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Die stürmenden Holländer / Als einer von drei Spitzenkandidaten will Rico Brouwer mit der Piratenpartei ins niederländische Parlament einziehen. Die Chancen dafür stehen sehr gut

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(ots) - Rico Brouwer ist neben Ancilla van de
Leest einer der drei Spitzenkandidaten der Piratenpartei Niederlande.
Bei den Wahlen am 15. März 2017 hat er Chancen auf den Einzug ins
niederländische Parlament. Die Niederländischen Piraten [1] wurden
2010 gegründet. Momentan existieren etwa 14 aktive lokale
Gliederungen, davon sind Groningen, Delft und Amsterdam die größten.
Redakteur Sperling vom Magazin "Flaschenpost" der Piratenpartei
Deutschland [2] führte das Interview mit Rico Brouwer [3]. Auf der
Website der Flaschenpost [4] ist die englischsprachige
Originalversion des Interviews in voller länge zu finden.

Sperling: Wie geht es Ihnen und was machen Sie im richtigen Leben,
wenn Sie nicht Pirat sind?

Brouwer: Mein Name ist Rico Brouwer. Am liebsten stelle ich mich
als Musiker vor. Mein ganzes Leben habe ich in der
IT-/Kommunikations-Branche gearbeitet, die letzten vier Jahre als
VMware zertifizierter Dozent für Computervirtualisierung. Ich bin
verheiratet und habe zwei Kinder. Momentan arbeite ich Vollzeit für
den niederländischen Wahlkampf.

Sperling: Welche Aufgaben haben Sie bei den Niederländischen
Piraten, wann und wie sind Sie dazu gekommen?

Brouwer: Anfang 2014 trat ich bei den Niederländischen Piraten
ein. 2016 stellte ich mich als Kandidat für die Wahlen zur Verfügung
und bin auf Listenplatz 3 gewählt worden. Meine Aufgabe bestand
bisher darin, das großartige Team der Niederländischen Piraten und
unsere Spitzenkandidatin Ancilla zu unterstützen. Ich versuche dabei
zu helfen, die bestmögliche Kampagne durchzuführen. In Ermangelung
einer besseren Bezeichnung könnte man mich Wahlkampfmanager nennen.
Ich denke, ich bin in dem Job gelandet, weil ich einfach getan habe,
was ich konnte und so gut ich es konnte. Für die letzten Wochen
unserer Kampagne habe ich aber meinen Fokus von der Organisation im




Hintergrund dahin verlagert, selbst als Kandidat aktiv zu sein. Mein
Job ist momentan, überall im Rampenlicht zu stehen und zu erklären,
was es mit den Piraten auf sich hat.

Sperling: Wie sind die Niederländischen Piraten organisiert?

Brouwer: Ich denke, wie üblich. Größtenteils unabhängige lokale
Verbände tragen ihren Teil zur nationalen Piratenpartei bei. Da wir
unseren bisher wichtigsten Wahlkampf bestreiten, fokussieren sich
alle darauf, national und lokal.

Sperling: Wie viele Piraten sind an Bord und können Sie über die
Mitglieder erzählen?

Brouwer: Wir zählen ungefähr 1.300 Mitglieder und wachsen
zweistellig pro Tag. Aber wir erfassen keine Merkmale wie Alter oder
den sozialen Status. Eine großartige Entwicklung ist, dass immer
mehr junge Frauen zu uns stoßen. Wir sind immer noch überwiegend eine
jüngere männliche Gruppe. Ich selbst bin 46. Ein anderer schöner
Trend ist, dass auch viele Leute, die älter sind als ich, dazu
stoßen. Menschen die besorgt sind um die Zukunft ihrer Kinder und
Enkelkinder und die sehen, dass die Piratenpartei die besten
Antworten dafür hat.

Sperling: Welche Werkzeuge verwenden Sie für die interne
Organisation und die politische Arbeit?

Brouwer: Die üblichen Tools: Mailinglisten, Pads, Mumble und Wiki.
Ein paar weniger bekannte Tools, die wir nutzen, sind Trello,
Owncloud (z.B. für Kalender), Loomio und appear.in.

Sperling: Benutzen Sie ein Werkzeug für Onlineabstimmungen? Was
sind die Hauptargumente für oder gegen Onlineabstimmungen?

