(ots) - Zum Internationalen Frauentag eröffnet Reporter
ohne Grenzen (ROG) heute in Kabul das Zentrum für den Schutz von
Journalistinnen in Afghanistan (CPAWJ). Unter der Federführung der
bekannten afghanischen Journalistin Farida Nekzad setzt sich das
CPAWJ für die Sicherheit von Frauen in Medienberufen ein und hilft
ihnen, gegen den sozialen Druck in einer patriarchalisch geprägten
Gesellschaft anzukämpfen.
"Angesichts der extremen Gefahren auch und gerade für Journalisten
kann Afghanistan kein sicheres Herkunftsland sein", sagte
ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske. "Besonders gefährdet sind
Frauen im Journalismus: Sie werden von den Taliban und dem
Islamischen Staat verfolgt, die skrupellos gegen Medienschaffende
vorgehen. Gleichzeitig zwingt viele der soziale Druck dazu, ihre
Arbeit aufzugeben. Seit 2002 wurden mindestens vier Journalistinnen
von ihren Verwandten ermordet."
Um Journalistinnen besser zur schützen, organisiert das CPAWJ
unter anderem Seminare über physische und digitale Sicherheit. Zudem
setzt sich das neue Zentrum für ihre Rechte gegenüber Behörden und
Medienunternehmen ein. Es gibt Empfehlungen an die Behörden darüber,
welche Gesetze die Arbeitsbedingungen von Frauen in Medienberufen
verbessern können.
Das CPAWJ fungiert auch als Ort des Austauschs mit der
Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen, insbesondere für Journalistinnen,
die in abgelegenen Gebieten arbeiten. Dafür arbeitet das Zentrum
bereits mit zehn Journalistinnen in zehn verschiedenen Provinzen
zusammen, fünf davon in Konfliktgebieten. Ziel ist es, das Netzwerk
im ganzen Land auszubauen.
Die Journalistin Farida Nekzad wird das Zentrum leiten. Sie hat im
Jahr 2009 die Nachrichtenagentur Wakht gegründet, in der
Journalistinnen unter anderem über die Rechte von Frauen berichteten.
Ihre Kritiker haben wiederholt versucht, sie zu entführen oder zu
umzubringen. Als Nekzad im Jahr 2007 den Mord an der Journalistin
Sakia Saki recherchierte, bekam sie Anrufe und Emails mit der
Drohung, dass sie das gleiche Schicksal erleiden werde. Nekzad hat
zahlreiche Preise gewonnen, darunter den Courage in Journalism Award
der Internationalen Stiftung für Frauen in den Medien
(http://t1p.de/x3tg). Auf Vorschlag von ROG lebte sie 2014 als
Stipendiatin der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte mit ihrer
Tochter in Hamburg.
ZWEI FEINDE DER PRESSEFREIHEIT IN AFGHANISTAN
Afghanistan gehört zu den gefährlichsten Ländern für Journalisten
weltweit. Im vergangenen Jahr wurden dort mindestens zehn
Medienschaffende wegen ihrer Arbeit getötet. ROG zählt die dort
Terror verbreitenden Organisationen Taliban und Islamischer Staat zu
den weltweit größten Feinden der Pressefreiheit (http://t1p.de/kd9g).
Die Zahl der Journalisten aus Afghanistan, die sich mit der Bitte um
Unterstützung an das ROG-Nothilfereferat wenden, ist 2016 im
Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Momentan steht ROG mit 10
afghanischen Journalisten in Kontakt, die Hälfte von ihnen sind
Frauen.
Von den im vergangenen Jahr weltweit getöteten fünf
Journalistinnen kamen drei aus Afghanistan (http://t1p.de/k5rn). Die
drei beim privaten afghanischen Fernsehsender Tolo TV angestellten
Journalistinnen Mariam Ebrahimi, Mehri Asisi und Sainab Mirsai kamen
ebenso wie vier ihrer männlichen Kollegen im Januar 2016 bei einem
Selbstmordanschlag auf einen Kleinbus des Senders in der Hauptstadt
Kabul ums Leben. Im Januar 2017 starb eine Mitarbeiterin des
parlamentarischen Fernsehsenders bei einem Bombenanschlag auf das
Parlament in Kabul (http://t1p.de/yscu).
GEWALT GEGEN JOURNALISTINNEN
Neben dem hohen Sicherheitsrisiko stehen Journalistinnen in
Afghanistan vor gesellschaftlichen Hürden. Viele werden von ihren
eigenen Familien unter Druck gesetzt, weil diese um die Sicherheit
der Frauen fürchten. Seit 2002 wurden mindestens vier Journalistinnen
von Verwandten getötet, darunter die Tolo TV Moderatorin Schaima
Resaji im Jahr 2005 und zwei Jahre später die Moderatorin des Senders
Schamschad TV, Schakiba Sanga Amadsch.
Viele Journalistinnen mussten ihre Arbeit schließlich aufgeben. In
einigen Regionen des Landes arbeiten gar keine Frauen im Journalismus
mehr.
Zusammen mit der taz Panter Stiftung lädt ROG im Mai 2017 die
afghanische Journalistin Schahla Schaikim im Rahmen eines
"Auszeit-Stipendiums" drei Monate nach Berlin ein. Sie ist Direktorin
des Radiosenders Nargis, der von Frauen für Frauen in Jalalabad
gemacht wird.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Afghanistan auf Platz
120 von 180 Staaten. Mehr zur Lage von Journalisten vor Ort finden
Sie unter www.reporter-ohne-grenzen.de/afghanistan.
Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska / Christoph Dreyer / Anne Renzenbrink
presse(at)reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de/presse
T: +49 (0)30 609 895 33-55
F: +49 (0)30 202 15 10-29
Original-Content von: Reporter ohne Grenzen e.V., übermittelt durch news aktuell