(ots) - Der Kreditversicherer Atradius begrüßt die vom
Bundestag verabschiedete Insolvenzanfechtungsnovelle, hält aber auch
die durch die neuen Regelungen gegenwärtig bestehende Risiken für
Unternehmen im Firmengeschäft nicht für beseitigt. Tritt die Novelle
in ihrer jetzigen Form in Kraft, bleiben für Insolvenzverwalter
zahlreiche Möglichkeiten, Lieferanten und Dienstleister zur
Rückzahlung von bereits erfolgten Zahlungen im Falle einer
Kundeninsolvenz zu verpflichten. Eine Höchstgrenze für solche
bestrittenen Forderungen gibt es nicht.
"Insolvenzanfechtungen werden - wenn der Entwurf in seiner
jetzigen Form verkündet wird - auch künftig eine kaum zu
kalkulierende finanzielle Gefahr für Unternehmen sein", sagt Frank
Liebold, Country Director Deutschland von Atradius. "Auch wenn das
neue Gesetz nun an einigen Stellen Lieferanten und Dienstleistern
entgegenkommt, wird es zu keiner nachhaltigen Änderung der
Anfechtungspraxis in Deutschland kommen. Unternehmen sind nach wie
vor gut beraten, sich gegen Rückzahlungsverpflichtungen abzusichern."
Auch die neuen Regelungen enthalten mehrere Risiken
Der Hintergrund: Die Anfechtungsnormen der Insolvenzordnung (InsO)
geben dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit, unter bestimmten
Voraussetzungen ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen vor der
Insolvenz des Schuldners, die sich für die Insolvenzmasse nachteilig
auswirken, anzugreifen und nachträglich zu beseitigen. Dafür bilden
§§ 129ff InsO die Basis. Der Insolvenzverwalter kann bei Vorliegen
der Voraussetzungen Zahlungen zurückfordern, die der Lieferant oder
Dienstleister vor der Insolvenzantragstellung vom Schuldner erhalten
hat. Hierin liegt ein hohes und kaum abzuschätzendes Risiko für
Lieferanten und Dienstleister, da diese Rückzahlungsverpflichtungen
nicht nur ihre Liquidität belasten, sondern im ungünstigsten Fall
sogar bis zur Existenzbedrohung reichen können.
Der neue Gesetzesentwurf der Insolvenzordnung verschafft den
Unternehmen an einzelnen Stellen etwas mehr Transparenz hinsichtlich
des möglichen Zugriffs des Insolvenzverwalters auf erhaltene
Zahlungen - es bleiben jedoch trotzdem noch finanzielle Gefahren
bestehen.
Reduzierung des Anfechtungszeitraums kaum Relevanz
Gemäß der noch gültigen Insolvenzordnung kann die Summe der
angefochtenen Beträge sämtliche Zahlungseingänge eines Abnehmers in
den vergangenen zehn Jahren umfassen. Mit der Novellierung würde der
Anfechtungszeitraum für die meisten Fälle auf vier Jahre verkürzt.
"Die Verkürzung dürfte in der Praxis kaum relevant werden, weil auch
jetzt schon Vorsatzanfechtungen von mehr als vier oder fünf Jahren
die Minderheit darstellen", kommentiert Frank Liebold. "Auch gibt es
weiter Interpretationsspielraum für die Gerichte. Zudem sind einige
Anfechtungstatbestände von der Gesetzesänderung nicht betroffen; es
bleibt dann bei einem Anfechtungszeitraum von bis zu zehn Jahren."
Ratenzahlungen nicht immer eindeutig
Bisher werden Ratenzahlungen häufig als Indiz für eine
Benachteiligungsabsicht des Schuldners gewertet. Gleichzeitig wird
vermutet, dass der Gläubiger Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des
Schuldners besaß. Die Beweislast, dass er nicht von der drohenden
finanziellen Schieflage seines Kunden wusste, trägt im
Anfechtungsfall der Gläubiger.
Zukünftig begründen Zahlungserleichterungen wie zum Beispiel
Ratenzahlungspläne für sich genommen noch keine Anfechtung. "Die
Entschärfung schafft aber keine Rechtssicherheit für den
Auftragnehmer", sagt Frank Liebold. "Ratenzahlungen treten häufig mit
begleitenden Krisenindikatoren auf, die zu werten sind. Grenzfälle
müssen durch die Gerichte geregelt werden."
Erleichterung durch eine verkürzte Verzinsung
Bislang werden die Anfechtungsforderungen des Insolvenzverwalters
ab Insolvenzeröffnung verzinst. Mit der neuen Regelung würde eine
Verzinsung erst ab Verzug der Anfechtungsrückzahlung.
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