Brouwer: Hauptsächlich haben wir im Sommer 2016 Loomio verwendet,
um online zu diskutieren und für die Punkte unseres Wahlprogramms
Übereinstimmungen zu finden. Das hat seine Stärken, aber die
sichtbarsten Piraten haben mehr Einfluss gehabt, als die Experten im
jeweiligen Thema. Wir haben es trotzdem geschafft, die meisten guten
Sachen hinein zu kriegen. Was wir, würde ich sagen, nicht ganz so gut
hingekriegt haben, ist die Ausgewogenheit. Das hätte besser laufen
können. Das war uns eine Lektion. Es ist auf jeden Fall aber ein
gutes Ergebnis geworden, dank der Nutzung von Online-Zusammenarbeit
und Abstimmung. Wir haben unsere Spitzenkandidatin Ancilla van de
Leest im Juni 2016 gewählt und den Rest der Kandidatenliste im
Oktober. Für beide Veranstaltungen haben einige Piraten gefordert,
Onlineabstimmungen zu verwenden. Aber es wurde kein Werkzeug
gefunden, das alle Anforderungen erfüllte, so dass wir die
Personenwahlen während einer Veranstaltung durchgeführt haben. Das
Hauptargument für eine Onlineabstimmung war, dass nur etwa 15%
unserer Mitglieder persönlich anwesend sein würden. Wir würden gerne
mehr Leuten die Möglichkeit geben, abzustimmen und Onlineabstimmungen
dafür verwirklichen. Gegen Personenwahlen online war das wichtigste
Argument, dass das nicht ausreichend gesichert werden kann. Einige
behaupteten das Gegenteil, doch niemand hat bisher eine Lösung
entwickelt. Ich bin mir sehr sicher, dass die Diskussion wieder
angefacht wird, wenn die nächsten Wahlen kommen und letztlich werden
wir Personenwahlen dann doch wieder vor Ort durchführen. [5]

Sperling: Welche Kanäle, Social Media und Internet benutzen Sie,
um Nicht-Piraten zu erreichen, die Leute ausserhalb?

Brouwer: Alle Wege, die wir nutzen können und wollen. Natürlich
ist Twitter dabei. Einige Piraten lehnen es ab, auf Facebook zu sein.
Da die niederländischen Wähler aber da sind, ist auch die
Piratenpartei dort.

Sperling: Das politische System der Niederlande is in Deutschland
nicht gut bekannt. In vielen Ländern ist ein großer Unterschied
zwischen Gesetzen und der Realität. Wie ist das in den Niederlanden?
Gibt es eine Chance für kleine Parteien, in das System hinein zu
kommen?

Brouwer: Unser parlamentarisches System besteht aus zwei Kammern.
Der Senat (die erste Kammer) wird indirekt gewählt. Am 15. März
wählen wir die zweite Kammer, das Parlament. Als das niederländische
System entwickelt wurde, brauchte man etwa 30.000 Stimmen für einen
Sitz im Parlament. Durch das Bevölkerungswachstum sind es heute etwa
65.000 Stimmen für einen Sitz. Es gibt insgesamt 150 Sitze. Die
Niederlande ist in 20 Regionen gegliedert. Eine neue Partei, wie wir
es sind, braucht in jeder Region 30 Einwohner, die zum Rathaus
gehen, sich ausweisen und ein Formular unterschreiben. Wir haben die
notwendigen Unterschriften in 19 der 20 Regionen bekommen (bei den
Inseln Bonaire/Saba/St. Eustatius haben wir es nicht geschafft).
Ausserdem müssen wir eine Sicherheit von EUR11.250 hinterlegen, die
verloren ist, wenn wir am Wahltag nicht genügend Stimmen erhalten.
Wir haben alle Hürden genommen und sind auf Liste 20 von insgesamt
28. Aber die Chancen sind nicht gleich verteilt. Die meisten Medien
und Websites schließen die "kleinen neuen" Parteien bei Vergleichen
nicht mit ein. Entsprechend gehen die Vorschläge nur an die großen
Parteien.

Sperling: Wir haben gehört, dass Gesundheitssystem in Ihrem Land
sei von gesetzlichen und privaten Versicherungen auf ein System
umgestellt worden. Können Sie erklären, wie das funktioniert?

