(ots) - Die Welt gerät aus den Fugen. Der Präsident der
Türkei bulldozert durch den Rechtsstaat, der US-Präsident twittert
die Demokratie ins Abseits und der Präsident Russlands kennt gar
keine Grenzen mehr. Schlimmer noch: Krieg wird wieder als Mittel
einer Fortsetzung der Politik gesehen - real wie im Kreml, gedanklich
wie im Weißen Haus und verbal wie in Ankaras Palais. Ego-Politiker
nehmen sich das Recht des Stärkeren. Völkerverständigung,
Menschenrechte und auch Frieden bleiben auf der Strecke. Instabiler
war das globale Politiksystem noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg.
Die bisherigen Eliten der westlichen Hemisphäre sind im Entsetzen
vereint. Eine gewichtige Ausnahme allerdings gibt es. Die Investoren
reagieren positiv. Die Aktienindizes notieren vielerorts nahe ihren
Rekordwerten. Vor allem die USA als Mutterland des Kapitals
marschieren vorneweg. Das große Geld feiert. Dafür gibt es gute
Gründe, sie reichen von fehlenden Anlagealternativen bis zur Hoffnung
auf staatliche Investitionsprogramme. Doch diese Motivlage ist schwer
durchschaubar. Daher ist das Signal der Aktienhausse für das breite
Volk simpel: Die Wirtschaft klatscht dem autoritären Populismus
Beifall.
Dieser Eindruck ist gefährlich auch für das westliche
Wirtschaftssystem. Denn er unterminiert dessen Legitimität. Jene
Konsumenten und Beschäftigten, die dem partnerschaftlichen
Miteinander verbunden sind und die Demokratie auch durch persönliches
Mittun fördern, wenden sich angewidert ab. Dabei ist die Soziale
Marktwirtschaft gerade auf das Engagement dieser Bürger angewiesen,
damit autoritäre Populisten unser Wirtschaftssystem nicht in ein
staatliches Machtmittel und damit in eine gelenkte Ökonomie à la
China umfunktionieren.
Aktienkurse können sich nicht erklären. Wirtschaftsführer können
dies aber sehr wohl. Im Privatissimum tun dies viele Vorstände
bereits in aller Deutlichkeit. Öffentlich aber ducken sie sich häufig
weg. Damit muss endlich Schluss sein. Es geht nicht darum, mit Schaum
vor dem Mund an die Mikrofone zu treten. Aber jeder kann für die
eigenen Wertvorstellungen auch coram publico einstehen. Die Devise im
Jahr 2017 lautet: Haltung zeigen! Je mehr Manager dies tun, um so
geringer ist das Risiko für jeden einzelnen.
Klare Worte dienen nicht nur dem Gemeinwohl, sondern sind auch im
Eigeninteresse der Unternehmen. Wer am Sonntag als ESG-Hohepriester
für Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung auftritt, aber am
Montag den Kopf in den Sand steckt, der wird unglaubwürdig - nicht
nur am Markt, sondern auch in der eigenen Belegschaft.
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
Original-Content von: B?rsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell