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taz: taz-Kommentar zum Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank

ID: 1465840

(ots) - taz-Kommentar von Hermannus Pfeiffer zum
Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank

Draghi erfolgreich und überschätzt

Mario Draghi macht seinen Job. Und er macht ihn richtig. Das
einzige erklärte Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) und ihres
Präsidenten lautet: Die Inflationsrate auf mittlere Sicht "unter,
aber nahe 2 Prozent" zu halten. Nun stiegen die Preise im Februar auf
die magischen 2 Prozent. Das befeuert vor allem im reichen
Deutschland mal wieder die Diskussion über einen baldigen Ausstieg
der EZB aus ihrer ultra-expansiven Geldpolitik.

Doch rechnet man die extrem schwankungsanfälligen Preise für
Energie und Nahrungsmittel heraus, dann kommt in der gesamten
Eurozone eine Kerninflationsrate heraus. Und die zählt. Im Februar
verharrte sie bei niedrigen 0,9 Prozent. Es besteht also kein Grund
für einen Kurswechsel, wie ihn Bankenverbände und Sparer wünschen.
Der Leitzins bleibt auf Rekordtief.

In der Krise hatte Draghi die Notenpresse angeworfen. Die Bilanz
seiner Zentralbank schwoll in wenigen Jahren von 500 auf 3.000
Milliarden Euro an. Damit rettet er - ob nun gewollt oder nicht -
Griechenland vor dem Kollaps und bremst in Spanien die unvorstellbar
hohe Massenarbeitslosigkeit. Mit dem fallenden Euro-Kurs fördert
Draghi auch die deutsche Exportwirtschaft und er verschafft einem
seiner schärfsten Kritiker, Bundesfinanzminister Schäuble,
milliardenschwere Zinsgewinne für den Staatshaushalt. Unterm Strich
trägt Draghis Notenbank dazu bei, dass die Wirtschaft in fast allen
Euroländern wenigstens wieder langsam wächst. Aus dem Gröbsten raus
ist Europa aber nicht.

Zugleich wird Draghis Macht nicht allein von linken Ökonomen gern
überschätzt. Mehr als die schlimmsten Übel verhindern, kann keine
Zentralbank. Zumindest, wenn sie die Politiker im Stich lassen. Die




Verantwortung für Konjunktur und Jobs haben die elitären Sparapostel
in Berlin, Paris aber auch London dennoch schon vor langem bei ihren
Zentralbankern abgeladen. Damit beförderten sie den Boom aller
Rechtspopulisten.

Ebenfalls die Bosse zeigen Draghi die kalte Schulter. Nicht allein
in Griechenland und Italien, auch in Deutschland legen die Konzerne
einen Großteil ihrer Gewinne lieber auf den Finanzmärkten an, statt
sie in die reale Wirtschaft zu investieren. So wurde Deutschland 2016
wieder Weltmeister beim Kapitalexport. Trotz und wegen Draghi.



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Datum: 09.03.2017 - 16:24 Uhr
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