(ots) - Die Freunde der Symbolpolitik sind in ihrem
Element. Im Streit mit der Türkei nehmen die Rufe nach Verbalnoten,
Auftrittsverboten und Kontaktabbrüchen zu. Starke Zeichen aus Europa
sollen die türkische Verfassungsreform zum Scheitern bringen und den
Journalisten Deniz Yücel aus seiner Einzelzelle befreien. Doch mit
Symbolen allein wird das nicht klappen. Wie auch?
Rhetorisch weiter aufrüsten? Schwer möglich. Schon jetzt gibt sich
die Bundesregierung kaum mehr Mühe, ihren Unmut über Ankaras Linie zu
verbergen. Anhängern der Regierungssprecher-Exegese mag die Berliner
Rhetorik zwar noch immer nicht weit genug gehen. Sie sollten sich
jedoch nicht einbilden, Merkel könnte Erdogan urplötzlich
beeindrucken, indem sie ihn ihrerseits zum Türken-Hitler erklärt.
Die Einreise türkischer Minister zu Wahlkampfzwecken auch
hierzulande verbieten? Dafür gibt es zwar gute Argumente. PR-Reisen
antidemokratischer Regierungen aus dem Ausland muss eine Demokratie
nicht aushalten. Rotterdam zeigt aber: Auch Einreisestopps bewegen
Erdogan nicht zum Kurswechsel.
Die Bundeswehr aus Incirlik abziehen? Würde sich trotz aller
Umstände lohnen - allein damit Erdogan Truppenbesuche durch
Bundestagsabgeordnete nicht länger unterbinden kann. Für ihn selbst
wäre aber überhaupt nichts verloren, wenn im Osten der Türkei sechs
Bundeswehr-Tornados weniger starten würden.
Wer Erdogan jetzt noch beeindrucken möchte, muss dorthin zielen,
wo es wehtut: aufs Geld. Nach russischen Sanktionen gegen türkische
Produkte dauerte es nur Monate, bis Erdogan seine feindliche Haltung
gegenüber Russland aufgab. EU-Sanktionen gegen die türkische
Wirtschaft wären zwar übertrieben. Würde Europa den Handel mit allen
Ländern einstellen, die Journalisten einsperren, könnte der Kontinent
die Exportwirtschaft abwickeln.
Ankara träfe es aber schon hart, wenn die Bundesregierung geplante
Finanzhilfen zur Abfederung der türkischen Wirtschaftskrise
verweigern würde, wie es Finanzminister Schäuble jetzt angedroht hat.
Solch ein Schritt würde Erdogan nicht nur gegenüber der eigenen
Bevölkerung in Erklärungsnöte bringen. Er ließe sich propagandistisch
auch viel schwerer ausschlachten als Bilder von europäischen
Polizeiaufgeboten, die türkische Regierungskonvois blockieren.
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