Brouwer: Vor ein paar Jahren haben unsere Regierungsparteien
entschieden, dass Gewinnorientierung in das
Gesundheitsversicherungssystem eingeführt werden soll, mit der
Begründung, dass die Konkurrenz für alle gut sei. Heute gibt es nur
vier große Versicherungsunternehmen, so dass man sagen könnte, es
gibt keinen echten Wettbewerb. Statt dessen wird viel Gewinn gemacht
mit dem Gesundheitswesen. Das hat sich zu einem wichtigen Thema für
die Wahlen entwickelt. Unser Landeshaushalt beträgt 264 Milliarden
Euro, davon gehen 75 Milliarden in das Gesundheitswesen. Das ist ein
wichtiges Thema. Gegen das aktuelle System, bei dem man seine
Versicherung aussuchen kann, gibt es viel Kritik. Die
Niederländischen Piraten und ein paar andere Parteien wollen einen
'nationaal zorg fonds', einen nationalen Fürsorgefond und keine
Versicherungsgesellschaften, die Gewinne machen. Eine zentrale
Gesundheitskasse für alle.

Sperling: Die Beziehung zwischen den Niederlanden und Deutschland
wird uns von den Medien als immer noch durch die Geschichte belastet
dargestellt. Ist das ein wirkliches Problem und wie denken die jungen
Leute darüber?

Brouwer: Nur während internationalen Fußballmeisterschaften und
auch nur, wenn man Fußball mag. Selbst dann ist es eher eine
Tradition, als ein Problem. Die meisten der jungen Generation sehen
das Verhältnis zu Deutschland ähnlich wie das zu Belgien: Ein
gesunder Wettbewerb zwischen zwei Nationen mit ein paar Späßen hier
und da.

Sperling: Wie lauten die wichtigsten Botschaften der
Niederländischen Piraten und wie teilen Sie diese den Wählern mit?

Brouwer: Ich denke, die Piraten in aller Welt teilen Positionen
in vielen Themen. Hier sind unsere wichtigsten Themen: Mehr
Transparenz, Forderung von Verantwortung derer, die an der Macht
sind, Privatsphäre und Selbstbestimmung (insbesondere im digitalen
Umfeld) für alle anderen. Die Trennung zwischen politisch links und
rechts hat hierzulande an Bedeutung verloren. Die echte Trennung ist
die zwischen denen, die eine Gesellschaft der Inklusion wollen und
denen die diskriminieren. Humanismus als eine unserer grundlegenden
philosophischen und ethischen Haltungen, wird täglich wichtiger.

Sperling: Was ist Ihr jüngster politischer Erfolg?

Brouwer: Für mich persönlich war der Versuch, die Rolle des
Kandidaten und der öffentlichen Person zu füllen, ein Sprung und so
ein Erfolg in sich. Als Partei werden wir als die unangefochtenen
Experten für Privatsphäre, Sicherheit und alles mit dem Internet
angesehen.

Sperling: Berichten die niederländischen Medien über Ihre Partei?
Haben sie über die Erfolge der deutschen und der isländischen Piraten
berichtet?

Brouwer: Ein wenig. Viele unserer lokalen Medien sehe ich als faul
an, nicht journalistisch neugierig, getrieben von Sensationen,
anstatt Faktensuche. Mehr tendenziös als objektiv.

Hinweis: An dieser Stelle finden Sie ein frei verwendbares Foto
von Rico Brouwer, Piratenpartij Nederland, CC-BY-SA 3.0:
http://ots.de/6aJyR

Quellen:

[1] Piratenpartij Nederland, http://www.piratenpartij.nl
[2] Piratenpartei Deutschland, http://www.piratenpartei.de
[3] Rico Brouwer, https://twitter.com/ricobrouwer?lang=de
[4] Die stürmenden Holländer,
https://www.piratenpartei.de/2017/03/10/die-stuermenden-hollaender/
[5] YouTube-Video: https://www.youtube.com/watch?v=_2RgGY3tSqE



Pressekontakt:
Pascal Hesse
Bundespressesprecher
Piratenpartei Deutschland

Pflugstraße 9a, 10115 Berlin
Telefon: +49 30 / 60 98 97 511
E-Mail: presse(at)piratenpartei.de
Web: www.piratenpartei.de/presse

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Datum: 15.03.2017 - 12:20 Uhr
Sprache: Deutsch
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Kategorie:

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