(ots) - Zugegeben, es ist in diesen Tagen ein kühner, fast
verwegener Gedanke: Welch eine Macht könnte diese EU entwickeln, wenn
sich die 28 Staaten mit ihren mehr als 500 Millionen Bürgern in den
wichtigen Fragen einig wären?
Dann wäre der größenwahnsinnige US-Präsident Donald Trump mit
seinen America-First-Fantasien rasch auf Normalmaß gestutzt. Dann
würde sich Recep Tayyip Erdogan, der polternde Despot vom Bosporus,
zweimal überlegen, ob er sich perverse Nazi-Vergleiche erlauben kann.
Und auch der machthungrige Wladimir Putin würde mit seinem Versuch,
einen Keil zwischen die Staaten Europas zu treiben, kläglich
scheitern.
Das Ideal eines selbstbewussten, auf Werten beruhenden Europa hat
den vom Krieg geprägten Generationen auf dem Kontinent Hoffnung
gemacht. Diese wunderbare Idee siecht nun seit Jahren dahin.
Nationalistische und allein auf den eigenen Vorteil bedachte
Regierungen wie die in Polen oder Ungarn zerstören Europa ebenso wie
die hasenfüßige Furcht derjenigen, die eigentlich für Europa sind,
das aber aus Angst vor den Populisten im eigenen Land lieber leise
als laut sagen.
Es ist indes unfair, mit den Fingern mal wieder allein auf die
Politiker zu zeigen. Auch aus der so oft idealisierten
Zivilgesellschaft kommt hier wenig. So gehen Hunderttausende auf die
Straße, wenn es gegen Chlorhühnchen und Freihandelsabkommen geht.
Wenn aber Rechtsradikale und Nationalisten gegen die fundamentalen
Ideale von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zu Felde ziehen,
dann schauen die gleichen Menschen wie unbeteiligte Beobachter
tatenlos zu. Da läuft in der Wahrnehmung etwas gehörig schief.
Die Idee von Europa droht zu sterben. Weil sie immer weniger
begeisterte Befürworter hat, aber immer mehr verachtende Gegner. Und
weil die allermeisten Bürger in dieser Frage so völlig gleichgültig
wirken.
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