloser und Hartz-IV-Gegner)
Thomas Selter (Familienunternehmer)
Hannelore Kraft
"Vieles an der Agenda 2010 war gut und richtig", sagt die
stellvertretende SPD-Parteivorsitzende. "Das waren strukturelle
Veränderungen. Wir waren damals in der Situation mit mehr als fünf
Millionen Arbeitslosen, wir mussten etwas tun." Aber sie habe immer
gesagt, so die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, das
Gesetzespaket müsse kritisch überprüft werden. "Dazu gehört die
ehrliche Analyse, dass die Abstiegsängste der Menschen enorm
zugenommen haben." Hannelore Kraft ist für eine längere Bezugsdauer
des Arbeitslosengeldes und fordert "umfassende Verbesserungen für
prekär Beschäftigte, bei Leih- und Zeitarbeit, bei Befristung. Das
wollen wir durchsetzen mit einem Kanzler Martin Schulz."
Oskar Lafontaine
Der ehemalige SPD-Parteivorsitzende ist einer der schärfsten
Kritiker der Hartz-Reformen. Die Agenda 2010 habe zum größten
Sozialabbau seit dem Krieg geführt: "Für Millionen Menschen haben
sich die Lebensbedingungen verschlechtert. Wer das nicht erkennt, ist
blind für die soziale Wirklichkeit in Deutschland", erklärt der
Linken-Fraktionsvorsitzende im Saarland. Die Vorschläge von Martin
Schulz gehen Oskar Lafontaine nicht weit genug. "Das sind marginale
Veränderungen, da kann man nicht von wirklichen Reformen sprechen.
Die SPD muss sich von der Agenda verabschieden."
Ralph Brinkhaus
"Wir stehen vor so vielen Umbrüchen, und das Einzige, was Schulz
einfällt, ist, etwas an Hartz IV zu tun und die Welt zurückzubringen,
wie sie früher war. Das ist armselig", kritisiert der
stellvertretende Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion. Ralph
Brinkhaus hält das System nicht für ungerecht und betont die
Bedeutung der Agenda 2010 für Deutschlands Wirtschaftswachstum. "Es
ist wie ein Lottogewinn, 2016 in Deutschland zu leben. Wir haben
weniger Arbeitslose, reale Lohnzuwächse, eine Erhöhung der Renten und
die geringste Jugendarbeitslosigkeit in Europa", sagt der
CDU-Finanzpolitiker.
Ulrich Wockelmann
Vor 22 Jahren verlor der gelernte Tischler nach einer
Betriebsinsolvenz seine Arbeitsstelle, fand trotz Umschulung zum
Fachinformatiker keine reguläre Anstellung mehr. Mit der Einführung
von Hartz IV wurde der Langzeitarbeitslose zum Aktivisten und berät
Sozialhilfe-Empfänger im Umgang mit Jobcentern. "Die Agenda 2010
macht die Menschen kaputt. Sie werden damit gedemütigt, dass sie
keinen Job mehr haben", beklagt der Mitgründer des
Arbeitslosenvereins "Aufrecht". Auch die SPD-Pläne, die Zahlung des
Arbeitslosengeldes zu verlängern, erregen den Unmut von Ulrich
Wockelmann: "Dieser Armutsgewöhnungszuschlag verlängert nur das
Leiden. Hartz IV gehört abgeschafft."
Thomas Selter
Der Firmeninhaber verteidigt die Agenda 2010 als das
erfolgreichste Konjunkturprogramm, das es je in Deutschland gegeben
hat. "Wir haben Millionen von Arbeitslose in Jobs gebracht und
Deutschland wieder erfolgreich gemacht", so Thomas Selter. Die SPD
könne stolz auf ihre Leistung sein und müsse sich dafür nicht
schämen, sagt der 69-jährige Unternehmer aus Nordrhein-Westfalen und
warnt vor Änderungen: "Wenn man das Reformpaket zurückschraubt,
werden wir wieder der kranke Mann Europas!"
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